Anti-LGBTQ+-Gesetz in Georgien: KO-Schlag gegen Queere
Erst geraten die NGOs ins Visier von Georgiens Regierungspartei KO, jetzt ist es die Queer Community. Einem EU-Beitritt kommt das Land so nicht näher.
M it Volldampf Richtung Moskau, als gäbe es kein Morgen: Gerade erst hat die georgische Führung das „Agentengesetz“ durchgedrückt und kann sich jetzt an die Abwicklung von lästigen, westlich finanzierten Nichtregierungsorganisationen machen, da folgt auch schon der nächste Schlag: Diesmal trifft der Bannstrahl der Regierungspartei Georgischer Traum (KO) Angehörige der LGBTQ+-Community.
Vorgeblich soll dieses Gesetzespaket Familienwerte und Minderjährige schützen. Es weist erstaunliche Ähnlichkeiten, die natürlich rein zufällig sind, mit entsprechenden russischen Vorschriften auf.
So sind Kundgebungen, bei denen für die Rechte queerer Menschen „geworben“ wird, genauso untersagt wie Geschlechtsangleichungen und Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare. Das Verbot, jemanden wegen seiner/ihrer sexuellen Orientierung am Arbeitsplatz zu diskriminieren, wird aufgehoben. Sollte auch dieses menschenverachtende Machwerk in Kraft treten, wären queere Menschen – in der Südkaukasusrepublik ohnehin schon vogelfrei – künftig ganz „legal“ zum Abschuss freigegeben.
Was die KO umtreibt, ist nicht schwer zu erraten. Vor allem da, wo es um die Lösung sozialer und wirtschaftlicher Probleme geht, hat die Regierung absolut nichts vorzuweisen. Im Herbst stehen Parlamentswahlen an. Und da gilt es, jetzt vor allem, auch die konservative Wähler*innenschaft zu befriedigen. Besonders perfide dabei ist, dass dies um den Preis einer wachsenden Polarisierung in der Gesellschaft geschieht und potenzielle Konflikte auf dem Rücken einer ohnehin schon vulnerablen Gruppe ausgetragen werden.
Für die EU, die Georgien 2023 den Kandidatenstatus zuerkannt hat, ist dieser jüngste Vorstoß eine weitere Provokation. Brüssel kann eigentlich gar nicht mehr anders, als den Integrationsprozess einzufrieren. Das wäre vor allem für junge Georgier*innen eine bittere Enttäuschung. Noch vor Kurzem standen viele von ihnen mit Europaflaggen vor dem Parlament in der Hauptstadt Tiflis. Solche Bilder könnten bald wieder um die Welt gehen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden