Meduza-Auswahl 29. Februar – 6. März: Zur Wahl gehen? Lieber nicht!
Am 15. März wählt Russland seinen Präsidenten, die Beteiligung soll historisch niedrig ausfallen. Wie der Kreml versucht gegenzusteuern. Texte aus dem Exil.
Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.
In der Woche vom 28. Februar bis zum 6. März 2024 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:
Kreml passt Strategie zur Wahlmanipulation an
In Russland wird vom 15. bis 17. März der neue – und wohl auch alte – Präsident gewählt. Dieses Jahr wird dieser Prozess noch weniger spannend als sonst, berichtet Meduza. Denn das Interesse der Wähler*innen ist historisch niedrig.
Um eine höhere Wahlbeteiligung zu erzwingen, gehört es seit Jahren zur Strategie des Kremls, von der Regierung abhängige Angestellte unter Druck zu setzen. Die sollen ihre Freunde und Verwandten überzeugen, bei Wahlen die Partei Wladimir Putins anzukreuzen. Ihnen wird mit Jobverlust gedroht. Dieses Jahr funktioniert diese Maßnahme jedoch nicht mehr, denn Russland sieht sich derzeit mit einem schweren Arbeitskräftemangel konfrontiert.
Der Meduza-Korrespondent Andrei Perzew berichtet in diesem Beitrag (englischer Text) über die neue Strategie des Kremls zur Erhöhung der Wahlbeteiligung.
Gefragt sind etwa die Mitglieder und Anhänger der Regierungspartei Einiges Russland. Jeder von ihnen ist beauftragt, 10 weitere Personen zur Wahl schicken. Nach Angaben einer Quelle, die der Führung von Einiges Russland nahesteht, gibt es diese Anweisungen schon seit mehreren Jahren: „Wenn man Mitglied ist und die damit verbundenen Privilegien genießt, wird erwartet, dass man sich für die Partei engagiert. Parteimitglieder machen unter ihren Verwandten und Freunden Wahlkampf“, so die Quelle.
Russlands dekoloniale Bewegung nimmt an Fahrt auf
Als der Angriffskrieg begann, befürchteten viele in den ethnisch diversen Teilrepubliken der russischen Föderation, dass der Kreml auf nichtslawische Minderheiten als Kanonenfutter setzen würde. Genau so kam es auch. Unter den Todesopfern in der Ukraine sind die Mehrheit nichtslawische Russen. Die indigenen Völker Russlands sind bei den Verlusten an der Front im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung des Landes deutlich überrepräsentiert.
Mit der dekolonialen Bewegung in Russland beschäftigt sich dieser Beitrag (englischer Text). Einst Mitbegründerin und führendes Mitglied der Free Buryatia Foundation – einer Interessengruppe zur Unterstützung von Kriegsdienstverweigerern aus der sibirischen Republik Burjatien –, leitet Viktoria Maladajewa heute das Projekt “Indigenous of Russia“. Das Ziel des Projekts ist, Mitglieder der mehr als 190 in Russland lebenden indigenen und ethnischen Minderheitengemeinschaften zu vernetzen.
Maladajewas Gesicht ist vor allem durch die sozialen Medien bekannt geworden. Wie Indigenous of Russia gibt es viele indigene Initiativen, von denen einige zu Beginn der russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022 entstanden. Sie kämpfen gegen die systematische Ungerechtigkeit, die der nichtslawischen Bevölkerung in Russland widerfährt.
Angst vor russischen Atomwaffen im Weltraum
In einer neuen Folge des Podcasts „The Naked Pravda“ beschäftigt sich Meduza mit einer nuklearen Bedrohung durch Russland (englischer Text). Es sprechen der Atomwaffenexperte Pavel Podvig sowie ein leitender Forscher des UN-Instituts für Abrüstungsforschung.
Im Podcast diskutieren die Gäste über angebliche Pläne Russlands, im Weltraum Atomwaffen zu stationieren. Themen in der Folge sind unter anderem die Frage, wie praktikabel Atomwaffen im Weltraum sind, der Weltraumvertrag von 1967 und seine Auswirkungen auf die heutige Zeit sowie häufige Missverständnisse über den Weltraum in Filmen.
„Die Anzahl der Menschen gab uns Hoffnung“
Am Freitag, dem 1. März, wurde der russische Oppositionspolitiker Alexei Nawalny in Moskau begraben. Für viele Meduza-Leser*innen war die Teilnahme an der Trauergemeinde eine Gelegenheit, sich wiederzusehen und zusammenzukommen. In diesem Beitrag (russischer Text) sammelt das Exilmedium Stimmen einiger Teilnehmer*innen. „Ich war froh, so viele vernünftige Menschen ganz unterschiedlichen Alters zu sehen. Das bedeutet, dass wir nicht aufgeben und die Hoffnung verlieren sollten“, erklärt etwa Daria. „Es war sehr traurig, aber die Anzahl der Menschen, die wir sahen, gab uns auch Hoffnung“, sagt Ekaterina.
In einem anderen Beitrag (russischer Text) analysiert der russische Journalist Schura Burtin, warum er an ein „schönes Russland der Zukunft“ nicht mehr glaubt, nachdem Nawalny ermordet wurde. „Es ist gefährlich, darauf zu hoffen, dass es in absehbarer Zeit irgendetwas Normales mit Russland geben wird. Wir haben es mit einem bösartigen Prozess zu tun, der lange nicht aufhören wird“, schreibt Burtin.
Zur Beerdigung Nawalnys veröffentlicht Meduza in diesem Artikel (englischer Text) eine Sammlung von Videos und Bilder der Zeremonie am 1. März 2024 in Moskau.
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