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Nach Ende der FriedenspflichtWarnstreiks bei VW beginnen

Die IG Metall hat am Montag dazu aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Konzern, Gewerkschaft und Betriebsrat ringen um die Zukunft des Autobauers.

Die Warnstreiks bei VW beginnen Foto: Sina Schuldt/dpa

Wolfsburg taz | VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo hat einen Beitrag der Ak­tio­nä­r*in­nen zur Rettung des angeschlagenen Autobauers gefordert. „Wir verlangen, dass alle ihren Beitrag leisten. Auch der Vorstand. Und eben auch die Aktionärsseite“, sagte Cavallo am Montagvormittag vor mehreren tausend Beschäftigten bei einer Warnstreik-Kundgebung auf dem Gelände des VW-Stammwerks in Wolfsburg.

Am Wochenende ist die sogenannte Friedenspflicht bei Volkswagen zu Ende gegangen, in der Arbeitsniederlegungen verboten sind. Daraufhin rief die IG Metall in allen deutschen VW-Werken zu Warnstreiks auf. Ausgenommen war lediglich das Werk in Osnabrück, da dort der Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie gilt.

In dem Konflikt geht es um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Hinzu kommen mehr als 10.000 Mitarbeiter bei VW Sachsen, für die 2021 eine Angleichung an den Haustarif vereinbart wurde. VW fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns 10 Prozent Lohnkürzung. Zudem stehen Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen im Raum. Die IG Metall will das verhindern.

Vor einigen Tagen legten Betriebsrat und IG Metall deshalb ein Konzept zur Rettung von Volkswagen vor. Darin wird die jüngste Tarifeinigung in der Metall- und Elektroindustrie übernommen. Sie sieht eine Lohnsteigerung von 5,1 Prozent über eine Laufzeit von 25 Monaten vor. Bei VW soll dieses Geld laut dem Plan aber nicht direkt an die Beschäftigten gehen. Es soll stattdessen in einen sogenannten Flexi-Fonds fließen, mit dem zwischenzeitliche Arbeitszeitreduzierungen aufgrund der geringen Nachfrage finanziert werden sollen.

Funken in Flammen verwandeln

Laut IG Metall und Betriebsrat würden die Beschäftigten dabei durch ihre Lohnzurückhaltung einen Beitrag von 1,5 Milliarden Euro zur Sanierung des Konzerns leisten. Im Gegenzug fordern sie, dass es weder Werkschließungen noch betriebsbedingte Kündigungen gibt.

Der VW-Vorstand lehnte Ende vergangene Woche jedoch das Konzept der Arbeitnehmer ab und hält an seinen Plänen für Fabrikschließungen, Kündigungen und Gehaltskürzungen fest. Am Freitag erklärte das Unternehmen, die von den Arbeitnehmervertretern genannten möglichen Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro würden sich nicht ergeben. „Wer die Belegschaft ignoriert, spielt mit dem Feuer – und wir wissen, wie man Funken in Flammen verwandelt“, entgegnete nun IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger in Wolfsburg.

Am 9. Dezember gehen indes die Verhandlungen um die Zukunft des Wolfsburger Autobauers weiter. Zuvor soll es kommenden Mittwoch eine Betriebsversammlung geben. Neben Konzernchef Oliver Blume wird unter anderem auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erwartet.

Zu viele Menschen, zu wenig Autos in der Produktion

Personalabbau ist im gesamten Autosektor auch wegen der Antriebswende ein Thema. Der Verband der Automobilindustrie rechnet damit, dass wegen der weniger personalintensiven Produktion von E-Autos bis 2035 im Vergleich zu 2019 rund jede vierte Stelle wegfallen wird, also etwa 140.000 Jobs. Andere Studien kommen auf weniger hohe Zahlen, sind sich aber weitgehend einig, dass in Zukunft weniger Arbeitsplätze nötig sein werden.

Nach Ansicht des Autoexperten Stefan Bratzel produziert VW darüber hinaus mit zu vielen Menschen zu wenige Autos. Volkswagen baute vergangenes Jahr 2,52 Millionen Fahrzeuge mit 200.000 Beschäftigten weltweit – Toyota kam auf fast viermal so viele Autos mit nur doppelt so vielen Beschäftigten.(mit dpa, afp)

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