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Roland Kaiser ist fürs GendernSchlagersänger ist gegen die AfD

Roland Kaiser erlaubt sich eines: Er positioniert sich. Er bleibt weitherin stabil gegen Rechts und erkennt an: „Es gibt eben nicht nur Mann und Frau.“

Roland Kaiser bei einer Spendengala Foto: Carsten Koall/dpa

Berlin taz | Roland Kaiser kann sich was erlauben. Mit bald 75 Jahren blickt er auf ein fast monströs erfolgreiches Berufsleben: ein Schlager- und Popsänger, ein Mann, ähnlich sakrosankt wie in Frankreich einst Gilbert Bécaud. Mit frischem Gemüt singt er weiterhin in den allergrößten Arenen. Am Dresdner Elbufer feiert er jedes Jahr eine mehrtägige Party, die man beinahe als Anti-AfD-Event begreifen kann. Denn der bekennende Sozialdemokrat seit Urzeiten verkörpert das Gegenteil aller linken Klischees über miefigen Schlager: „Sieben Fässer Wein“, „Santa Maria“, „Schachmatt“ oder „Warum hast du nicht nein gesagt“ (mit Maite Kelly) sind eben nur ein karger Ausschnitt seines Werkes. Dazu kommen auch „Achtung und Respekt“ – einmal als Songtitel, einmal als Lebenseinstellung.

In einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung äußerte Roland Kaiser sich so nun zum Gendern: „Es gibt eben nicht nur Mann und Frau. Punkt. Menschen sind offensichtlich vielschichtiger und haben entsprechend vielschichtige Gefühle und Bedürfnisse – und die müssen wir zulassen. Auch sprachlich.“ Er selbst spreche mit Glottisschlag, aber er respektiere, wenn es andere anders tun: „Ich war immer überzeugt, dass die Freiheit eines Menschen erst dort endet, wo die Freiheit eines anderen beginnt. Warum sollte es mich eigentlich stören, wenn sich jemand als dieses oder jenes identifiziert? Ist mir doch egal. Jeder Jeck ist anders. Ende des Berichts“, so Kaiser. Soll wohl heißen: Basta.

Diese Coolness sollte nicht erstaunen – denn vom gebürtigen (West-)Berliner muss man genau so viel Verständnis für den Wandel erwarten. Nicht eifernd oder belehrend, frei von Bitterkeit oder Verzweiflung darüber, dass die Zeiten sich ändern, ähnelt er mit seinen Aussagen jener deutschen Mitte, die der Soziologe Steffen Mau in Deutschland weiterhin als stilprägend erkennt.

Aber ist Gendern bei jener deutschen Mitte überhaupt noch ein Thema? Ja. Auch wenn das unter tosenderen Differenzen unterzugehen droht. Donald Trump erließ zuletzt ein aufgeladenes Dekret, das zwei, nicht beliebig viele Geschlechter gesetzlich festlegt.

Wenigstens ist die Atmosphäre nicht so giftig

Im „Kanzler-Duell“ von ARD/ZDF am Sonntagabend äußerte Friedrich Merz auf die Frage, wie er das Dekret empfinde: Das sei „eine Entscheidung, die ich verstehen kann“. SPD-Mann Olaf Scholz erwiderte: „Ich halte das für unangemessen. Jeder Mensch soll so glücklich sein, wie er glücklich sein möchte.“ Und: Er erinnere sich an eine Frau, die sich als „Maurer“ bezeichnete, das fand er selbst auch gut, ja, sympathisch.

Wenigstens ist die Atmosphäre in Deutschland nicht so giftig angejazzt wie in den USA – und Sänger Roland Kaiser setzt gewohnt souverän den richtigen Ton, indem er eben sagt, jeder oder jede möge das so halten, wie er oder sie(*) es will. Seine Fans werden die Aussagen des „Kaisers“ nehmen, wie sie sind: Ist nur eine Facette im Leben, muss man nicht so hoch hängen, davon geht die Welt nicht unter.

Es ist für MusikerInnen im Marktsegment des German Pop (also: Schlager) nicht so einfach, sich politisch zu positionieren: Sie wollen nicht anecken bei ihren vermutet eher konservativ bis reaktionären Fans. Wahrscheinlich ist das eine Fehlannahme. Jedenfalls hatte sich Roland Kaiser in der jüngeren Vergangenheit mehrfach gegen rechte Demos und die AfD positioniert, besonders in Dresden. Er ist ausdrücklich gegen Hassparolen und völkisches Gewölk: „Ich hatte das Gefühl, dass man das Bild, das eine laute Minderheit geprägt hat, korrigieren muss. Zugunsten der schweigenden Mehrheit.“

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3 Kommentare

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  • Manchmal möchte ich schon mit dir gendern.

  • Ich finde gendern richtig und bin der Ansicht, es sollte, wie bei der letzten Rechtschreibreform, mit anderen deutschsprachigen Ländern abgestimmt und dann in den Duden aufgenommen werden, der für mich, auch wenn das spießig ist, immer noch gilt. In meinen Kommentaren und auch in der mündlichen Rede bemühe ich mich meistens darum halbwegs korrekt zu gendern, aber die Schwierigkeit für mich ist, dass ich nicht weiß, was duden-korrekt ist. Binnen-I, Sternchen, Doppelpunkt, Unterstrich ... ich verwende oft den Doppelpunkt.

    Ich bin sogar dafür, da wir ja nicht wissen, wieviele Geschlechter zukünftig noch entdeckt werden, dass wir uns diesbezüglich gleich mit absichern und durchaus von anderen Sprachen lernen können. Meiner Meinung nach ist das ein Thema für Linguisten und ob sie sich an gesprochenen Sprachen, "toten" Sprachen oder an klingonisch, elbisch oder vulkanisch orientieren, steht für mich nicht im Vordergrund. Hauptsache, relativ regelbewusst wie ich bin, es ist im Duden nachschlagbar.



    Gerade denke ich, tote Sprachen oder Phantasie-Sprachen würden sich für Anleihen einer Reform eignen, da niemand Einwände haben kann, weshalb es aus diesem oder jenem Grund nicht geht.

  • Roland Kaiser SPD? Warum ist er nicht Kanzlerkandidat? Die SPD hätte zwischen Klingbeil und Kaiser entscheiden sollen, und bei Umfragen wäre sie über 20 %