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Nahost-Pläne von Vance und TrumpDie Hölle existiert bereits

Felix Wellisch
Kommentar von Felix Wellisch

Der kommende Präsident Trump droht mit der „Hölle auf Erden“, sein Vize Vance will Hamas-Unterstützer sanktionieren. Ahnungslosigkeit oder steckt Kalkül dahinter?

Hoffen auf Donald Trump: Eine Frau protestiert in Tel Aviv für die Freilassung der Hamas-Geiseln Foto: Kai Pfaffenbach/reuters

H ilfsorganisationen, die Vereinten Nationen und Palästinenser im Gazastreifen haben die Lage dort in den vergangenen Monaten als „Hölle auf Erden“ beschrieben: ohne sicheren Ort für die fast zwei Millionen mehrfach Vertriebenen; mit Luftangriffen auf Schulen, Krankenhäuser, Moscheen; mit einem weitgehend zerstörten Gesundheitssystem und kaum Hilfslieferungen.

Angesichts dessen fragt man sich bei den Drohungen des künftigen US-Präsidenten Donald Trump, ohne die Freilassung der gefangenen Geiseln werde die „Hölle losbrechen“: Wovon redet er? Nun konkretisierte sein Stellvertreter J. D. Vance, man wolle bei einem Scheitern der Verhandlungen „die Israelis in die Lage versetzen, die letzten Bataillone der Hamas und ihre Führungsriege auszuschalten“.

Das wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet. Die israelische Armeeführung hat die Hamas bereits im Oktober als „militärisch besiegt“ bezeichnet, ihre Führungsriege ist größtenteils tot. Und die aktuelle US-Regierung ist als Korrektiv der israelischen Kriegsführung bereits praktisch bedeutungslos geworden – spätestens nach einem weitgehend ohne Konsequenzen verstrichenen Ultimatum zur Verbesserung der humanitären Lage im November.

Am konkretesten fällt Vance’ Androhung „sehr aggressiver Sanktionen“ für Terror-Unterstützer aus. Doch auch hier bleibt unklar, wen er meint: den Iran und seine stark geschwächte „Achse des Widerstands“? Oder Katar und die Türkei als Gastländer für die verbliebene Hamas-Exilführung?

Jeder Deal ein Trump-Erfolg

Die Unsicherheit hat System: Die Hamas gerät weiter unter Druck und die noch gar nicht angetretene US-Regierung kann sich im Falle einer Einigung den Erfolg auf die Fahnen schreiben: Wenn es in den nächsten Tagen zu einem Deal käme, sagte Vance, dann, „weil die Leute schreckliche Angst davor haben, dass es (andernfalls) Folgen für die Hamas haben wird“.

Das Risiko: Sollte die Hamas ein Abkommen scheitern lassen und die markigen Ankündigungen als leere Drohungen enttarnen, dürfte das künftige Verhandlungen erschweren.

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Felix Wellisch
Korrespondent
berichtet für die taz aus Israel und den palästinensischen Gebieten. Geboren 1989. Er hat Politik- und Sozialwissenschaften in Jena, Dresden und Kairo studiert und die Deutsche Journalistenschule in München absolviert. Ernst Cramer & Teddy Kollek-Fellow.
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13 Kommentare

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  • Gerade ein Hegemon wie die USA kann ohne Akzeptanz nicht diese Rolle ausüben. Kluge Leute beschränkten sich also durch Recht und Prinzipien. Dumme Leute schmeißen das alles über den Haufen.

    Im Nahen Osten wurden einige "westliche" Prinzipien geopfert (Folterverbot, keine Besatzung, keine Vertreibung, möglichst Zivilisten raushalten), das schmerzt und wird schmerzen. Einen Teil kann man da der Art der Hamas, einen großen muss man leider der hemmungslosen Likud-Politik von Sharon, Shamir, Netanyahu zuweisen.



    Deutschland sollte wenigstens zeitnah Palästina (Fatah) endlich anerkennen. Und keine Waffen für Vertreibungen und Besatzungen liefern.



    Internationales Recht ist die Staatsräson, um Hrn. Dressler selig ausnahmsweise mal zu widersprechen.

  • Die Araber in Michigan haben Trump gewählt, weil ihnen Biden nicht palästinenserfreundlich genug war. Ich hoffe, sie sind jetzt glücklich.

    • @Claude Nuage:

      Die Deutschen haben Hitler gewählt. Und jeder auf der Welt hat gesehen, wie glücklich sie waren.

    • @Claude Nuage:

      Mich juckt Ihre Islamfeindlichkeit. Allein der Gedanke, dass der Claude Nuage Angst vor dem Kopftuch-Islam hat, ist so amüsant!



      Ich weiß, dass dieser Hass Sie krank machen wird. Und das macht mich glücklich!

    • @Claude Nuage:

      Die paar "Kopftuch-Islamisten". Aber nein, der Claude ist ja viel weiter als wir alle: wenn die den Präsidenten der USA bestimmen, ja was passiert dann mit uns?



      Leut's: Rassismus ist Rassismus und hat keinen anderen Namen als Rassismus.

    • @Claude Nuage:

      Die US-Amerikaner, denen das ja arg vernachlässigte Palästina am Herzen lag, werden maximal Jill Stein, Grüne, gewählt haben. Siehe Umfragen. Ähnlich wie bei Nader wurde sie von den Republikanern eher sogar gefördert, um Stimmen aus dem anderen Lager zu neutralisieren .



      Nach diesem Ihrem Nebenpunkt wieder zurück zum Artikel.



      Eine Friedensregelung muss auf Gerechtigkeit und dem Ende der Besatzung fußen.

    • @Claude Nuage:

      "Die Araber in Michigan"....sorry, das sind US- Bürger, arabischer Herkunft..so wie Trump deutscher Herkunft ist..Da sagen Sie auch nicht "der Europäer" oder "der Deutsche".

    • @Claude Nuage:

      Glaube nicht, daß das der tatsächliche Grund war. Aber egal, sie bekommen so oder so, was sie haben wollten.

      • @dtx:

        Das ist der Grund, den sie Journalisten und Demoskopen gegenüber angegeben haben.

    • @Claude Nuage:

      Aha, "die Araber". Also haben alle Araber dort gleich gewählt? Oder ist die Aussage nur ein rassistischer Reflex?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Bitte nicht relativieren: das ist Rassismus.

    • @Claude Nuage:

      Diese Einlassung ist nicht nur unangenehm gehässig, sondern auch sachlich falsch: die arabisch-amerikanischen Wähler in Michigan haben mehrheitlich - zu c. 53% - weder Trump noch Harris gewählt, sondern Jill Stein:



      www.theguardian.co...ab-american-voters



      Wahlentscheidend waren sie ohnehin nicht.

  • "... Die israelische Armeeführung hat die Hamas bereits im Oktober als „militärisch besiegt“ bezeichnet, ihre Führungsriege ist größtenteils tot. ..." Da dies ja ganz offensichtlich nicht stimmt, wer kämpft denn da noch und mit welchen Ressourcen? Irgendwann müsste doch der letzte Hardliner mal einlenken.