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Wiederaufbaukonferenz für die UkraineAuch Investoren brauchen Sicherheit

Anastasia Magasowa
Kommentar von Anastasia Magasowa

Bei der Wiederaufbaukonferenz in Berlin geht es auch darum, Investoren für die Ukraine zu gewinnen. Die brauchen Sicherheit – ebenso wie die Bevölkerung.

Geschüttelt, nicht gerührt: Scholz und Selenskyj Foto: Annegret Hilse/reuters

D er ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj setzt seine diplomatische Offensive in Westeuropa im Vorfeld der Friedenskonferenz in der Schweiz fort. Am Dienstag und Mittwoch findet in Berlin die Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine statt. Trotz gewisser Skepsis ist die ukrainische Seite überzeugt, dass der Wiederaufbau des Landes jetzt und nicht erst nach dem Ende des Krieges beginnen muss.

Die Berliner Konferenz hat sich zu einer Plattform entwickelt, um Überzeugungsarbeit zu leisten und Investoren zu finden. Verhandlungen, Vereinbarungen, Präsentationen, gegenseitiges Kennenlernen, wichtige Worte der Unterstützung von Spit­zen­po­li­ti­ke­r*in­nen und das Versprechen, so lange wie nötig zu helfen – das ist die Oberfläche solcher Veranstaltungen. Hinter den Kulissen werden jedoch konkrete Entscheidungen getroffen und offene Gespräche geführt.

Das Berliner Treffen wird von der Tatsache überschattet, dass die ukrainische Seite nur einen Monat vor dem Großereignis Be­am­t*in­nen verloren hat, die die Konferenz gemeinsam mit den Partnern vorbereitet haben und die für die Projekte zum Wiederaufbau und zum Schutz der kritischen Infrastruktur verantwortlich waren. Einige derjenigen, die gegangen sind, sprechen von staatlichem Druck auf ihre Tätigkeit. Das wird auch in den Partnerländern wahrgenommen.

Beeinträchtigt das die Wahrnehmung, dass die Ukraine verlässlich und berechenbar ist? Natürlich. Die großen Investor*innen, die jetzt darüber nachdenken, ob sie in der Ukraine investieren sollen, wollen eine stabile politische Ukraine sehen, damit sie wirtschaftliche Projekte trotz aller Risiken wagen.

Nur wenn es gelingt, das Bild des korrupten Staates mit Taten zu überwinden, wird die Ukraine nicht an Unterstützung verlieren.

Hinzu kommt, dass das Wort Korruption in Gesprächen ständig zwischen den Zeilen auftaucht, wenn es um Geschäfte geht. Das ist das Image, das dem Land seit Jahrzehnten anhaftet. Nur wenn es gelingt, dieses Bild mit Taten und nicht nur mit Worten zu überwinden, wird die Ukraine nicht an Unterstützung verlieren. Auch das gehört zur Verantwortung von Wolodymyr Selenskyj.

Die Reformen sind jedoch nur dann sinnvoll, wenn die Ukraine in der Lage ist, sich selbst, ihre Infrastruktur und ihre Bevölkerung zu verteidigen. Vor allem die Fähigkeit, der russischen Aggression auf dem Schlachtfeld zu widerstehen, eröffnet Chancen für Entwicklung und Wiederaufbau. Das kann die Ukraine allerdings nur, wenn die westlichen Militärhilfen nicht nur fortgesetzt, sondern verstärkt werden. Das ist die einzige sichere Investition in das Wohlergehen der Ukrai­ne und ihrer Investor*innen.

Nur wenn es gelingt, dieses Bild mit Taten und nicht nur mit Worten zu überwinden, wird die Ukraine nicht an Unterstützung verlieren. Auch das gehört zur Verantwortung von Wolodymyr Selenskyj.

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Anastasia Magasowa
Anastasia Rodi (Magazova) ist 1989 auf der Krim (Ukraine) geboren. Studium der ukrainischen Philologie sowie Journalismus in Simferopol (Ukraine). Seit 2013 freie Autorin für die taz. Von 2015 bis 2018 war sie Korrespondentin der Deutschen Welle (DW). Absolventin des Ostkurses 2014 und des Ostkurses plus 2018 des ifp in München. Als Marion-Gräfin-Dönhoff-Stipendiatin 2016 Praktikum beim Flensburger Tageblatt. Stipendiatin des Europäischen Journalisten-Fellowships der FU Berlin (2019-2020) in Berlin. 2023 schloss sie ihr Studium am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin ab. Sie hat einen Master of Arts (Politikwissenschaft). Als Journalistin interessiert sie sich besonders für die Politik in Osteuropa sowie die deutsch-ukrainischen Beziehungen. Von den ersten Tagen der Annexion der Krim bis heute hat sie mehrere hundert Reportagen über den Krieg Russlands gegen die Ukraine geschrieben.
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10 Kommentare

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  • Das kann die Ukraine allerdings nur, wenn die westlichen Militärhilfen nicht nur fortgesetzt, sondern verstärkt werden. Das ist die einzige sichere Investition in das Wohlergehen der Ukrai­ne und ihrer Investor*innen.

    Ja genau. Nur. NUR. Und einzig. Das das nur jeder versteht: es lohnt gar nicht über etwas anderes nach zu denken. Überhaupt zu denken. Waffen reichen. Nur Waffen reichen. Niemand muss reden. Wer das will, hilft Putin. Wer das will will Putin. Wer das will ist Putin. Nur Waffen helfen.- Nur. Das war schon immer so und wird immer so sein. Immer und immer. Nur. Es gibt keine Unwägbarkeiten, es gibt keine Unklarheiten. Es gibt nur schwarz oder weiß. Nur Gut und Böse. Nur.



    Das ist genau das Problem in dieser Debatte. Glaubt irgendwer, dass solches Denken eine politische Analyse ersetzt? Glaubt jemand dass Politik so funktioniert? OK, es ist ein Kommentar - aber das ist ja auch das Credo das sonst quasi überall vorherrscht.

    Entschuldigung für die Polemik, mich gruselt einfach vor diesem eindimensionalen Denken.

    • @Einfach-Jemand:

      Wer behauptet denn, dass NUR Waffenlieferungen das Problem lösen?



      Niemand. Nicht einmal die größten Fans von Waffenlieferungen...



      Die Lieferungen dienen dem Aufbau bzw dem Erhalt einer Verhandlungsmacht für die Ukraine.



      Verhandlungsmacht für Verhandlungen - die bekanntlich im wesentlichen aus "Reden" an einem Verhandlungsort bestehen. Und das sollte weder ein Eisenbahnwagon in Compiegne noch ein langer weißer Tisch im Kreml sein...

      • @Monomi:

        "Das kann die Ukraine allerdings nur, wenn die westlichen Militärhilfen nicht nur fortgesetzt, sondern verstärkt werden. Das ist die einzige sichere Investition in das Wohlergehen der Ukrai­ne und ihrer Investor*innen. "

        Das war ein Zitat aus dem Text. Ich hatte nur die Anführungszeichen vergessen.

        "Niemand. Nicht einmal die größten Fans von Waffenlieferungen... "

        Lieber Monomi, das nehme ich völlig anders war -- alle! Können Sie sich an den Furor erinnern der über Rolf Mützenich hereingebrochen ist als er anmahnte nicht nur in militärischer Logik zu denken? Oder über jedem anderen? Eine andere Meinung zu Waffenlieferungen zu haben, wird hier zu Lande gleich gesetzt mit dem was ich in dieser Polemik beschreiben wollte. So nehm ich das wahr. Keine offene Diskussion. Alle denken das selbe. Wer nicht, muss "rechts" oder eben "Putintroll" sein oder eine diese dummen Vokabeln, die da alle paar min neu geprägt werden.

      • @Monomi:

        "Das kann die Ukraine allerdings nur, wenn die westlichen Militärhilfen nicht nur fortgesetzt, sondern verstärkt werden. Das ist die einzige sichere Investition in das Wohlergehen der Ukrai­ne und ihrer Investor*innen. "

        Das war ein Zitat aus dem Text. Ich hatte nur die Anführungszeichen vergessen.

        "Niemand. Nicht einmal die größten Fans von Waffenlieferungen... "

        Lieber Monomi, das nehme ich völlig anders war -- alle! Können Sie sich an den Furor erinnern der über Rolf Mützenich hereingebrochen ist als er anmahnte nicht nur in militärischer Logik zu denken? Oder über jedem anderen? Eine andere Meinung zu Waffenlieferungen zu haben, wird hier zu Lande gleich gesetzt mit dem was ich in dieser Polemik beschreiben wollte. So nehm ich das wahr. Keine offene Diskussion. Alle denken das selbe. Wer nicht, muss "rechts" oder eben "Putintroll" sein oder eine diese dummen Vokabeln, die da alle paar min neu geprägt werden.

      • @Monomi:

        "Das kann die Ukraine allerdings nur, wenn die westlichen Militärhilfen nicht nur fortgesetzt, sondern verstärkt werden. Das ist die einzige sichere Investition in das Wohlergehen der Ukrai­ne und ihrer Investor*innen."

        Der erste Satz war ein Zitat aus dem Text. Ich hatte die Anführungszeichen vergessen.

  • War es früher nicht Brauch, dass man vom Kriegsverlierer Reparationen verlangt? Der Verlierer in spe wäre hier wohl Russland. Ansonsten würden sich die vielen Kriegsgewinnler als Geldquelle anbieten: Rüstungsindustrie, Energiekonzerne und so. Nur mal als Idee. Oder zahlt das mal wieder der gutmütige deutsche Steuerzahler?

    • @Jalella:

      Ja, schon, war mal "üblich". Aber Kontraproduktiv. Eines der erfolgreichen Argumente für den Weg des GröFaz an die Macht war, dass die Reparationen für WW1 einen exorbitanten Druck auf die Wirtschafts des Deutschen Reiches ausgeübt haben, der maßgeblich mitverantwortlich war für die Anfälligkeit Deutschlands für die Folgen des Börsencrashes 1929: Wirtschaftseinbruch und Massenarbeitslosigkeit....

  • Ukraine hat Beamte "verloren" ? Was heißt das? Gefallen? Einige, die "gegangen sind"... dh sie haben gekündigt?... sprechen von" staatlichem Druck "....



    Was soll man sich da vorstellen? Ich dachte bisher, Beamte seien Staatsdiener, also an Weisungen ebenfalls staatlicher Vorgesetzten gebunden. Was ist dann staatlicher Druck? .

    • @Monomi:

      "Ukraine hat Beamte "verloren" ? Was heißt das? Gefallen? Einige, die "gegangen sind"... dh sie haben gekündigt?... sprechen von" staatlichem Druck "...."



      Das bezieht sich offensichtlich auf den Rücktritt von Mustafa Nayyem als Leiter der im letzten Jahr neugegründeten Wiederaufbaubehörde. Nayyem hat sich über Einmischung und Druck von außen (oben) beklagt. Vielleicht könnte Frau Magazova mal einen Artikel schreiben, was genau dahinter steckt. Oder wie wäre es mit einem Interview mit Herrn Nayyem?

  • Um für Investoren sicher zu sein, dazu bräuchte es zwei Dinge (wenn man davon ausgeht, dass diese im Westen, fern der Front eingesetzt werden)



    1. Eine verlässliche Energieversorgung



    2. Eine sichere Luftabwehr



    Hier wird die Größe der Ukraine (im Vergleich zu Israel beispielsweise) zu einem Hindernis. Zudem ist das Problem, dass die Russen mit hunderten billigen Drohnen teure Hightech-Abwehrraketen neutralisieren, die man eben dennoch abfangen muss.



    Die Rechnung geht nicht auf.