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Strengere WettbewerbskontrolleWeg frei für Apple-Verbote

Der Tech-Gigant ist eine Gefahr für den Wettbewerb. Seit Dienstag darf das Kartellamt dem Tech-Giganten nun mehr Vorschriften machen.

Apple ist Kult und eine Gefahr für den Wettbewerb Foto: Andrej Sokolow/dpa

Berlin taz | Das Bundeskartellamt darf strenger mit dem US-Techkonzern Apple umgehen als bisher. Dafür hat der Bundesgerichtshof der Behörde am Dienstag mit dem Beschluss Rückenwind gegeben, dass das Unternehmen „eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ habe. Das Kartellamt selbst hatte das im April 2023 so beschieden und hat jetzt die gerichtliche Bestätigung dafür. Es darf damit nun bestimmte Praktiken von Apple untersagen, die den fairen Wettbewerb auf dem Markt gefährden.

Schon seit Juni 2022 prüft das Bundeskartellamt beispielsweise die Tracking-Regelungen von Apple für Apps von Drittanbietern. Bei der Verwendung solcher Anwendungen müssen die Apple-Nut­ze­r:in­nen bisher explizit zustimmen, wenn Informationen über das Verhalten der Nut­ze­r:in­nen zu Werbezwecken gesammelt werden. Für die Apps von Apple selbst gilt das nicht. So hat das Unternehmen einen besseren Zugang zu Daten.

Weitere Praktiken, die in der Kritik stehen, sind unter anderem die ausschließliche Vorinstallierung konzerneigener Apps und der Zwang zur Nutzung des konzerneigenen Betriebssystems auf den Apple-Geräten. Der Verdacht ist also: Apple bevorzugt eigene Angebote und behindert andere Unternehmen.

Seit einer Reform des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen aus dem Jahr 2021 kann das Kartellamt leichter gegen große Digitalkonzerne vorgehen. Das entsprechende Verfahren hat zwei Stufen. Erst muss festgestellt werden, ob ein Unternehmen über mehrere Marktbereiche hinweg für den Wettbewerb bedeutsam ist. Dafür gibt es verschiedene Kriterien wie die dominante Stellung auf verschiedenen Märkten, die Finanzkraft, der Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten sowie der Einfluss auf die Geschäftstätigkeit anderer Unternehmen. Erst im zweiten Schritt können Praktiken untersagt werden, die den Wettbewerb gefährden.

Und was bedeutet das für meine Apple-Nutzung?

Apple gehört zu den umsatz- und gewinnstärksten Konzernen der Welt. Apple beschäftigt rund 150.000 Mit­ar­bei­te­r:in­nen und übernahm in den vergangenen zehn Jahren weit mehr als 50 Unternehmen. Der Konzern stellt unter anderem Geräte her, entwickelt Betriebssysteme sowie weitere Software und betreibt einen eigenen App-Store – ist also „in erheblichem Umfang auf mehrseitigen Märkten tätig“, wie es bei der Urteilsverkündung am Dienstag hieß.

Was ändert sich nun praktisch? Als Apple-Nut­ze­r:in werde man die Entscheidung des Gerichts nicht direkt bemerken, sagte Rechtsanwältin Kathrin Westermann, Kartellrechtsexpertin bei der Wirtschaftskanzlei Noerr, gegenüber der taz. Apple werde in dem laufenden Verfahren über die Tracking-Regelungen voraussichtlich versuchen, dem Kartellamt zu beweisen, dass Wettbewerber nicht behindert werden oder das Verhalten von Apple jedenfalls sachlich gerechtfertigt ist. Konkrete Beschlüsse der Behörde dürften sich also noch etwas hinziehen.

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7 Kommentare

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  • Das Ergebnis ist dann vermutlich, das man als Benutzer das Tracking bei allen Apps nicht mehr einschränken darf und die Geräte vorinstalliert mit lauter Drittanbieterschrott kommen, den man erstmal wieder loswerden muss.

  • Weitere Praktiken, die in der Kritik stehen, sind unter anderem die ausschließliche Vorinstallierung konzerneigener Apps und der Zwang zur Nutzung des konzerneigenen Betriebssystems auf den Apple-Geräten. Der Verdacht ist also: Apple bevorzugt eigene Angebote und behindert andere Unternehmen.

    Ich sehe darin aber den größten Vorteil in der abgestimmten Integration von Hard- und Software. Oder anders gesagt: es funktioniert einfach. Über vorinstallierte Apps mag man wegen mir streiten.

    • @Strolch:

      Das ist ja die vorherrschende Meinung bei Apple Kunden und Jüngern. Datenschutz ist egal, Hauptsache funktioniert. Da wundert man sich nur noch am Rande, dass man personalisierte Werbung zu abseitigen Themen bekommt, weil Siri dauernd läuft.

  • Es ist zu hoffen, dass das Kartellamt wirklich die neuen Befugnisse nutzt. Was wäre es für eine Fortschritt, wenn die Entscheidung für ein Apple Mobiltelefon nicht de facto den betriebssystembedingten Zwang nach sich ziehen würde, sich mit Haut und Haaren ins Apple-Biotop zu begeben, weil nur so volle Gerätekompatibilität gewärleistet ist. Markbeschränkung war schon immer ein Kernelement von Apples Markstrategie, und Apples Marketingstrategen wußten auch, dass man per "apple-only"- Bindung auch in Märkten kräftig mitverdienen konnte/kann, die man mit den eigenen Geräten nicht direkt bediente.



    Die EU hätte da freilich schon sehr lange tätig werden können. Das Apple-Monopol ist schließlich so alt wie das Unternehmen selbst.

  • "Weitere Praktiken, die in der Kritik stehen, sind unter anderem die ausschließliche Vorinstallierung konzerneigener Apps und der Zwang zur Nutzung des konzerneigenen Betriebssystems auf den Apple-Geräten."

    Das stimmt nun einmal gar nicht. Die Apple-eigenen Apps sind alles ausgewachsene Programme und keine solchen mit einem beschränkten Funktionsumfang, die zu Abonnements und kostenpflichtigen Angeboten animieren. Auf einem Mac oder einem iPhone findet sich ab Werk keine Crippleware.

    Ebenfalls gibt es keinen Zwang zur Nutzung des konzerneigenen Betriebssystems. Das ist schlichtweg Unsinn. Auf einem Mac kann man über eine virtuelle Maschine oder das hauseigene Bootcamp jedes Betriebssystem laufen lassen.

    In der Realität ist es eigentlich umgekehrt: Weil die konzerneigene Software so gut und sicher ist, rüsten Windows-Benutzer ihre Rechner auf macOS um. Es gibt dazu eine große Fachgruppe namens Hackintosh.

    Zu beanstanden ist, dass die teuren Apple-Geräte nach fünf Jahren nicht mehr mit Upgrades auf die nächste Betriebssystemversion versorgt werden. Ein guter Mac kostet schon mal 4000 Euro und mehr - das ist ein Unding. Allerdings lässt sich Apple austricksen: nennt sich OCLP.

  • „… der Zwang zur Nutzung des konzerneigenen Betriebssystems auf den Apple-Geräten…“

    Apple lässt, im Gegensatz zu anderen Hardware-Anbietern, die Installation von Windows und Linux Derivaten auf seinen PCs zu.



    Die Aussage sollte daher präzisiert werden, es geht wohl um Apple Smartphones und Tablets…

    Darüberhinaus ist es vielleicht nicht so schlau, gerade jetzt gegen den letzten liberalen Tech-Konzern vorzugehen.

    Aber unser Kartellamt weiß sicherlich am besten, wie man sich für Verbraucherinteressen einsetzt 😂

  • "Weitere Praktiken, die in der Kritik stehen, sind unter anderem die ausschließliche Vorinstallierung konzerneigener Apps und der Zwang zur Nutzung des konzerneigenen Betriebssystems auf den Apple-Geräten."

    Der einzige Grund ein anderes Betriebssystem zu installieren ist das 'britische Modell', wo die Regierung versucht eine Backdoor in die Verschlüsselung der Benutzerdaten zu installieren.

    iPhone Benutzern mangelt es nicht an Apps. Wer Lightroom statt Apple Photos nutzen will installiert halt Lightroom.

    Das einzige was die vorige EC Entscheidung, Drittanbieter App Stores zuzulassen bewirkt hat ist das es jetzt Porno Apps gibt, die ebenfalls Benutzerdaten absaugen - war anscheinend total wichtig für die EC dass man den bestehenden Datenschutz umgeht. Und dann auch noch den Monopolisten - und stärksten Ausbeuter von Musikern - Spotify stärkt.

    Wenn es um Datensicherheit und die Weitergabe der Daten - für Werbezwecke oder staatliche Überwachung - geht ist es immer sinnvoll zu sehen wo das Geld herkommt: Google (>Android) und Meta sind Werbefirmen, ihre einzige Einkommensquelle ist der Handel mit Benutzerdaten. iOS dagegen wird über den Verkauf von iPhones finanziert.