Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine: Auch Investoren brauchen Sicherheit
Bei der Wiederaufbaukonferenz in Berlin geht es auch darum, Investoren für die Ukraine zu gewinnen. Die brauchen Sicherheit – ebenso wie die Bevölkerung.
D er ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj setzt seine diplomatische Offensive in Westeuropa im Vorfeld der Friedenskonferenz in der Schweiz fort. Am Dienstag und Mittwoch findet in Berlin die Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine statt. Trotz gewisser Skepsis ist die ukrainische Seite überzeugt, dass der Wiederaufbau des Landes jetzt und nicht erst nach dem Ende des Krieges beginnen muss.
Die Berliner Konferenz hat sich zu einer Plattform entwickelt, um Überzeugungsarbeit zu leisten und Investoren zu finden. Verhandlungen, Vereinbarungen, Präsentationen, gegenseitiges Kennenlernen, wichtige Worte der Unterstützung von Spitzenpolitiker*innen und das Versprechen, so lange wie nötig zu helfen – das ist die Oberfläche solcher Veranstaltungen. Hinter den Kulissen werden jedoch konkrete Entscheidungen getroffen und offene Gespräche geführt.
Das Berliner Treffen wird von der Tatsache überschattet, dass die ukrainische Seite nur einen Monat vor dem Großereignis Beamt*innen verloren hat, die die Konferenz gemeinsam mit den Partnern vorbereitet haben und die für die Projekte zum Wiederaufbau und zum Schutz der kritischen Infrastruktur verantwortlich waren. Einige derjenigen, die gegangen sind, sprechen von staatlichem Druck auf ihre Tätigkeit. Das wird auch in den Partnerländern wahrgenommen.
Beeinträchtigt das die Wahrnehmung, dass die Ukraine verlässlich und berechenbar ist? Natürlich. Die großen Investor*innen, die jetzt darüber nachdenken, ob sie in der Ukraine investieren sollen, wollen eine stabile politische Ukraine sehen, damit sie wirtschaftliche Projekte trotz aller Risiken wagen.
Hinzu kommt, dass das Wort Korruption in Gesprächen ständig zwischen den Zeilen auftaucht, wenn es um Geschäfte geht. Das ist das Image, das dem Land seit Jahrzehnten anhaftet. Nur wenn es gelingt, dieses Bild mit Taten und nicht nur mit Worten zu überwinden, wird die Ukraine nicht an Unterstützung verlieren. Auch das gehört zur Verantwortung von Wolodymyr Selenskyj.
Die Reformen sind jedoch nur dann sinnvoll, wenn die Ukraine in der Lage ist, sich selbst, ihre Infrastruktur und ihre Bevölkerung zu verteidigen. Vor allem die Fähigkeit, der russischen Aggression auf dem Schlachtfeld zu widerstehen, eröffnet Chancen für Entwicklung und Wiederaufbau. Das kann die Ukraine allerdings nur, wenn die westlichen Militärhilfen nicht nur fortgesetzt, sondern verstärkt werden. Das ist die einzige sichere Investition in das Wohlergehen der Ukraine und ihrer Investor*innen.
Nur wenn es gelingt, dieses Bild mit Taten und nicht nur mit Worten zu überwinden, wird die Ukraine nicht an Unterstützung verlieren. Auch das gehört zur Verantwortung von Wolodymyr Selenskyj.
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