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Deutsch-syrische KlinikpartnerschaftNeuer deutscher Einfluss

Frederik Eikmanns
Kommentar von Frederik Eikmanns

Die deutsch-syrische Klinikpartnerschaft ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Zukunft Syriens wird weit über die Landesgrenzen wirken.

Blick auf das befreite Damaskus Foto: Khalil Ashawi/reuters

N ahost, Ukraine oder Südchinesisches Meer: Wenn es um die ganz großen Fragen geht, heißt es oft, dass Deutschland keinen großen Einfluss in der Weltpolitik habe. Mit dem Sturz Baschar al-Assads ist Syrien in die Aufmerksamkeit internationaler Diplomatie gerückt. Hier kann Deutschland tatsächlich eine wichtige und konstruktive Rolle spielen. So plant Entwicklungsministerin Svenja Schulze eine enge Zusammenarbeit zwischen deutschen und syrischen Kliniken. Davon könnte nicht nur Syrien, sondern die ganze Region profitiert.

Me­di­zi­ne­r*in­nen sollen nach Syrien reisen und ihre Kol­le­g*in­nen dort weiterbilden. 15 Millionen Euro sind dafür eingeplant. Das mag nicht viel sein, viel wichtiger ist aber, ein anderer Punkt. Fast 10.000 Ärzte mit syrischen Wurzeln gibt es in Deutschland. Aus ihren Kreisen ging die Initiative für die Klinik-Kooperation aus. Sie sprechen Arabisch, kennen die syrische Gesellschaft, und sie sind hoch motiviert.

Genauso sieht es in vielen anderen Bereichen aus. Über eine Million Menschen mit syrischem Hintergrund leben in Deutschland, viel mehr als in jedem anderen europäischen Staat. Viele von ihnen haben noch Familienmitglieder in ihrem Herkunftsland und Freund*innen. Sie tragen Erinnerungen, Gefühle und Wissen über das Land mit sich, aus dem sie einst flüchten mussten. Es ist eine Brücke nach Syrien. Darin steckt eine große Kraft.

Die nächste Bundesregierung muss diese Kraft nutzen und Projekte wie die Klinik-Kooperation verstärken. Den Millionen Sy­re­r*in­nen in ihrem zerstörten und verelendeten Land muss geholfen werden. Dafür braucht es Geld, Experten*innen, Gerät und Know-how. Und es braucht konsequenten Druck auf die Interimsregierung, um den Aufbau demokratischer und stabiler Strukturen zu unterstützen.

An der Zukunft Syriens hängt für den ganzen Nahen Osten viel ab. Ein noch weiter zerfallendes Land könnte erneut zum Epizentrum des globalen Dschihadismus werden, in dem sich die Handlanger Teherans breitmachen und Israel bedrohen. Wenn Deutschland sich zurückhält, füllen andere die Lücke.

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Frederik Eikmanns
Fachredakteur Inland
schreibt über alles, was im weitesten Sinn mit Migration zu tun hat.
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