Retourkutsche per Luftballon: Nordkorea fliegt Müll nach Süden

Um sich gegen die Propagandaballons von Aktivisten aus dem Süden zu wehren, schickt Nordkorea jetzt seinerseits Ballons mit Müll und Kot nach Südkorea.

Ein weißer mutmaßlich nordkoreanischer Ballon mit einer unbekannten Ladung ist am Mittwoch in einem südkoreanischen Reisfeld gelandet

Ein mutmaßlicher nordkoreanischer Ballon mit einer unbekannten Ladung ist am Mittwoch in einem südkoreanischen Reisfeld gelandet Foto: Yonhap/Reuters

BERLIN taz | Galt Nenas Popsong „99 Luftballons“ einst als deutsche Friedenshymne im Kalten Krieg, sorgen reale Ballons zwischen Nord- und Südkorea stets für Aufregung und feindliche Stimmung. Die jüngste Variante kommt jetzt aus dem Norden, der bisher eher für seine Raketen berüchtigt war.

Laut Südkoreas Militär hat Nordkoreas am Mittwoch bis zum Nachmittag 260 Ballons mit dem Wind in den Süden geschickt. Sie transportierten demnach Unrat bis hin zu Tierkot. Südkoreas Behörden riefen die Bevölkerung auf, die Ballons zu melden und nicht anzufassen. Kampfmittelräumer und Spezialisten für biologische und chemische Waffen würden sich der Flugobjekte annehmen.

Pjöngjang hatte die Entsendung bereits angedroht. Man werde „Haufen von Dreck und Altpapier über die Grenze schicken“, hieß es am Sonntag. „Südkorea werde merken, wie viel Mühe es macht, alles zu beseitigen“, erklärte Nordkoreas Vizeverteidigungsminister.

Die Maßnahme sei eine Vergeltung für die Versendung von Flugblättern und anderem Propagandamaterial von Süd nach Nord. Aktivisten und nordkoreanische Flüchtlinge schicken seit Jahren schon Ballons voll antikommunistischer Flugblätter, USB-Sticks, CDs oder gar Dollarnoten in den Norden.

Mit Propaganda per Ballon zum Sturz des Regimes?

Die Botschaft aus der Luft soll Nordkoreas Bevölkerung zum Sturz des Regimes ermuntern. Das reagiert stets erbost, schießt gelegentlich Ballons ab und macht Kontakte zur Regierung in Seoul von deren Vorgehen gegen die Provokationen aus der Luft abhängig.

Zur Zeit von Südkoreas linksliberaler Regierung ging diese selbst gegen die Ballons vor, um sich die Entspannungspolitik nicht von Aktivisten kaputtmachen zu lassen. Doch musste Seoul nach einem Gerichtsurteil zugunsten der Meinungsfreiheit die Ballonflüge wieder erlauben.

Hatte Pjöngjang einst auch selbst schon Ballons mit Flugblättern in den Süden entsandt, die dort aber offenbar nicht fruchteten, so wurde das Regime jetzt unerwartet innovativ.

Dabei hat Nordkorea selbst viel Erfahrung mit dem Empfang von Müll anderer Staaten, vor allem aus Deutschland. Als dort in den 1990er Jahren das Recyclingsystem Grüner Punkt aufgebaut wurde, aber noch kaum Kapazitäten zur Wiederverwertung hatte, schickten die Bundesrepublik Unmengen ihres bereits gesammelten Plastikmülls nach Nordkorea, offiziell als Rohstoff.

Zur Jahrtausendwende folgte dann überschüssiges deutsches Rindfleisch, das angesichts der BSE-Krise hierzulande niemand essen wollte. Taiwan plante einst sogar Atommüll nach Nordkorea zu schicken, hatte dann aber doch Sicherheitsbedenken. Die hat Südkorea jetzt auch – da kann Nena singen was sie will.

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