Straßenbahn zum Ostkreuz: Tram-Planung dreht die vierte Runde

Mit der neuen Trasse zum Bahnhof Ostkreuz ist es wie verhext: Den vielen Pannen bei der Öffentlichkeitsbeteiligung gesellt sich nun eine neue hinzu.

Sie kommt, sie kommt nicht, sie kommt … Foto: Imago/imagebroker

BERLIN taz | Bei Jens Wieseke, dem Sprecher des Berliner Fahrgastverbands IGEB, löst die jüngste Nachricht in Sachen Straßenbahn vor allem Sprachlosigkeit aus: „Was soll man da sagen? Jetzt ist erst einmal Fremdschämen angesagt.“

Es geht um das jahrzehntealte Projekt einer Tramanbindung des Bahnhofs Ostkreuz durch die Sonntagstraße in Friedrichshain. Seit 2018 mussten die Planungsunterlagen im Rahmen der vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung wegen diverser Pannen schon dreimal ausgelegt werden – jetzt gibt es noch eine vierte Runde.

Der Haken liegt beim Bericht zur UVP, der Umweltverträglichkeitsprüfung. Er war zuletzt vom 17. Juni bis zum 16. Juli für alle Interessierten einsehbar – digital und physisch. Allerdings hat sich nun laut Senatsverkehrsverwaltung herausgestellt, dass die ausgelegten Anlagen nicht vollständig waren: Insgesamt fehlten 11 Pläne aus dem „Bestands- und Konfliktplan“ sowie dem „Maßnahmenplan“, auf die sich die UVP bezieht.

Wegen dieses formalen Fehlers kommt es nun zur Neuauflage. Vom 19. August bis zum 18. September werden die kompletten Unterlagen online sowie in den Räumen der Verkehrsverwaltung am Köllnischen Park zugänglich gemacht.

Der Wurm steckt ganz tief drin

Offenbar steckt der Wurm ganz tief in dieser von ÖPNV-NutzerInnen ersehnten und von manchen AnwohnerInnen vehement abgelehnten Veränderung des Straßenbahnnetzes, bei der es um gerade einmal 1,2 Kilometer neuer Streckenführung geht. Der Schlenker weg von der Boxhagener und durch die schmalere Sonntagstraße soll endlich einen direkten Tramanschluss des Schienen-Knotenpunkts Ostkreuz bringen. In der Sonntagstraße gibt es seit Jahren Proteste, vor allem gegen die erwartete Lärmbelästigung.

Als die Planungsunterlagen 2018 nach langem Vorlauf endlich ausgelegt wurden, zählte man deshalb fast 900 Einwendungen – und die damals noch grün geführte Verkehrsverwaltung musste einräumen, dass das Lärmschutzgutachten von einer zu niedrigen Zahl Betroffener ausgegangen war. Von denen gab es nämlich nach jahrelanger baulicher Verdichtung des Kiezes nun deutlich mehr. 2021 wurde die Auslegung darum wiederholt – aber das Verfahren stellte sich im Nachhinein als nichtig heraus, weil online einige Unterlagen gefehlt hatten.

Das Ganze zog sich dann noch bis ins laufende Jahr, weil zwischenzeitlich ein neues Problem aufgetaucht war: Die Feuerwehr bemängelte zu wenig Raum für Rettungsarbeiten im Umfeld der geplanten Haltestelle in der Sonntagstraße. Nach langem Hin und Her soll inzwischen eine Speziallösung Anwendung finden, bei der die stromführende Fahrleitung abgeschaltet und weggeklappt werden kann.

Die jetzt bekannt gegebene Wiederholung des dritten Durchgangs ließ sich zumindest noch zeitnah nachschieben: „3. Runde Fehlerheilung“ heißt das Ankündigungsdokument in fast poetisch anmutendem Amtsdeutsch. Wenn sie Mitte September abgeschlossen sein wird, lässt sich aber noch lange nicht sagen, wann in Friedrichshain tatsächlich gebaut wird.

Die Klagen werden kommen

Zuerst sind wieder die erwartbaren Einwendungen zu prüfen – und sollte der Planfeststellungsbeschluss irgendwann vorliegen, rechnet man in der Senatsverwaltung mit Klagen vor dem Verwaltungsgericht. Die entsprechenden Verfahren könnten noch einmal viele Monate Zeit in Anspruch nehmen. Ob die Tram hier also 2028 rollt, wie es zuletzt hieß, bleibt abzuwarten.

IGEB-Sprecher Wieseke erinnert dann auch noch an eine Problematik im Zusammenhang mit dem Projekt, die sich mit jeder neuen Verzögerung zuspitzt: der miserable Zustand der Gleise auf dem östlichen Ende der Boxhagener Straße, die angesichts der geplanten Trassenverlegung nicht mehr grunderneuert worden waren.

Wie die BVG bereits im vergangenen Jahr mitteilte, lassen sich diese Schäden nicht mehr auf ewig mit Flickwerk beheben. Würden sie aufwendig und teuer instandgesetzt, nur um dann einige Jahre später doch stillgelegt zu werden, wäre das der Gipfel der Absurdität. Auszuschließen ist es also nicht.

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