Nazis, aber leider immer mehr normal

Die AfD kommt bei der Wahl laut Hochrechnungen in Brandenburg auf 29 Prozent. Trotz des zweiten Platzes ist das ein erneuter Erfolg für die Partei

Aus Potsdam Gareth Joswig

Ein Raunen und dann ein verhaltener Jubel ging durch die AfD-Wahlparty, als die ersten Prognosen angezeigt wurden: Die SPD bei 32 Prozent und die AfD auf 29 Prozent. Erst als das schlechte Ergebnis der Grünen eingeblendet wurde, brach lauter Jubel aus. Spitzenkandidat Hans-Christoph Bernd erklärte die AfD kurzerhand trotzdem zum Sieger, sagte aber auch etwas zerknirscht: „Die nationale Front der BRD steht und wir sind fast gleich stark.“ Die AfD Brandenburg hatte sich durchaus mehr versprochen, das ist spürbar. Keine fünf Minuten später tanzten rechtsextreme Ak­ti­vis­t*in­nen der Jungen Alternative Brandenburg zu rassistischen KI-generierten Songs, in denen die massenhafte Abschiebung und Festung Europa gefordert wird.

Für die Partei ist der laut Hochrechnungen (Stand 19 Uhr) zweite Platz ein kleiner Dämpfer, da sie in den Umfragen seit Sommer 2023 geführt hatte. Unterm Strich bleibt es jedoch ein Erfolg der Rechtsextremen: Sie erzielte ein Zuwachs um fast sieben Prozentpunkte. 2019 war die AfD Brandenburg noch auf 23,5 Prozent gekommen.

Ob die AfD in Brandenburg wie in Thüringen (32,8 Prozent) eine Sperrminorität im Landtag erreichte, war bis Redaktionsschluss unklar. Mit einer Sperrminorität könnte sie wichtige demokratische Prozesse wie Verfassungsänderungen blockieren. In Sachsen kam sie am 1. September auf 30,1 Prozent und verpasste die Sperrminorität nur um einen Abgeordneten.

Die drei Landtagswahlen im September markieren damit den erfolgreichsten Monat in der Parteigeschichte und werden voraussichtlich als tiefer Einschnitt der bundesrepublikanischen Demokratie in die Geschichte eingehen. Für die Rechtsextremen ist es ein weiterer Schritt zur Normalisierung.

Koalieren will mit der AfD keine andere Partei, allerdings ist die AfD längst auch ohne Regierungsbeteiligung ein Machtfaktor: Sie beeinflusst die gesellschaftliche Stimmung, was sich in den Zahlen der extrem rechten Straftaten zeigt, und treibt die etablierten Parteien, die viele ihrer harten Migrationsforderungen übernommen haben.

Aufgrund des gesellschaftlichen Rechtsrucks konnte die AfD ihr Wählerpotenzial nahezu ausschöpfen und sogar erweitern. Besonders bei jungen Wählern gewann die extrem rechte Partei überdurchschnittlich stark hinzu – wie auch in Sachsen und Thüringen. Die Stammwähler der Partei wählen die Rechtsextremen nicht aus Protest, sondern wegen ihres rechtsradikalen Programms und ihrer rassistischen Hetze. Die AfD dürfte auch von ihrer Inszenierung als vermeintliche „Friedenspartei“ profitiert haben, wobei ihre prorussische Agenda im Ukrainekrieg und ihr Antiamerikanismus immer wieder in Desinformationen für den Kreml münden.

Im Wahlkampf verschmolz die AfD Brandenburg regelrecht mit ihrem neonazistischen Vorfeld. Die Partei des extrem rechten Spitzenkandidaten Hans-Christoph Berndt forderte ein Betretungsverbot für Asylbewerber bei öffentlichen Veranstaltungen, eine privatwirtschaftliche Abschiebeindustrie, die Zerschlagung zivilgesellschaftlicher Initiativen und die Bekämpfung des Parteienstaats.

Die jüngsten Wahlerfolge dürften den Radikalkurs der Bundes-AfD stärken. Vorbereitet auf die Regierungsübernahme hat sich die AfD nicht. Ihr Ziel ist es, weiter demokratische Prozesse zu blockieren, die etablierten Parteien vorzuführen und Diskurse zu bestimmen – um so langfristig die Brandmauer einzureißen und den Staat autoritär umzubauen. Als Fernziel gilt in der Partei dafür das Superwahljahr 2029, wenn auch erneut in Brandenburg gewählt wird.