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Kulturkampf um „El Hotzo“Wer cancelt hier wen?

Kommentar von Jessica Ramczik

Satire oder Grenzüberschreitung? Die Debatte um El Hotzos Trump-Tweet dient Rechten als willkommenes Argument, um gegen den ÖRR zu hetzen.

Tweeten darf El Hotzo weiterhin Foto: Manfred Segerer/imago

S atire darf alles. Sie beantwortet aber offensichtlich nicht die Frage danach, wo die Grenzen zwischen Meinung, schlechtem Witz und Relativierung von Gewalt liegen. Zu diesem Schluss kommt man zumindest, wenn man die Debatte um El Hotzo, bürgerlich Sebastian Hotz, und seinen mittlerweile gelöschten Tweet zum Attentat auf Trump betrachtet. Und es zeigt sich: Um weiteren Hass auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu schüren, übergehen Reichelt und Co. gerne ihre eigenen Prinzipien der Sagbarmachung des Unsagbaren.

Hotz, Satiriker und Buchautor, postete am 14. Juli „den letzten Bus“, dazu zwei verschränkte Hände, „Donald Trump“ und darunter „leider knapp verpasst“. Ein weiterer Tweet lautete: „Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben.“ Schnell wurde Kritik laut, Hotz löschte den Tweet, Screenshots des Posts wurden geteilt, Politiker wie Wolfgang Kubicki zeigten sich empört. So weit, so Internet.

Auch Julian Reichelt, Ex-Bild-Chef und Nius-Gründer, sprang auf die Empörungswelle auf. Aus der Kritik wurde schnell eine Kampagne, vorangetrieben von Reichelts Plattform Nius und Reichelt selbst. Die zwangsfinanzierten ARD und ZDF duldeten Gewaltaufrufe gegen Politiker und verstärkten diese, so die These Reichelts.

Die Konsequenz: Die ARD entband Hotz von seinen Aufgaben als Moderator bei „Theoretisch cool“ auf dem RBB-Sender Radio Fritz. Der Vorwurf, den sich Sebastian Hotz gefallen lassen musste: Menschenverachtung und das Abfeiern eines versuchten Attentats.

Rechter Kulturkampf

Es ist valide, Hotz' Äußerungen in Frage zu stellen, sie zu kritisieren und Konsequenzen zu fordern. Es bleibt die Frage: Ist ausgerechnet Berufshumanist, Frauenförderer und Wächter differenzierten Diskurses Julian Reichelt der beste Mann, wenn es darum geht, deutsche Medienethik zu wahren? Dies bleibt zumindest im Angesicht seiner Umtriebe bei Nius zweifelhaft.

Nicht das erste Mal versuchte man bei Nius anhand von Aussagen auf Social Media, jemanden an den Pranger zu stellen. Zuletzt den BR-Journalisten Alexander Nabert, dessen vor Jahren getwitterte antideutsche Floskel „Deutschland du mieses Stück Scheiße“ man ausgrub. Der rechte Kulturkampf, er ist mithin auch eine rechte Medien­strategie. Der falsche Post an falscher Stelle: ein gefundenes Fressen, der Auftakt zu einem erneuten Schlag gegen den verhassten öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Lediglich zu fragen, welche Werte man als öffentlich-rechtlicher Rundfunk vertreten will – und diese sollten zweifelsohne universalistisch sein – ohne auch die Frage zu stellen, von wem man sich das Maß ihrer Durchsetzung diktieren lässt und welche Zwecke damit verfolgt werden sollen, wird einer pluralistischen und öffentlich finanzierten Medienanstalt nicht gerecht.

Übernimmt Musk Anwaltskosten?

Immerhin: Julian Reichelt könnte wissen, dass der Verlust eines Jobs wegen groben Fehlverhaltens nicht das Ende der Fahnenstange ist. So auch nicht für El Hotzo, der twittert munter weiter und hat weiterhin seinen Podcast.

Auch Elon Musk – ihm gehört der Nachrichtendienst X, somit macht er seit geraumer Zeit auch irgendwas mit Medien – hat sich in die Debatte eingeschaltet. Der Trump-Unterstützer schrieb kürzlich auf X: „Jemand, der Donald Trump und mir den Tod wünscht, wird von der deutschen Regierung bezahlt?“

Abgesehen davon, dass das Konstrukt öffentlich-rechtlicher Rundfunk für Musk etwas völlig Neues zu sein scheint, denn dieser wird durch Gebührengelder und nicht direkt aus Scholz’ Hand bezahlt, könnte man Musk an dieser Stelle an seinen Tweet vom 6. August 23 erinnern: „Wenn Sie von Ihrem Arbeitgeber ungerecht behandelt wurden, weil Sie etwas auf dieser Plattform gepostet oder gelikt haben, werden wir Ihre Anwaltskosten übernehmen.“

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13 Kommentare

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  • Zur Causa Hotzo fällt mir nur ein:Scheinheiligkeit ohne Ende. Der Spiegel erinnert an den pseudomoralischen Aufruhr in Kommentaren zur "klammheimlich Freude" über den Mord an General Bundesanwaltschaft Buback.



    Wer behauptet ein "Schade, daß...." Gefühl zu einem Mordversuch sei immer und in jedem Fall unmoralisch und zeige hässlichen Charakter, der muss konsequenterweise Sätze sagen wie: Das Stauffenberg Attentat war falsch. Oder noch passender: Georg Elser hätte 1938 (!) nie das Attentat auf A. H. versuchen dürfen.



    Der Bezug zum gröfaz ist deswegen erlaubt, weil es immerhin Trumps Vize-Kandidat war, der ihn "Amerikas Hitler" genannt hat.



    Und nach Stauffenberg und Elser benennen wir Schulen und Straßen.

  • Ich bin für einen guten ÖRR , aber es muss auch für die dort agierenden Grenzen geben:



    Keine Mordaufrufe, keine Omas als Umweltsäue , keine Ziegenficker ( rassistische Äußerung von Böhmermann).... und vor allem mehr Stil !

  • 》Es bleibt die Frage: Ist ausgerechnet Berufshumanist, Frauenförderer und Wächter differenzierten Diskurses Julian Reichelt der beste Mann, wenn es darum geht, deutsche Medienethik zu wahren? Dies bleibt zumindest im Angesicht seiner Umtriebe bei Nius zweifelhaft.《

    Ist so wie bei vielen anderen Themen auch: gäbe es genug Linke, die sofort aufstünden, sich empörten, dass es nicht geht, so ein Attentat abzufeiern, sein Scheitern faktisch zu bedauern, würde es sich ein Reichelt dreimal überlegen, ob er da mit einsteigt - wenn wan's ihm aber stillschweigend derartig anbietet, überlässt...

    》... könnte man Musk an dieser Stelle anseinen Tweet vom 6. August 23erinnern: „Wenn Sie von Ihrem Arbeitgeber ungerecht behandelt wurden, weil Sie etwas auf dieser Plattform gepostet oder gelikt haben, werden wir Ihre Anwaltskosten übernehmen.“《 das hat El Hotzo schon selbst auf Instagram in einer (inzwischen abgelaufenen) Story gemacht.

    An Musks anderem tweet - 》@bundeskanzler was ist das?《 - ist im Übrigen m.E. interessant, wie der X-Eigentümer, Trump-Unterstützer und Taktgeber für die Energiewende in Deutschland ("Teslageschwindigkeit" (Habeck)) Scholz geradezu zur Rede zu stellen scheint

  • Reichelt will die Wutbürger-Zielgruppe ansprechen und binden. Was immer er dafür für nützlich hält haut er raus. Das kann er wohl kaum noch abschalten, Mir tun seine Pflegekräfte dereinst im Altenheim jetzt schon leid. Airpods sind dann Arbeitskleidung.

  • Wenn in 2 Jahren ein Diktator Trump das Project 2025 durchgesetzt hat und die USA Europa im Kampf gegen Russland im Stich lassen, wird man solche Tweets vielleicht ganz anders einordnen…

  • "Ist ausgerechnet Berufshumanist, Frauenförderer und Wächter differenzierten Diskurses Julian Reichelt der beste Mann, wenn es darum geht, deutsche Medienethik zu wahren?"

    --> Die Antwort ist ganz leicht: Nein. Aber aus der großen Masse derjenigen, die sonst mit dem Begriff "Menschenfeindlichkeit" um sich werfen wie Konfetti, herrscht zum Thema Hotz dröhnendes Schweigen.

    Zu dieser Gruppe der nicht kritisierenden Personen gehört auch die Autorin. Sie gibt auch zunächst das Lippenbekenntnis ab, Kritik an den tweets von Hotz sei legitim, nur um im nächsten Satz die Kritik zu kritisieren und diskreditieren.

    Es ist genau diese Doppelmoral, der Gegenseite immer das vorzuwerfen, was man selbst tut, was Personen, wie Reichelt sehr leicht macht.

    Das trifft vor allem auch auf Hotz zu, der sich auch nicht an seine eigenen Maßstäbe seines Vortrags auf der re:publica halten kann oder will.

  • Sehe ich genauso.

    Kubicki, Reichelt, Musk.

    Ausgerechnet die, die sonst über Meinungsfreiheit röhren, wie der sprichwörtliche Hirsch im Herbst.

    Nein, das ist keine Debatte, sondern eine Simulation davon: denen geht es nicht um den Inhalt.

    Auf meiner Leseliste: Harry G. Frankfurt: "On Bullshit" [1].

    (Und nein, just für alle Fälle: ich finde es grundsätzlich keine gute Idee, auf Menschen zu schiessen. Und auch nicht unbedingt, sich im falschen Kontext darüber lustig zu machen).

    [1] en.wikipedia.org/wiki/On_Bullshit

  • „Jemand, der Donald Trump und mir den Tod wünscht, wird von der deutschen Regierung bezahlt?“

    Hat sich Elon Musk mit diesem Tweet im Kontext mit dem Tweet von El Hotzo nicht selbst als Faschist bezeichnet?

    Zur Erinnerung: "Ein weiterer Tweet lautete: „Ich finde es absolut fantastisch, wenn Faschisten sterben.“"

  • Was sollte es einen deutschen Satiriker jucken wenn ein dahergelaufener amerikanischer Milliardär seine Äußerungen bisbilligt?



    Für mich ein Grund mehr niemals X zu nutzen oder mir einen Tesla zu kaufen.



    Ob seine Äußerung geschmackvoll war oder nicht, darüber kann man diskutieren. Mehr nicht.

  • Wenn sich ein alter FDPler aufregt, der immer mit komplett unironischen Dummschwatz aufwartet, egal, wenn der Unsympath Reichelt frei dreht, egaler, aber wenn der u.a. von meinen Beiträgen finanzierte Rundfunk, den ich ausgiebig konsumiere, der Art reagiert werde ich sauer.



    Ist El Hotzo nicht bekannt genug, wie andere Satiriker, dass man ihn deswegen rauswirft?

  • Man kann ja mal zur jüngeren deutschen Geschichte zurück gehen. Hätte man Hitler vor 33 getötet wäre es heute in den Geschichtsbüchern ein übles politisches Verbrechen. Wie es dann tatsächlich ausging wissen wir ja.

  • Ein Fotograf, der wohl unter anderen das Bild des gestreiften Trump mit gereckter Faust schoss hat bei CNN in die Kamera gelächelt und seiner Freude über diese Gelegenheit Ausdruck verliehen. Ja, whataboutism, zugegeben.

    Hotz ist mit canceling gut davongekommen. Als Mensch ohne Schengenstaatsbürgerschaft hätte er mit ernstern Konsequenzen rechnen müssen.

  • Wer bedauert, dass ein Attentat gegen ein Politiker, den man unterstützen mag oder nicht, erfolglos war, hat auf der medialen Bühne, besonders der gebührenfinanzierten, absolut nichts verloren. Dies sollte, unabhängig von der politischen Richtung, Konsens in einer Demokratie sein.