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Misstrauensvoten in FrankreichEtappensieg für Bayrou

Premier François Bayrou übersteht am Mittwoch zwei Vertrauensabstimmungen, die Opposition ist uneins. Der Staatshaushalt für 2025 gilt als angenommen.

Er kann aufatmen: François Bayrou am Mittwoch in der Nationalversammlung Foto: REUTERS/Gonzalo Fuentes

Paris taz | Frankreichs Premierminister François Bayrou konnte am Mittwochabend aufatmen. Er hat im Unterschied zu seinem Vorgänger Michel Barnier den Test einer Vertrauensabstimmung gleich zwei Mal nacheinander überstanden. Er hat so seinen Posten als Regierungschef und vor allem seinen umstrittenen Entwurf für den Staatshaushalt für das laufenden Jahr gerettet.

Dieser sieht zur Bekämpfung der wachsenden Schuldenlast eine drastische Senkung der Ausgaben (im Wert von 30 Milliarden Euro) sowie zusätzliche Steuererhöhungen (von rund 20 Milliarden Euro) vor. Bayrou hatte vor der Nationalversammlung gesagt, dass diese finanziellen Anstrengungen ausgewogen verteilt seien.

Eine noch längere Periode ohne die Stabilität eines Staatshaushalts wäre dem Land sehr teuer zu stehen gekommen. Der Premierminister räumte selber ein, es sei „kein perfektes Budget“, seine Verabschiedung aber sei absolut dringlich gewesen.

Nach einem ersten Votum über den Misstrauensantrag gegen den Staatshaushalt war später am Abend auch ein zweiter Frontalangriff auf die Regierung erfolglos, da wegen der Uneinigkeit der Oppositionsfraktionen die absolute Mehrheit von 289 Stimmen nicht erreicht wurde. Bayrou nahm das Ergebnis der beiden Abstimmungen ohne zu triumphieren zur Kenntnis. Das habe es jedoch erlaubt, einen „wirtschaftlichen und demokratischen Schiffbruch zu vermeiden.“

Verschnaufpause und Etappensieg

Das Ergebnis ist für den Regierungschef selber lediglich eine Verschnaufpause und ein Etappensieg. Denn er muss damit rechnen, dass ihm eine weitere von der Opposition geforderte Vertrauensabstimmung in den kommenden Tagen, Wochen oder Monaten zum Verhängnis werden könnte.

Da Bayrou bereits für eine weitere Vorlage zum „Holzhammer“ des Verfassungsartikels 49.3 greifen will oder muss, weil er keine Mehrheit hat, kündigte die linke Partei La France insoumise (LFI) von Jean-Luc Mélenchon einen dritten Misstrauensantrag an.

Der Ausgang der beiden Voten am Mittwoch war bereits klar gewesen, als zuerst die Abgeordneten der Parti Socialiste (PS) ankündigten, dass sie nicht für den Antrag der Linkspartei La France insoumise (LFI), der Grünen (EELV) und Kommunisten (PCF) stimmen würden.

Und erst recht, als nach einigem Zögern und offenbar wegen interner Meinungsverschiedenheiten auch die Rechtspopulisten des Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen und der mit ihr verbündeten Fraktion des Ultrakonservativen Eric Ciotti, sagten, dass sie nicht mit der linken Opposition gegen Bayrou stimmen würden.

Scharfe Kritik

Die Sozialisten hatten sich davon überzeugen lassen, dass ein sofortiger und erneuter Sturz einer Regierung nicht wünschenswert, sogar verantwortungslos wäre. Weil sie mit ihrer Stimmenthaltung aber Bayrou und seinen Staatshaushalt über die Runden gebracht haben, werden sie von ihren bisherigen Verbündeten der „Neuen Volksfront“ scharf kritisiert.

Mélenchon und andere Sprecher der LFI sprachen von „Verrat“ und erklärten, die PS habe sich so selber aus der linken Allianz ausgeschlossen: Wer die Regierung und ihre Haushaltspolitik unterstütze, sei nicht mehr in der Opposition, sondern ein Anhängsel der „Macronisten-Koalition“. Die Einheit der linken Parteien war bereits nach Spannungen wegen heftiger Kontroversen über den Nahostkonflikt brüchig, jetzt droht sie vollends auseinander zu brechen.

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