Fast Fashion in Frankreich: Gesetz gegen Wegwerfmode
Zu Tiefstpreisen können auf Online-Plattformen wie Shein oder Temu Kleider bestellt werden. Frankreich will das nun teurer und unattraktiver machen.
Der Begriff Ultra Fast Fashion bezeichnet ein Modesegment mit extrem niedrigen Preisen und gleichzeitig extrem schnellen Produktionszyklen. Neue Modelle kommen hier teilweise im Minutentakt auf den Markt, Waren wie Schuhe oder Abendkleider gibt es für weniger als 10 Euro. Populärster Händler ist die chinesische Plattform Shein. Unternehmen wie H&M oder Zara zählen dagegen zum Fast-Fashion-Sektor.
Der französische Gesetzgeber will Ultra Fast Fashion nun eindämmen. Für die schlimmsten Umweltsünder unter den Online-Textilunternehmen soll ein Werbeverbot gelten. Auch Influencer sollen nicht mehr für Produkte dieser Hersteller werben dürfen. Zudem sollen die geringen Preise der Unternehmen durch Zuschläge ausgeglichen werden, die die Umwelt- und Sozialstandards bei der Produktion berücksichtigen.
Die genauen Zahlen werden erst in den Ausführungsbestimmungen stehen, wenn das Gesetz in Kraft tritt. In die Debatte hatte die Regierung aber einen Zuschlag von 50 Prozent des Verkaufspreises eingebracht: Ein T-Shirt würde dann, so die Händler die Preise weitergeben, statt 5 Euro 7,50 Euro kosten. Ein Shein-Sprecher kritisierte daher, das französische Gesetz werde zu Lasten der Kaufkraft der Kunden gehen.
Drei Händler im Visier
„Die Textilindustrie gehört zu den größten Verschmutzern und ist für 10 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich“, erklärte die Abgeordnete Anne-Cécile Violland von der Regierungspartei „Horizons“ im Rahmen der Debatte vor der Nationalversammlung. Wenn nichts geschehe, steige dieser Anteil bis 2050 auf 26 Prozent.
Und das rücksichtloseste Geschäftsmodell setzt sich durch: „Heute kommen 7 von 10 Kleiderartikeln aus dem Lowcost-Bereich, wir sind mit einer Quasi-Hegemonie der Tiefstpreismode konfrontiert“, sagt Julia Faure, Gründerin der Modefirma Loom. Die Firma ist auch Mitglied des von mehreren NGOs gegründeten Kollektivs „En Mode Climat“, das sich für eine umweltverträglichere Textilproduktion einsetzt und das nun abgestimmte Gesetz unterstützt. Die Initiative bemängelt allerdings, dass mit den darin vorgesehenen Kriterien nicht auch für Modeketten wie Zara oder H&M Zuschläge vorgesehen sind.
Im Visier der französischen Gesetzgebung stehen vor allem drei Händler: Temu, Shein und Primark. Nicht nur jüngere Fashion-Addicts kennen diese Firmen. Die ersten beiden funktionieren als reine Online-Plattformen, Primark betreibt auch Filialen.
Dank aggressiver Marketing-Methoden stößt man ständig auf ihre preislichen Tiefstangebote. Bezahlt von den Unternehmen tragen zahlreiche Influencer das Ihre bei, um das laufend wechselnde und erweiterte Angebot der Online-Kataloge einem möglichst breiten Konsumentenkreis zugänglich zu machen. Schätzungsweise 7.000 neue Artikel werden darin pro Tag aufgeführt.
„Von 2,8 Milliarden neuen Bekleidungsartikeln für das Jahr 2022 sind wir in nur einem Jahr auf 3,3 Milliarden angelangt“, sagte der französische Umweltminister Christophe Béchu. Immer mehr Kleider und ständig schlechtere Produktionsbedingungen bedeuteten eine exponentielle Steigerung der Umweltbelastung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Jaywalking in New York nun legal
Grün heißt gehen, rot auch
Orbán und Schröder in Wien
Gäste zum Gruseln
Steinmeiers Griechenland-Reise
Deutscher Starrsinn
Prognose zu KI und Stromverbrauch
Der Energiefresser
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los