Barbara Oertel über das Anti-LGBTQ+-Gesetz in Georgien
: KO-Schlag gegen Queere

Mit Volldampf Richtung Moskau, als gebe es kein Morgen: Gerade erst hat die georgische Führung das „Agentengesetz“ durchgedrückt und kann sich jetzt an die Abwicklung von lästigen, westlich finanzierten Nichtregierungsorganisationen machen, da folgt auch schon der nächste Schlag: Diesmal trifft der Bannstrahl der Regierungspartei Georgischer Traum (KO) Angehörige der LGBTQ+-Community.

Vorgeblich soll dieses Gesetzes­paket Familienwerte und Minderjährige schützen. Es weist erstaunliche Ähnlichkeiten, die natürlich rein zufällig sind, mit entsprechenden russischen Vorschriften auf.

So sind Kundgebungen, bei denen für die Rechte queerer Menschen „geworben“ wird, genauso untersagt, wie Geschlechtsangleichungen und Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare. Das Verbot, jemanden wegen seiner/ihrer sexuellen Orientierung am Arbeitsplatz zu diskriminieren, wird aufgehoben. Sollte auch dieses menschenverachtende Machwerk in Kraft treten, wären queere Menschen – in der Südkaukasusrepublik ohnehin schon vogelfrei – künftig ganz „legal“ zum Abschuss freigegeben.

Was die KO umtreibt, ist nicht schwer zu erraten. Vor allem da, wo es um die Lösung sozialer und wirtschaftlicher Probleme geht, hat die Regierung absolut nichts vorzuweisen. Im Herbst stehen Parlamentswahlen an. Und da gilt es, jetzt vor allem, auch die konservative Wäh­le­r*in­nen­schaft zu befriedigen. Besonders perfide dabei ist, dass dies um den Preis einer wachsenden Polarisierung in der Gesellschaft geschieht und potenzielle Konflikte auf dem Rücken einer ohnehin schon vulnerablen Gruppe ausgetragen werden.

Für die EU, die Georgien 2023 den Kandidatenstatus zuerkannt hat, ist dieser jüngste Vorstoß eine weitere Provokation. Brüssel kann eigentlich gar nicht mehr anders, als den Integrationsprozess einzufrieren. Das wäre vor allem für junge Geor­ge­r*in­nen eine bittere Enttäuschung. Noch vor kurzen standen viele von ihnen mit Europaflaggen vor dem Parlament in der Hauptstadt Tiflis. Solche Bilder könnten bald wieder um die Welt gehen.