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Klimawandel zerstört KakaoerntenTeurere Schokohasen

Wegen Missernten in den Anbaugebieten ist Kakao knapp. Die Preise für Ostersüßigkeiten sind hoch, die Bauern in Westafrika profitieren jedoch kaum.

Schoko-Osterhasen werden teurer, das ist gut für die Figur Foto: Monika Skolimowska/dpa

Berlin taz | 240 Millionen: So viele Schokohasen wurden in Deutschland fürs kommende Osterfest produziert. Gegenüber dem Vorjahr sei dies ein Anstieg von 0,5 Prozent, meldet der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI). „Der klassische Osterhase aus Vollmilchschokolade ist nach wie vor am meisten gefragt. Aber auch Osterhasen aus zartbitterer oder weißer Schokolade und Dekofiguren wie kleine Lämmer, Eier, Möhren oder Küken aus Schokolade sind im Trend“, verkündet der Verband.

Allerdings stellt sich die Frage: Wie froh ist die Botschaft für die Verbrauer:innen? Schließlich ist mit den bis zuletzt stark gestiegenen Kakaopreisen auch ein Preisanstieg für Schokolade zu erwarten. Die Importpreise für Kakao seien auch infolge von Missernten zuletzt so stark anstiegen wie seit 20 Jahren nicht, erklärte das Statistische Bundesamt am Dienstag.

Demnach kletterten die Einfuhrpreise im Januar 2024 verglichen mit dem Vorjahresmonat um 73,4 Prozent. Hintergrund sind die schlechten Ernten in den Kakaoanbaugebieten in Westafrika, der wichtigsten Herkunftsregion für Kakao weltweit. 60 Prozent des Kakaos stammt aus der Elfenbeinlüste und Ghana. Grund für die mageren Ernten: der Klimawandel.

Dies zeigt auch eine Analyse des Imperial College London. Die am Montag erscheinende Studie zeigt, dass der Klimawandel in der Region in den vergangenen Jahrzehnten zu häufigerem und intensiverem Starkregen und hohen Temperaturen geführt hat. Der Klimakrise hat damit indirekt den Preis von Kakao innerhalb eines Jahres mehr als verdreifacht.

Schokohasen zur Weihnachtszeit produziert

Hiesige Schokofans sind dennoch nicht so stark betroffen. Noch nicht. Auf Anfrage sagt Solveig Schneider vom BDSI: „Da die Schokohasen mit mehreren Monaten Vorlauf produziert werden, hatte der Anfang des Jahres stark angestiegene Kakaopreis keine Auswirkungen auf deren Produktion.“ Tatsächlich war der Kakaopreis in der Weihnachtszeit, wenn die Hasen produziert werden, viel tiefer.

Eine Untersuchung des Zahlungsanbieters Sumup zeigt, dass die Schokohasen dieses Jahr dennoch um bis zu 20 Prozent teurer sind als im Jahr zuvor. Möglicherweise sind die Preise also schon in Erwartung höherer Kosten angestiegen. Zu den Preisen will sich Lobbyistin Schneider aus kartellrechtlichen Gründen jedoch nicht äußern.

Auf jeden Fall kommt das Geld nur zum kleinen Teil bei den Produzenten an. Man müsse sich vor Augen führen, „dass lediglich sechs Prozent des Verkaufspreises bei den Bäuerinnen und Bauern in den Anbaugebieten ankommt“, kritisiert der WWF. Die Umweltorganisation warnte vor einem „Teufelskreis der Armut“ bei den Kakaobauern.

„Extremwettereignisse wie länger anhaltende Dürreperioden, Starkregen oder Überflutungen führen zu geringeren Erträgen und Qualitäten und sogar zu vollständig zerstörten Ernten“, erklärte WWF-Referentin Kerstin Weber. Das treibe zwar die Preise, diese Erhöhungen kämen bei den Bäuerinnen und Bauern aber viel zu wenig an.

Laut WWF sind die Anbausysteme in den Anbauländern ein entscheidender Faktor der Kakaoknappheit. Denn Kakao werde überwiegend in Monokulturen angebaut, obwohl die Pflanze eigentlich besser im Schatten größerer Bäume gedeihen würde. „Die Böden sind ausgelaugt, die Pflanzen alt und die Erträge bescheiden“, schreibt der WWF. „Da die Kakaopreise lange Zeit sehr niedrig lagen, sind viele Landwirte auf andere Kulturen wie Kautschuk umgestiegen. Zudem haben die verarmten Bauern meist nicht das Geld, um in die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit oder Verjüngung der Plantagen zu investieren.“

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4 Kommentare

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  • "Man müsse sich vor Augen führen, „dass lediglich sechs Prozent des Verkaufspreises bei den Bäuerinnen und Bauern in den Anbaugebieten ankommt“, kritisiert der WWF."



    6% vom Verkaufspreis eines fertigen Schokohasen an die Kakaoproduzentin (m/w/d)? Das wäre schon ganz ordentlich, würde mich wundern.

  • "Möglicherweise sind die Preise also schon in Erwartung höherer Kosten angestiegen."

    Gemäss was wir in dem Buch "Die Sprache des Kapitalismus" gelernt haben sollte der Satz heissen: "Möglerweisesind die Preise [...] angehoben".



    So heben wir hervor, dass Preise keine Identität besitzen und nach eigenem Willen handeln, sondern das Marktbeteiligte aktive handeln.

  • Ein Freund und intimer Kenner der internationalen Schoko-Industrie sagte mir, dass der wahre Grund für die enorme Kakao-Preissteigerung der massive Aufkauf durch den Agrar-Multi Cargill sei. Klimakrise etc. sind dagegen bisher eher kleine Faktoren.

    • @jan ü.:

      Das kann ich bestätigen. Cargill kauft seit Jahren in Schüben immer wieder die kompletten Börsen leer.



      Die sind auf allen Kontinenten zuhause, immer wieder gibt es Vorwürfe über Kinderarbeit und Zwangsarbeit auf ihren Farmen, die aber immer wieder auf wundersame Weise im Sande verlaufen... 💸



      Ursprünglich haben die nur in Logistik von Lebens- und Futtermitteln gemacht, aber seit einiger Zeit kaufen die die kompletten Produktionsketten auf - auch in Deutschland, auch in Berlin, die ehemaligen Schwartauer Werke gehören bspw auch zu Cargill... 🫢



      Da Cargill aber in Privatbesitz ist, schwirren die völlig unter dem Radar - nur mal zur Einordnung, die sind die größte nicht börsennotierte Gesellschaft der gesamten USA... Die schmeißen komplette Bankette in Washington etc, das ist Lobbyismus next Level 😂



      Wenn ich es richtig im Kopf habe, haben die flockige 160 Milliarden im letzten Jahr umgesetzt.



      Die wären mal ne Reportage wert liebe taz 😉 - dass das Klima für den Kakaopreis nur bedingt taugt könntet ihr auch daran erkennen, dass die Einkaufspreise bisher nur auf den Routen und Börsen Richtung USA - und mehr noch Europa - durch die Decke gehen... zufälligerweise da halt, wo Cargill mehr oder minder monopolistisch mittlerweile den Finger drauf hat... 🤫



      www.bloomberg.com/...dded-checkout=true



      und



      www.confectioneryn...zilian-cocoa-farms



      und



      www.cargill.de/de/standort-berlin