Westliche Diplomaten bei Kim Jong Un: Nordkoreas großer Sprung zurück
Erstmals seit Corona sind wieder deutsche Diplomaten nach Pjöngjang gereist. Doch das Kim-Regime öffnet sich nur äußerst schleppend und selektiv.
Immerhin gibt es erste Anzeichen, dass sich das Regime wieder etwas öffnet. Doch zeigt sich deutlich, dass das Land – mehr noch als früher – nur ganz wenigen erlesenen Besuchern Einlass gewährt. Die Prioritäten lassen dabei tief blicken: Am 9. Februar landeten zum ersten Mal nach der Pandemie Touristen am Flughafen von Pjöngjang.
Auf Fotos ist zu sehen, wie die 97-köpfige Reisegruppe in knalligen Daunenjacken und stylischen Sonnenbrillen Nordkoreas Hauptstadt erkundet. Die ausschließlich russischen Gäste waren zu einer viertägige Reise im Land, die sie auch in das vor zehn Jahren eröffnete Masik-Ryong Skigebiet geführt hat.
„Absolute Monarchie und totalitäre Diktatur“
Doch die Eindrücke der Teilnehmer fielen gemischt aus. „Meiner Meinung nach ist die Besichtigung so vieler Denkmäler uninteressant für einen Menschen, der aus dem postsowjetischen Raum stammt“, meint die Russin Iulia Meshkova. Auf Instagram postet sie ihr enttäuschtes Reise-Fazit: „Insgesamt gibt es in dem Land keinen Kommunismus, sondern eine absolute Monarchie mit einer totalitären Diktatur.“ Deshalb werde sie Nordkorea aus moralischen Gründen nicht wieder besuchen, schreibt sie.
Es mag längst überfällig erscheinen, dass Nordkorea wieder Touristen ins Land lässt. Dennoch ist ernüchternd zu sehen, wen Machthaber Kim Jong Un außen vor lässt. Denn seit Jahren und bis zum heutigen Tag konnten sämtliche internationalen Hilfsorganisationen keinen einzigen Mitarbeiter mehr nach Pjöngjang entsenden. „Wir fordern unsere Regierungspartner in der Demokratischen Volksrepublik Korea weiterhin dringend auf, die schnellstmögliche Rückkehr unserer internationalen Mitarbeiter zu ermöglichen“, heißt es von einer Sprecherin des UN-Kinderhilfswerks Unicef.
Organisationen wie Unicef oder die deutsche Welthungerhilfe befinden sich in einer besonders heiklen Situation. Denn sie müssen weiter administrative Kosten und Büromieten zahlen, um ihre Präsenz im Land nicht vollständig zu verlieren. Doch zugleich können sie nur über Zoom-Gespräche Kontakt zu Lokalkräften halten, nicht jedoch selbst Projekte vor Ort evaluieren – geschweige denn prüfen, wie hoch der Bedarf an humanitärer Hilfe tatsächlich ist.
Nur Gäste aus freundlich gestimmten Nationen
Beobachter glauben, dass dies der neue Normalzustand ist: Kim Jong Un möchte künftig weder westliche Touristen, noch NGO-Mitarbeiter oder neugierige Journalisten ins Land lassen, sondern nur Vertreter aus explizit freundlich gestimmten Nationen. Denn das Regime betrachtet den Austausch als ideologische Gefahr für die eigene Bevölkerung.
Die möglichen Beweggründe für die zunehmende Isolation hat der Nordkorea-Experte Rüdiger Frank von der Universität Wien in einem Essay für das Fachmagazin 38 North unter dem Begriff „De-Risking“ (Risikominderung) zusammengefasst.
Während China und Russland zunehmend wirtschaftliche Möglichkeiten bieten, sind dadurch die Anreize für Pjöngjang deutlich gesunken, sich mit dem Rest der Welt auseinanderzusetzen. Dementsprechend habe die Parteiführung in Pjöngjang viele Öffnungsmaßnahmen wieder zurückgenommen – etwa die diplomatischen Vertretungen im Ausland deutlich reduziert, darunter zum Beispiel in Spanien.
Das hermetische abgeriegelte Königreich, wie Nordkorea oft genannt wird, ist nach einer kurzen, zaghaften Öffnungsphase wieder isolierter geworden. Denn die Welt bewege sich aus Sicht Pjöngjangs auf einen „neuen Kalten Krieg“ zu, wie Machthaber Kim Jong Un bei der Obersten Volksversammlung im Vorjahr selbst gesagt hat.
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