Rechte antisemitische Hetze bei X: Der Holocaust als Ansichtssache

Der Holocaust als Versehen? Unter Elon Musk bekommen Geschichtsrevisionisten auf X ein Millionenpublikum und offenbaren den Antisemitismus der Republikaner.

Tucker Carlson

Hat Antisemit Cooper interviewt: Tucker Carlson Foto: AP/Paul Sancya

Holocaust-Relativierung dürfte selten so ein großes Publikum genossen haben: Am vergangenen Montag lud der rechtspopulistische Moderator Tucker Carlson den revisionistischen Möchtegernhistoriker Darryl Cooper in seine Sendung auf X/Twitter ein. Cooper sei der „beste und ehrlichste Populärhistoriker in den USA“, schrieb Carlson an seine knapp 14 Millionen Follower.

Was folgte, war schlichte Desinformation über die industrielle Massenvernichtung der Jüdinnen und Juden. Dass Millionen Menschen in deutschen Lagern „ums Leben gekommen“ seien, habe nur an Überforderung und Planlosigkeit gelegen, so Cooper: Die Nazis hätten schlicht nicht die Ressourcen gehabt, sich um sie zu kümmern. Weiter im Gespräch, das über zwei Stunden dauerte, sagte er, dass Churchill und nicht Hitler der eigentliche Oberbösewicht des Zweiten Weltkriegs gewesen sei.

Die Auslöschung der Jüdinnen und Juden war erklärtes Ziel der Nazis, die Shoah akribisch geplant. In Gaskammern und durch Exekutionskommandos ermordeten sie sechs Millionen von ihnen sowie Millionen weitere nichtjüdische Menschen.

Holocaust-Leugnung ist ein Evergreen unter Antisemit*innen. Carlsons Gespräch mit Cooper zeigt jedoch, wie Geschichtsrevisionismus zunehmend normalisiert wird. Darüber freute sich der bekannte Holocaust-Leugner David Irving in der Kommentarspalte: „Ich bin froh, dass wir im Mainstream-Narrativ sind, aber es wäre schön, eine Anerkennung zu bekommen“ – mit Zwinkersmiley.

Elon Musk zu Coopers Thesen

Sehr interessant. Sehenswert.

Das Video wurde bereits über 33 Millionen mal angeschaut. X-Chef Elon Musk teilte es und schrieb „Sehr interessant. Sehenswert“, bevor er nach heftiger Kritik den Kommentar wieder löschte. Nun wird Carlson von einigen Republikanern kritisiert, nur Wochen nach seinem Auftritt als Stargast bei deren Parteitag. Doch Trump und Vance halten weiterhin zu ihm und machen mit ihm Wahlkampf. In der heutigen Republican Party scheint der Holocaust lediglich eine Ansichtssache zu sein.

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Nicholas Potter ist Redakteur bei taz zwei. Der britische Journalist schreibt über Medien und Gesellschaft, Neonazis und Nahost, Antisemitismus und Rassismus. Er ist Herausgeber des Buches "Judenhass Underground: Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen", 2023 im Verlag Hentrich & Hentrich erschienen. Er studierte in London und Berlin.

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