piwik no script img

Gesellschaftlicher Zusammenhalt„Die Gräben werden tiefer“

Es gibt viel schlecht gelaunte Menschen und dann kommt auch noch die AfD aus der Hölle angehetzt. Ein fiktives Gespräch unter Wartenden am Busbahnhof.

Ikone der schlechten Laune: die Internet-Berühmtheit Grumpy Cat im Jahr 2015 Foto: dpa | Barbara Munker

Früher war auch nicht alles schlechter!“, tönt ein Mann am Busbahnhof Altona in die Runde der Wartenden.

„Na, da kam wenigstens mal ein Bus, der nicht sofort überfüllt war“, sagt eine Frau.

„Und schlecht belüftet!“, sagt eine ältere Dame. „Voller miesepetriger Gesichter!“

„Es gibt eben zu viele schlecht gelaunte Menschen“, sagt jemand.

„Na, das kann man sich eben nicht aussuchen, mit wem man Tag für Tag in den Bus steigt“, sagt eine Frau.

„Gar nix kann man sich aussuchen, ist sowieso alles Mist!“, sagt ein mürrischer Typ.

„Aber das Leben ist ja keine Busfahrt, junger Mann“, sagt ein älterer Herr.

„Manchmal schon, da fragste dich, welch’ Egobold stinkt hier so selbstherrlich vor sich hin und wer pennt da vorn am Steuer?!“, sagt eine Frau.

„Kannste dir alles nicht aussuchen!“, sagt der Mürrische. „Die Gräben werden tiefer, und alle stehen dicht an dicht.“

„Dann hält einer es nicht mehr aus und fängt an zu schreien.“

„Oder eine.“

„Hauptsache nicht alle auf einmal!“

„Dann kippt der Bus um oder fährt in einen Graben und dann ist Ruhe.“

„Und wie soll man das verhindern?“

„Da braucht man eben Leute am Steuer, die mit Verstand und Können Ruhe bewahren!“

„Menschenfreunde!“

„Auf keinen Fall welche ­neben der Spur.“

„Machtbesoffene!“

„Denen es schnurz ist, ob was kollabiert!“

„Denen es gar nicht um die Fahrgäste geht.“

„Und ob die überhaupt noch die Tickets bezahlen können!“

„Für dumm verkauft werden wir.“

„Nicht mal mehr hintenrum, direkt vorne herum werden wir abgezogen.“

„Das ganze Leben ist eine einzige Verkehrsgesellschaft.“

„Na, immerhin kann man für die am Steuer ein Kreuzchen machen.“

„Is egal, wo ich mein Kreuzchen mach, niemand denkt jemals an meine Bedürfnisse!“, ruft der Mürrische.

„Und die wären?“, fragt eine Frau.

„Dass ich einfach mal wichtig genommen werde!“

„Inwiefern denn genau?“, hakt sie nach.

„Na, ich eben als ich, dass der Staat mir mal sagt: Ich seh’ dich!“

„So wie bei Social Media?“

„Was weiß ich! Ich reg mich auf wie verrückt und niemanden interessiert’s!“

„Aber was regt Sie denn so auf?“

„Na, alles, mein Leben ist eine überfüllte stinkende Busfahrt nach der anderen!“

„Und dafür ist die Politik verantwortlich?“

„Na, zumindest dafür, dass er keinen Therapieplatz bekommt!“, sagt eine Frau.

„Da muss der Lauterbach ran, und zwar fix!“, ruft ein Mann.

„Ne Freundin würde mir schon reichen!“, murmelt der Mürrische.

„Dazu hatte doch die AfD Antworten“, sagt jemand.

Hass ist the Answer to get Love?“, fragt ein junger Typ.

„Was war dann da die Frage?“

„Irgendwas mit wahrer Männlichkeit.“

„Die Angelegenheit hat in der Weltgeschichte ja stets Unheil angerichtet.“

„Jetzt wurde es in der Tendenz besser, da kam die AfD um die Ecke.“

„Angehetzt aus der Hölle.“

„Love ist the Answer!“

„Was war da noch die Frage?“

„Wie kann man die Welt besser machen, die Menschen froh, munter, tolerant und offenherzig?“

„Dann wäre die Hassfrage doch einfach die gleiche, nur eben ins Gegenteil verkehrt!“

„Aber muss man darauf antworten?“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jasmin Ramadan
Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman Roman „Auf Wiedersehen“ ist im April 2023 im Weissbooks Verlag erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Danke für diese profund tiefsinnig erzählte Stinkstiefel Kevin allein Busfahrt Geschichte im Massen Gefühlstau von Stopp and Go weiter so, einer geht noch

    „Dazu hatte doch die AfD Antworten“, sagt jemand.

    „Hass ist the Answer to get Love?“, fragt ein junger Typ



    fallen in Love per Special Relationsship das Gebot, die Verheißung radikalisierter Partien wie der AfD, kriegstreibenden Ländern, globalen Netzwerken, Seilschaften durch Mauern, Stacheldraht Hass Verhau Abschiebeknästen nach innen und außen hochgerüstet abgesichert

    Gewalt, Hass unter Parteien institutionalisieren durch Gladiatoren Box-, Ringkämpfe mitHasskappen festen Regeln unterworfen, die von allen Seiten anerkannt werden



    Gladiatorenkämpfe pessimistisch schlechtgelaunt hasserfüllt gewaltgeneigter Zeitgenossen gegen unverdrossen uneinholbar optimistisch gut gelaunte Frohnaturen mit der Friedenstaube Make Love not War unverwüstlichem Lächeln im Gesicht, dass manchen radikalisiert gegen sich selber, der Sinn danach steht, allein oder mit anderen im Kreis so viel zu kotzen, wie sie gar nicht fressen können



    Wir brauchen Hass, schlechte Laune gegen das unverwüstliche Gegenteil geregelter Gladiatoren Sport Arenen, Stadien Geschehen, dem allen Unterhaltungswert bei Busfahrten im Massen Gefühlstau Stopp and Go deeskalierend Unterhaltungswert abzuringen, denn Gewalt in Beziehungen von Personen, Parteien, Ethnien, Ländern, Bündnissen, schlechte Laune, Hass bleiben in der Welt- Frage wie mit denen umgehen, diese einzuhegen, ohne in Hass, Gewaltorgien unterzugehen?