Die Wahrheit: Jetzt werden Windräder geschrägt

Die Klimaterroristen sind längst aktiv: Neuerdings verübt ein „Kommando Söder“ verheerende Anschläge in Bayern. Die Behörden sind wachsam.

Windräder im Sonnenuntergang

Die Welt könnte so idyllisch sein: Windräder im Abendlicht Foto: dpa

Fassungslos stehen Andreas und Gesine Huglbauer vor ihrem kleinen Einfamilienhaus am Rande von München und schauen auf das Hausdach. Unbekannte haben nachts die Solarpaneele mit Farbe beschmiert, die schwarze Schmiere läuft nun zäh vom Dach und tropft auf einen dort dekorativ herumstehenden Busch.

„Mein schöner Rhododen­dron“, jammert Frau Huglbauer, „alles voller Farbe.“

„Das ist Pech“, sagt der soeben eingetroffene Hauptkommissar Peter Plinzke von der Münchner „Soko Klima“, als er die Bescherung sieht. Dann gibt er seinen Kollegen ein paar Anweisungen, Fotos machen, Spuren sichern, Zeugen vernehmen.

„Wie können Sie so etwas sagen!“, ruft Andreas Huglbauer erregt und sichtlich erbost aus. „Des woa oan Onschlog!“

„Jaja“, sagt Plinzke, „aber das meinte ich nicht. Dieses schwarze Zeug ist keine Farbe, das ist tatsächlich Pech. Das kriegen Sie so leicht nicht ab. Die Solaranlage können Sie wegwerfen, das ist ein Totalschaden.“

Anschläge auf Solaranlagen

Die Pechattacke auf die Photovoltaikanlage der Huglbauers ist nicht die erste dieser Art. In den letzten Wochen gab es ein gutes Dutzend Anschläge auf verschiedene Solaranlagen im gesamten Bundesland. Vornehmlich auf Eigenheime, deren Besitzer sich erst vor Kurzem mit staatlicher Förderung und um Stromkosten zu sparen, solch eine Solarvorrichtung aufs Dach haben schrauben lassen. Aber auch Solarkraftwerke von Firmen wurden bereits Ziele der Täter. Ämter und Behörden, Einrichtungen des Landes sind nicht betroffen – denn in Bayern ist Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden verboten.

„Wer macht denn so was?“, fragt Gesine Hugelbauer und schlägt verzweifelt die Hände vor den Mund.

„Das sind diese Klimaterroristen“, erklärt der 55-jährige vollbärtige Plinzke mit Migrationshintergrund – seine Urgroßeltern sind aus dem damaligen Preußen nach München eingewandert. „Die sind das. Die beschmieren bei uns hier diese, diese Fotoanlagen, und neulich haben sie ein Windrad umgesägt.“

Gibt es in Bayern denn überhaupt Windkraftanlagen?

„Das Windrad, also der Mast, der stand ja ganz nah an der Grenze drüben in Hessen. Aber umgefallen ist er nach Bayern. Auf einen Biogarten. Na, da hat es immerhin nicht den falschen getroffen. Ermitteln müssen wir natürlich trotzdem.“

In Großstädten lassen die Klimaterroristen des selbsternannten „Kommandos Söder“ auch schon mal die Luft aus Lastenfahrrädern und kleben Elektroautos auf der Fahrbahn fest. „Außerdem sind sie auch schon in Einfamilienhäuser eingebrochen und haben die Wärmepumpe auf Umkehrschub gestellt, dass die ganze Wärme zurück in den Boden gepumpt wurde“, berichtet Hauptkommissar Plinzke.

Noch sind die Anschläge des KMS nur auf Sachbeschädigungen aus, aber erst vorige Woche wurden mülltrennende Münchner mit Flugblättern in den Briefkästen bedroht. Auch an den Orten der Anschläge sind vermehrt Bekennerschreiben zu finden. Darin distanziert sich das Kommando von solchen Gruppen wie Fridays for Future und Last Generation.

Doch wer steckt dahinter, und wieso heißt diese Gruppe so?

„Wir wissen das auch noch nicht. Vielleicht beziehen sich die Terroristen auf ihre Idole. Wir haben aber schon einige heiße Spuren, die ich Ihnen aus ermittlungstechnischen Gründen, na, Sie wissen schon.“

„Wir sind keine Klimaterroristen“, sagt ein Mitglied des Kommandos Söder, das sich zu einem Interview per Zoom bereit­erklärt hat. Erst über mehrere Zwischenkontakte auf verschiedenen Umweltforen im Internet ließ sich der Kontakt herstellen. Das Kommandomitglied ist vermummt, die Stimme elektronisch verzerrt, das Bild krisselig und schlecht beleuchtet.

Naturbayern ohne Klima

„Wir sind keine Klimaterroristen“, wiederholt der Mann. „Wir schützen nicht das sogenannte Klima. Klima gibt es gar nicht, bei uns in Bayern gibt es nur Wetter. Und unsere schöne bayerische Natur, die lassen wir uns von Windrädern oder Sonnenpaneelen auf unseren schönen, kleinen Sechzigerjahre-Einfamilienreihenhäuschen nicht verschandeln. Das schützen wir vor diesen woke-veganen Spinnern, die uns hier vorzuschreiben versuchen, was wir zu essen, zu sagen, anzuziehen und zu denken haben. Der Bayer, also der Naturbayer, der kann für sich selber denken. Der Naturbayer isst, was ihm schmeckt, auch mal ein Gemüse, ein Radi oder eine Krautwurst. Und anziehen kann sich der Naturbayer auch selbst.“

Im Hintergrund ist ein Geräusch zu hören, der Aktivist dreht sich um. „Mark …“ Dann bricht die Verbindung unvermittelt ab.

Was das Kommando Söder als nächstes plant, darüber können die Männer der Soko um Plinzke nur spekulieren. „Wir sind ja hier personell unterbesetzt, und diese Klimaaktivisten sind ja ziemlich gewitzt. Sind ja auch echte Bayern. Da müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen.“ Etwa mit der guerillaartigen Aufstellung von Heizpilzen in bayerischen Innenstädten. Oder mit der Besetzung und heimlichen Wiederinbetriebnahmen der Atomkraftwerke Isar I und Isar II.

„Nicht, dass wir davon Kenntnis hätten, das dürfte ich Ihnen aber auch zum jetzigen Zeitpunkt der Ermittlungen auch gar nicht sagen. Nur so viel: Wir können so ein Atomkraftwerk nicht mit unseren zehn, zwölf Leuten, die wir zur Verfügung haben, rund um die Uhr bewachen.“

Auf jeden Fall wird die Soko weiter gegen die Klimaterroristen ermitteln und sie gegebenenfalls hinter Schloss und Riegel bringen, ehe ihr Beispiel in anderen Bundesländern Schule macht.

„Na, schaun wir mal“, sagt Hauptkommissar Plinzke entspannt und wirft seinen leeren Kaffeebecher ungetrennt in den Garten der Huglbauers.

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