+++Nachrichten im Ukraine-Krieg+++: Drohnenangriffe auf Russland, drei Tote in Kyjiw
Russland und die Ukraine versuchen derzeit, ihre Positionen für Verhandlungen zu stärken. Trump will mit Putin über ein Kriegsende sprechen.
Mindestens drei Tote bei russischem Angriff auf die Region Kyjiw
Bei einem russischen Angriff nahe der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw sind offiziellen Angaben zufolge drei Menschen getötet worden. Von den Behörden veröffentlichte Aufnahmen zeigten schwarze Rauchwolken über einem von den Angriffen beschädigten Wohngebäude. Den Rettungsdiensten zufolge hatten Trümmerteile einer Drohne ein zehnstöckiges Wohngebäude getroffen.
Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump versuchen Kyjiw und Moskau ihre Position für mögliche Verhandlungen im Ukraine-Krieg zu stärken. Trump hatte angekündigt, den Konflikt unmittelbar nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus beenden zu wollen. In der Ukraine war zunächst befürchtet worden, dass das Land unter Zurückhaltung von Hilfen zu Zugeständnissen an Russland gezwungen werden könnte.
In dieser Woche hatte Trump allerdings auch den Druck auf den Kreml erhöht und mit verschärften Sanktionen und Zöllen gedroht, sollte es nicht bald zu einem Ende des nun fast drei Jahre andauernden Krieges kommen. (afp)
Moskauer Ministerium meldet massive ukrainische Drohnenangriffe
Die russische Flugabwehr hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in der Nacht zum Freitag massive ukrainische Drohnenangriffe abgewehrt. Dabei seien 121 Drohnen abgefangen und zerstört worden, die 13 Regionen ins Visier genommen hätten, darunter auch Moskau, teilte das Ministerium weiter mit. Über Opfer oder Schäden wurden zunächst keine Angaben gemacht. Von ukrainischer Seite wurden die Angriffe teilweise bestätigt.
Sechs Drohnen seien über dem Gebiet Moskau und eine über der Hauptstadt selbst zerstört worden, teilte das Ministerium mit. Weitere Drohnen hätten andere Regionen angegriffen, darunter auch grenznahe Gebiete zur Ukraine sowie Kursk, wo ukrainische Truppen nach wie vor Gebiete halten. Auch die Region Rjasan südöstlich von Moskau sei von 20 Drohnen ins Visier genommen worden. In Kanälen des Nachrichtendienstes Telegram wurden nicht verifizierte Videos gepostet, die Blogger als große Brände in der Stadt beschrieben. Ein Öllager und ein Kraftwerk seien getroffen worden. Reuters konnte die Berichte unabhängig nicht überprüfen.
Der Gouverneur der Region Rjasan, Pawel Malkow, erklärte auf Telegram, Rettungskräfte seien mit den Folgen eines Luftangriffs beschäftigt. Die Einsatzkräfte hätten ein Feuer gelöscht, nachdem Trümmerteile einer Drohne ein Haus beschädigt hätten. Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin teilte am frühen Freitagmorgen mit, die Luftabwehr habe Angriffe ukrainischer Drohnen an vier Orten rund um die Hauptstadt abgewehrt.
Russische Nachrichtenagenturen zitierten die Luftfahrtbehörde Rosawiazija mit den Worten, die beiden Moskauer Flughäfen Wnukowo und Domodedowo wickelten nach einer vorübergehenden Unterbrechung wieder Flüge ab. Sechs Flüge seien zu anderen Flughäfen umgeleitet worden.
In der Stadt Kursk sagte Bürgermeister Igor Kuzak, der nächtliche Angriff habe Stromleitungen beschädigt und die Stromversorgung eines Stadtteils unterbrochen. Dem Verteidigungsministerium zufolge wurden auch über den Grenzregionen Brjansk und Belgorod sowie über der von Russland annektierten Halbinsel Krim Drohnen zerstört. Auch die Regionen Saratow, Rostow, Woronesch, Tula, Orjol und Lipezk seien angegriffen worden. (rtr)
Trump gibt Selenskyj Mitschuld am Ukraine-Krieg
Der neue US-Präsident Donald Trump gibt dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eine Mitschuld an der Eskalation des russischen Angriffskrieges. „Er hätte auch nicht zulassen dürfen, dass dies geschieht. Er ist kein Engel. Er hätte diesen Krieg nicht zulassen dürfen“, sagte Trump dem Sender Fox News. Allerdings hatte Kremlchef Wladimir Putin im Februar 2022 den Angriffskrieg auf die benachbarte Ukraine befohlen.
Russland begründete den Einmarsch seiner Truppen in die Ukraine immer wieder mit einer „Entnazifizierung“ des Nachbarlands. Russische Streitkräfte hatten bereits seit 2014 Teile der Ukraine besetzt und nahmen auch die ukrainische Halbinsel Krim ein.
Trump sagte in dem Interview zwar nicht ausdrücklich, dass Selenskyj hätte kapitulieren sollen. Er formulierte es aber wie einen Vorwurf an den Präsidenten, dass dieser sich auf den Kampf gegen einen deutlich überlegenen Gegner eingelassen habe. „Er hätte das nicht tun sollen.“
Die Alternative? Man hätte einen „Deal“ machen können, sagte Trump und fügte hinzu: „Ich hätte so einfach einen Deal machen können. Und Selenskyj hat entschieden, dass … „Ich will kämpfen“.“ Die Ukraine verteidigt sich seit knapp drei Jahren mit westlicher Hilfe gegen die Angriffe.
Trump hatte im Wahlkampf gesagt, er könne den russischen Angriffskrieg in 24 Stunden beenden – blieb aber Details schuldig, wie er das erreichen wollte. Er wiederholte, der Krieg müsse enden, und drohte Russland erneut mit Sanktionen und Zöllen. Selenskyj sei bereit für ein Abkommen. „Er hat genug.“ (dpa)
Selenskyj begrüßt Trump-Vorstoß
Derweil begrüßte Selenskyj einen Vorschlag Trumps, den russischen Angriffskrieg durch eine drastische Senkung des Ölpreises zu beenden. Besonders Öl bleibe einer der Schlüsselfaktoren, um Frieden und echte Sicherheit zu erreichen, sagte Selenskyj in seiner in Kiew verbreiteten abendlichen Videobotschaft. Wichtig sei, den Druck auf Russland aufrechtzuerhalten, weil das Land versuche, die Aggression und die Besatzung fortzusetzen.
Trump hatte zuvor erklärt, er wolle den Krieg in der Ukraine durch einen niedrigen Ölpreis beenden und mit der Opec und Saudi-Arabien über eine Senkung der Kosten reden. „Wenn der Preis sinken würde, dann würde der russisch-ukrainische Krieg sofort aufhören“, sagte Trump in seiner per Videoschalte gehaltenen Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos. „Im Moment ist der Preis hoch genug, damit der Krieg weitergeht“, sagte Trump. „Ich werde Saudi-Arabien und die Opec bitten, die Kosten für Öl zu senken.“ Der Preis müsse fallen.
Die Energiegroßmacht Russland finanziert ihren Angriffskrieg etwa mit dem Verkauf von Öl an Indien und China. Alle bisherigen Versuche des Westens – von einem Embargo für russisches Öl in den USA über einen Preisdeckel in der EU bis hin zu Sanktionen gegen Tanker – brachten nicht den von der Ukraine erhofften Erfolg, eine der wichtigsten Finanzierungsquellen für Moskaus Krieg auszutrocknen.
„Man muss den Preis senken, so kann man den Krieg beenden“, sagte Trump. Er selbst hatte zuvor auch erklärt, die Ölproduktion in den USA deutlich hochzufahren. Ein höheres Angebot auf dem Weltmarkt würde die Preise fallen lassen. (dpa)
Trump will mit Putin über Ende des Kriegs sprechen
Trump erklärte mehrfach, auch bald mit Putin über eine Beendigung des Kriegs sprechen zu wollen. Bisher hat er keinen Plan präsentiert, wie er zu einem Frieden in dem komplexen Konflikt kommen will. Putin selbst hatte sich bereit erklärt zu einem Dialog und auch von möglichen Kompromissen gesprochen. Laut Kreml ist bisher weder ein Telefonat noch ein Treffen Putins mit Trump in Vorbereitung.
„Wir unterstützen US-Präsident Donald Trump in seinem Wunsch, den Ölpreis zu reduzieren. Als Folge dessen wird Russlands Fähigkeit, den Krieg zu finanzieren, zusammenbrechen“, teilte der Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung, Andrij Jermak, in seinem Kanal bei Telegram mit. Ziel müsse es sein, den Preis für ein Barrel Öl auf 30 US-Dollar zu drücken. Ein harter Preisfall sei auch der Weg zu einer „globalen Sicherheit“, sagte Jermak. Aktuell kostet ein Barrel der US-Sorte WTI mehr als 74 Dollar, Opec-Öl mehr als 80 Dollar je Barrel. (dpa)
Orban will wieder russische Gaslieferungen durch die Ukraine
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat sich für die Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen durch die Ukraine ausgesprochen. Ungarn bitte die Europäische Union, die Ukraine davon zu überzeugen, den Gastransit wieder aufzunehmen, sagte Orban im staatlichen Radio. Seit Anfang Januar fließt kein russisches Gas mehr durch die Druschba-Pipeline, die durch die Ukraine führt.
Am Montag steht ein Treffen der EU-Außenminister an, auf dem sie über die Verlängerung der Sanktionen gegen Russland entscheiden werden. Ungarn hat noch nicht entschieden, ob es die Verlängerung unterstützen wird. Die EU erneuert ihre Sanktionen alle sechs Monate und benötigt dafür ein einstimmiges Votum der 27 Mitgliedsländer.
„Ich habe auf die Bremse getreten und die EU-Staats- und Regierungschefs gebeten, zu verstehen, dass es so nicht weitergehen kann“, sagte er. Die Sanktionen hätten Ungarn einen wirtschaftlichen Schaden von 19 Milliarden Euro zugefügt. Wie diese Zahl zustande kam, sagte er nicht. (rtr)
Lukaschenko sucht Wege aus der Isolation
Am Sonntag stehen in Belarus Präsidentschaftswahlen an. Angesichts der Unterdrückung jeglicher Opposition gilt eine Wiederwahl des autoritär regierenden Amtsinhabers Alexander Lukaschenko Experten zufolge als sicher, aussichtsreiche Gegenkandidaten gibt es keine. Der 70-Jährige, der seit mehr als 30 Jahren an der Macht ist, steht damit vor seiner siebten Amtszeit. Die ins Exil geflohene Opposition bezeichnete die Wahl als Farce und rief die Menschen in Belarus dazu auf, beim Urnengang alle Kandidaten abzulehnen. Westlichen Beobachtern zufolge sind Wahlen in der früheren Sowjet-Republik weder frei noch fair.
Doch auch wenn der Ausgang absehbar ist, steht Lukaschenko vor großen Herausforderungen in seinem Balanceakt zwischen Ost und West. Als enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin erlaubte er ihm, sein Land als Aufmarschgebiet für die Invasion der Ukraine zu nutzen. Dafür verhängte der Westen Sanktionen. Sollten mögliche Friedensverhandlungen den Krieg in der Ukraine beenden – wie es US-Präsident Donald Trump angekündigt hatte – dürfte Lukaschenko nach Ansicht von Experten versuchen, das Verhältnis zu Europa und den USA zu entspannen und eine Lockerung der Sanktionen zu erreichen. Das würde zu seiner jahrzehntelangen Taktik passen, sich hin und wieder dem Westen anzunähern, um zu verhindern, dass Belarus völlig von Russland abhängig und eines Tages in das Reich des größeren Nachbarn eingegliedert wird.
Als erstes zaghaftes Anzeichen dafür hat Lukaschenko seit Juli 250 politische Häftlinge begnadigt, die wegen angeblicher extremistischer Aktivitäten im Gefängnis saßen. Auch erlaubte er den beiden bekanntesten inhaftierten Oppositionellen, Maria Kolesnikowa und Viktor Babariko, erstmals seit fast zwei Jahren wieder begrenzten Kontakt zur Außenwelt. Im Exil lebende Regierungsgegner begrüßten die Freilassungen, betonten aber auch, dass dies keinen Kurswechsel signalisiere. Die Menschenrechtsgruppe Wjasna spricht von immer noch 1250 politischen Gefangenen in Belarus.
Im Zuge der vorherigen Präsidentenwahl 2020 wurden zahlreiche Menschen inhaftiert. Die pro-europäische Opposition und europäische Beobachter sprachen von Wahlfälschung. Daraufhin folgten monatelange Massenproteste, die mit massivem Einsatz von Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen wurden. Führende Oppositionelle wurden entweder inhaftiert oder flohen ins Ausland.
Die im Ausland lebende Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sagte in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters diese Woche, die Freilassung politischer Gefangener in einzelnen Gruppen sei Teil eines Spiels, das Lukaschenko mit dem Westen spiele. „Wir müssen die Repressionen beenden, wir müssen alle Gefangenen freibekommen“, forderte sie. „Vielleicht reden wir dann mit ihm.“ (rtr)
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