EU-Sondergipfel: Europa muss an zwei Fronten kämpfen
Beim Sondergipfel in Brüssel drängen die Strafzölle von Donald Trump auf die Agenda. Europa will sich gegen die USA und Russland wehren.
Doch es drängte überraschend ein anderes Thema nach vorn: die Strafzölle, mit denen US-Präsident Donald Trump nun auch Europa droht und die Frage, wie darauf zu reagieren sei. Statt gegen Russland muss sich die EU wohl zuerst gegen die USA verteidigen – zumindest wirtschaftspolitisch.
„Mit der EU wird es definitiv passieren“, sagte Trump am Sonntag. Die europäische Politik sei „fürchterlich“, das US-Handelsbilanzdefizit liege über 300 Milliarden Dollar. Zölle seien nur noch eine Frage der Zeit, so Trump. Deutlicher hätte die Warnung aus Washington kaum ausfallen können.
Doch die EU-Chefs wiegeln ab. Europa sei ein „starker Wirtschaftsraum“, der weiter auf „Kooperation“ setze, sagte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz in Brüssel. Sollte es zu US-Strafzöllen kommen, so werde die EU reagieren, betonte Scholz. „Das müssen und werden wir dann auch tun“.
Auch Frankreich erwägt Gegenmaßnahmen
Auch der französische Staatschef Emmanuel Macron schloss Gegenmaßnahmen nicht aus: Wenn die EU „bei Handelsthemen angegriffen würde, müsste sich Europa als selbstbewusste Macht Respekt verschaffen und reagieren“, unterstrich er. Wie diese Reaktion aussehen könnte, blieb aber offen.
Während seiner ersten Amtszeit hatte Trump bereits Zölle eingeführt. Zur Vergeltung verhängte die EU Zölle auf US-Jeans, Motorräder und Whiskey. Das waren jedoch eher symbolische Maßnahmen. Um Trump abzuschrecken, müsste Europa diesmal schwereres Geschütz auffahren – und endlich Klartext reden.
Dazu waren die Staats- und Regierungschefs jedoch nicht bereit. Im Gegenteil: Die Außenbeauftragte Kaja Kallas rief zu Zurückhaltung auf. „Wir brauchen Amerika, und Amerika braucht uns auch.“ Sie betonte, es gebe „keine Gewinner in Handelskriegen“.
Polen will „dumme Handelskriege“ vermeiden
Polens Regierungschef Donald Tusk forderte, alles zu tun, „um diese völlig überflüssigen und dummen Handelskriege zu vermeiden“.
Tusk, Kallas und viele andere EU-Chefs sehen die Gefahr vor allem im Osten – in Russland. Mit Trump und den USA wollen sie sich nicht anlegen. Der Sondergipfel ging denn auch schnell zur Tagesordnung über und sprach, wie von Gastgeber Costa geplant, über Rüstung und Verteidigung.
Trump und europäische Verteidigungskosten
Auch bei diesem sensiblen Thema zeichneten sich keine schnellen Ergebnisse ab. Dabei steht die EU unter enormem Druck. Trump verlangt, dass die Nato-Staaten fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung stecken. Rutte unterstützt diese Forderung. Die bisher angepeilten zwei Prozent reichten nicht aus, erklärte er der Bild-Zeitung. „Es wird viel, viel, viel mehr als zwei Prozent.“
Das Problem: Viele EU-Länder, darunter Schwergewichte wie Spanien und Italien, erreichen bisher nicht einmal dieses Ziel. Deutschland schafft zwei Prozent auch nur knapp – mithilfe eines Sondervermögens, also Schulden.
Die EU erwägt nun zwar, nachzuhelfen und einen eigenen Verteidigungsfonds aufzulegen. Doch wie dieser finanziert werden soll, ist unklar, sogar die Zuständigkeit ist umstritten. Für Verteidigung sind laut EU-Vertrag allein die Staaten zuständig. Brüssel kann allenfalls mit Rüstung nachhelfen.
Wie das aussehen könnte, haben die EU-Chefs am Montag bis in den späten Abend hinter verschlossenen Türen diskutiert. Beschlüsse waren nicht vorgesehen. Im besten Falle würde der Sondergipfel mit Empfehlungen für ein Verteidigungs-Weißbuch enden, hieß es in Brüssel.
Damit wird aber erst im März gerechnet. Dann will die EU-Kommission ihren Plan vorlegen. Bis zur Umsetzung dürften einige Jahre vergehen. Während Trump immer lauter droht, spielt die EU auf Zeit.
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