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Sexismus auf TikTokDie digitale Schmuddelecke

Auf Tiktok trenden derzeit sexistische Inhalte, die vor allem Frauen beleidigen. Zeit für einen Frühjahrsputz auf Social Media.

Frauen können nur alles falsch machen, entweder sind sie prüde oder Schlampen Foto: Stefan Boness

Es gibt so manche Orte, an die will man einfach nicht geraten. Zum Beispiel eine Schwurbeldemo während der Coronalockdowns oder die Tribüne eines Fußballstadions, von der rassistische Gesänge ausgehen. Meistens sind die Orte selbst nicht das Problem, sondern eher die Menschen, die sich dort aufhalten und diese zur Schmuddelecke machen.

In den sozialen Medien gibt es so eine Schmuddelecke auch. Dort werden Frauen nach ihrem Body-Count, also mit vielen Männern sie Sex hatten, gefragt. Jährlich flammt dieser Trend auf, auch derzeit macht er wieder seine Runden.

Es geht um Maskulinität und weibliche „Energie“. Die Videos, die es dazu gibt, sind oft sehr ähnlich: Männer, oft breit wie Möbelpacker, werfen große Worte um sich und posaunen ihren sexistischen Bullshit ungefiltert in die Welt hinaus. Im Hintergrund läuft dramatische Musik, man(n) muss ja unterstreichen, dass man ein Alpha-Male ist.

„Mach nicht denselben Fehler immer und immer wieder, indem du mit einer Feministin in die Kiste steigst!“

„Männer und Frauen können nicht befreundet sein, dass liegt nicht in unserer Biologie.“

„Sie hat schon mit fünf Typen geschlafen. Ekelhaft.“

„Frauen wollen einen Mann, der sie begehrt, aber sie nicht braucht.“

„Frauen lieben Player!“

Wie hoch ist dein Body-Count?

Aussagen wie diese haben eine klare Funktion. Sie sollen Frauen zeigen, dass sie sich nur selber schaden, wenn sie selbstbestimmt leben wollen. Dass es ihnen doch viel besser ginge, wenn sie doch nur auf den Mann hören würden. Dass sie kein eigenständiges Sexleben führen dürfen. Aussagen wie diese sollen Frauen klein halten.

Schon die Frage nach dem Body-Count, die derzeit auf Tiktok umgeht, ist sexistisch. Die Frage ist für Männer und für Frauen unterschiedlich.

Je höher der Body-Count bei Männern, desto besser. Man ist der „Player“ und der dominante, maskuline Mann, wenn man mit vielen Frauen schläft. Als Frau kann man diese Frage gar nicht erst richtig beantworten. Wenn der Body-Count niedrig ist, ist man prüde, wenn er hoch ist, eine Schlampe.

Manche kennen solche Gespräche und ähnliches vielleicht noch vom Pausenhof. Doch wie Body-Count und Co jetzt in den sozialen Medien so prominent thematisiert werden, gibt dem ganzen eine neue Dimension.

Im echten Leben kann man sich dem leichter entziehen, man kann die schmuddeligen Orte ganz einfach meiden, nicht hingehen, einen großen Bogen um sie machen. Doch auf Tiktok wird man hineingezogen wie von einem Strudel. Es reicht schon, ein mal ein Video von „WinnerMindset“, „The High Caliber Man“ oder anderen sogenannten „Men-Coaches“ vorgeschlagen zu bekommen.

Wie bei den Pausenhof-Bullys

Und ja, diese Accounts gibt es wirklich, ich hab meinen Tiktok-Algorithmus ruiniert, damit ihr es nicht müsst. Eine Sekunde zu lange auf so einem Video verweilt und schon wird der Feed von weiteren geflutet.

Warum sich so viele Menschen, vor allem Männer, in dieser Ecke pudelwohl fühlen, das kann ich nur vermuten: Es muss etwas mit dem Selbstwertgefühl zu tun haben. Andere klein halten, um sich selbst groß zu fühlen. So war das auch bei den Pausenhof-Bullys.

Ähnlich wie bei Mobbern ertappt man sich dabei, auch ein klein wenig Mitleid mit diesen Menschen zu verspüren. Man stelle sich vor, das Selbstwertgefühl ist zu niedrig, um eine Freundschaft mit einer Frau zu führen. Ich kann nur sagen, mir würde es nicht gut gehen, wenn plötzlich die Hälfte meines Freundeskreises futsch wäre.

Klar ist, die Schmuddelecke könnte einen richtigen Frühjahrsputz gebrauchen. Und wenn man schon dabei ist, kann man auch gleich ekelhafte Ausdrücke wie „Body-Count“ – diese Bezeichnung kommt ursprünglich aus der Militärsprache und steht für getötete Feinde, – und ähnliches in den Mülleimer kicken.

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14 Kommentare

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  • Zeit für einen Frühjahrsputz auf Social Media.



    ---



    Ne eher auf dem eigenen "Smart Phone"!



    Wer dort mal in "Einstellungen" geht, das tun aber die wenigsten, weil ist so kompliziert, findet dort auch die Funktion "App löschen"!



    Die zu nutzen, bringt mit einmal "unendlich viel Zeit", erspart viel Ärger, senkt den "Blutdruck" & macht "Leben face to face wieder lebenswert!" :-)



    Wenn was ganz wichtiges "ist", haben wir mit diesem Teilen auch noch die Möglichkeit "ganz altmodisch" eine E-Mail zu versenden, UND, ich erschrecke meine Mitleser ja nur ungern:



    "Mit diesen Teilen kann mit etwas Übung im äußersten Notfall auch "telefoniert" werden!"



    Ps. Für die die es vergessen haben:



    Telefonieren ist so was ähnliche wie "sich sehen & miteinander reden"!



    Nur das "sich sehen" fällt dabei weg, Hauptqualifikation ist dabei "Zuhören & spontan Antworten zu können"! :-)

  • Auf die Gefahr, nun so manche(n) hier zu irrtieren. Auch ich als Mann halte diesen "Bodycount" im höchsten Masse für schwachsinnig.



    Aber die Art und Weise, wie hier klischeehaft und stereotyp sexistisch verallgemeinert ("Aussagen wie diese sollen Frauen klein halten." "Es geht um Maskulinität ") und über Männer hergezogen wird, ist natürlich gar nicht schmuddelig. Gibt es eigentlich auch einmal hier eine Ansicht mit einem positiven Bezug zu Maskulinität?

    Und ich bin sicher, dass in Emanzenkreisen und - Blogs Männer nur in den höchsten Tönen gelobt werden.

    Drum merke wieder einmal: wenn zwei (fast) das gleiche machen, ist es noch lange nicht dasselbe, weil die einen haben die Moral für sich gepachtet, die anderen eben nicht.

  • Social Media abschalten. Die Nachteile überwiegen leider. Oder zumindest twitter (X) und tiktok strenger kontrollieren.

    • @drusus:

      Welche Nachteile denn??

  • "Als Frau kann man diese Frage gar nicht erst richtig beantworten."

    Doch. Auf idiotische Fragen muss der Mensch nicht antworten.

    "Im echten Leben kann man sich dem leichter entziehen, man kann die schmuddeligen Orte ganz einfach meiden, nicht hingehen, einen großen Bogen um sie machen."

    Natürlich ist entziehen möglich. Was zwingt Frau, auf TikTok unterwegs zu sein? Auch in der virtuellen Welt muss der Mensch nicht überall rumlungern. Und diese Proll Typen sind doch nun wirklich nur lächerlich.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Vielen Dank für die Antwort.

      Es sind genau die beiden Punkte in denen auch ich anderer Meinung bin als der Autor.

      'Doch. Auf idiotische Fragen muss der Mensch nicht antworten.'

      Ein wunderbares 'doch'. Ich möchte noch hinzufügen, dass es keine 'falschen' Antworten gibt (das falsch ist hier eine Wertung, die aus den Überzeugungen des (bescheuerten) Fragers entsteht). Da wir gerade diese Überzeugungen für überholt halten, kann eine Antwort (die der hinter der Frage stehenden Denkweise widerspricht), nicht falsch sein. Man muss halt aushalten, dass die andere Seite eventuell unbelehrbar ist.

      'Natürlich ist entziehen möglich.'

      In jedem Falle.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Merci! Damals in den analogen Zeiten hat frau diese Typen auch einfach stehengelassen, in guten Momenten mit einem bösen Spruch zum Abgang, in weniger schlagfertigen mit einem einfach FU.



      Mit einem gewissen Prozentsatz an Dominanzmännchen und Unterwerfweibchen wird die Gesellschaft wohl immer leben müssen - müssen ja nicht die eigenen Freund:innen sein ;)

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      "lächerlich" - ja das sind sie aber einflußreich. wie kriegt man diese vergiftung mit rechten, rückständigen influencerInnen zurückgedrängt?



      das wort "frühjahrsputz" ist ganz niedlich, nur wie soll derselbe aussehen?



      einfach ignorieren hilft da nicht viel weiter, wenn die männliche jugend (frauen sind da schon immer schlauer) sich von diesen einflüssen beinflussen läßt. weil sie halt unmännlich sind, aber gerne männlich wären.



      pure schwäche des angeblich "starken" geschlechts. oder? dümmer als die gleichaltrige kohorte der jungen frauen, schlechter ausgebildet usw.

      • @Brot&Rosen:

        ....wie kriegt man diese vergiftung mit rechten, rückständigen influencerInnen zurückgedrängt?



        ---



        Mal "dumm" gefragt!



        Wer zieht sich denn freiwillig, Werbung, bzw. "bezahlte Werbung" von gekauften... passendes selbst einsetzen.." rein?



        Nur weil es "kostenlos" zu sein scheint!



        Sind das die gleichen Leute, die schon zu Holzprint-Zeiten, ein Medium nicht wg. der Informationen sondern wg der "Nachrichten" kauften?



        Selbst zur "ehemals typischen Nachnutzung" als Ofen Anzünder, zum Fisch & Gemüse einwickeln, usw. ist diese Medien-Form doch nicht mehr nötig & brauchbar? :-)

      • @Brot&Rosen:

        Ich kann nicht umhin, das Erstarken der Rechten als Schwäche der Linken zu sehen.

        Mal ganz ehrlich, was hat die Linke jungen Männer zu sagen? Sie seien privilegiert und überbewertet.



        Anstatt ihre ganze Energie einzusetzen, sollen sie lieber zur Seite treten, denn ihre Ambitionen sind suspekt. Sonderlich attraktiv ist das nicht.

        Hier rächt sich, dass es die Linke seit Dekaden nicht schafft, eine positive Perspektive für junge Männer zu entwickeln.

        • @Mahler Brigitte:

          "Hier rächt sich, dass es die Linke seit Dekaden nicht schafft, eine positive Perspektive für junge Männer zu entwickeln."

          Eine wäre ja z.B. die Zeit nicht mit Body-Counts zu verschwenden.

          Es stimmt zwar, dass hier und da etwas zu pauschal über weiße CiS Männer geschimpft wird, aber im großen und ganzen ist die Forderung einfach, sich nicht als Mittelpunkt des Universums zu sehen und Frauen zu achten. Für die Mehrheit der Männer ist das völlig in Ordnung.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            "[...] sich nicht als Mittelpunkt des Universums zu sehen und Frauen zu achten" sind keine Perspektive.

            Die Frage, wie sich ein junger Mann einsetzen bzw. was er erstreben soll, ist also nicht geklärt.

            Geld scheffeln und Body Count sind zwar bescheuerte Ziele, aber sie sind zumindest Ziele. Damit ist in der Rechten Community klar, wie sich junge Männer Respekt verschaffen können.

            Ich glaube nicht das junge Männer rechte Weltbilder per se attraktiv finden, sondern nur aus Ermangelung von Alternativen.

            • @Mahler Brigitte:

              "Die Frage, wie sich ein junger Mann einsetzen bzw. was er erstreben soll, ist also nicht geklärt."

              Eigentlich schon. Es sind die gleichen Perspektiven und Ziele, wie für jeden anderen Menschen.

              -sich eine Existenz aufbauen



              -jemanden finden, mit dem man glücklich sein kann



              -Träume verwirklich



              usw.

              Dem alten Patriachat nachheulen, ist jedenfalls keine Perspektive. Perspektiven sind immer vorn, nicht hinten.

              Und wie gesagt. Die meisten jungen Männer kommen damit auch gut zurecht.

      • @Brot&Rosen:

        Ignorieren hilft schon. Wenn die Prolle immer weniger Menschen finden, mit denen sie ihren Body-Count (was für ein furchtbares Wort) erhöhen können, nimmt die Zahl auf evolutionärem Weg mit der Zeit ab.

        Wirksamstes Mittel ist also, einen Bogen drum zu machen. Sich in der virtuellen Welt mit ihnen rumzuschlagen, bringt nichts. Sie müssen in der realen Welt spüren, dass sich niemand für ihren kleinen Proll interessiert. Es gibt ja durchaus genug Männer, die der Steinzeit entwachsen sind, als Alternative.