Einreisesperre für Rechtsextremen

Der Österreicher Martin Sellner von den Identitären warb in Potsdam für einen „Remigrations“-Plan, jetzt prüft die Stadt ein Einreiseverbot. Viele sprechen sich dafür aus. Trotzdem will er kommen

Von Konrad Litschko

Es scheint ernst zu werden für den österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner: Die Bundespolizei bestätigte der taz, dass die Ausländerbehörde der Stadt Potsdam eine Einreisesperre gegen den 35-Jährigen prüft.

Sellner war Teil des „Geheimtreffens“ von AfD-Leuten und anderen Rechtsextremen in Potsdam, wo ein „Remigrations“-Plan zur millionenfachen Vertreibung aus Deutschland vorgestellt wurde.

Eine Sprecherin der Stadt Potsdam erklärte, zu personenbezogenen Verwaltungsvorgängen könne sie sich nicht äußern. Aber: „Bestätigen können wir, dass auf Hinweis von Bundessicherheitsbehörden die Landeshauptstadt prüft, ob von den in Potsdam als Ort der Zusammenkunft getroffenen Aussagen eine Gefahr für die Sicherheit und öffentliche Ordnung ausgeht.“ Ebenso werde geprüft, „wie Wiederholungen im Rahmen einer örtlichen Zuständigkeit mit rechtsstaatlichen Mitteln zu verhindern sind“, so die Sprecherin.

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) betonte: „Wer den Unrechtsstaat vermeiden will, muss den Rechtsstaat nutzen.“ Seine Sprecherin unterstrich, die Stadt sei „im Grundsatz bereit, alle ihr zu Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mittel zu nutzen und dabei zu unterstützen, um eine Gefährdung für die Sicherheit und öffentliche Ordnung zu unterbinden“.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) erklärte, Potsdam könne eine derartige Maßnahme durchaus prüfen. „Wichtig ist aber, dass eine solche Maßnahme rechtssicher angeordnet wird und einer gerichtlichen Prüfung standhält.“

Laut Spiegel hat die Bundespolizei für Sellner bereits vor einigen Tagen in ihrer internen Fahndungsdatenbank eine Einreiseverweigerung eingetragen – mit Verweis auf eine Gefahrenprognose. Die Bundespolizei wollte sich auf Nachfrage nicht äußern. Ein formales Einreiseverbot für EU-Bürger hat hohe Hürden. Dass bei einem Aufenthalt tatsächlich Straftaten drohen, muss belegt werden.

Vor anderthalb Wochen hatte das Bundesinnenministerium bereits in einer nichtöffentlichen Sitzung des Innenausschusses im Bundestag erklärt, dass eine Einreisesperre für Sellner geprüft werde. Parallel hatten der Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler, sowie die Linken-Politikerin Martina Renner diese Forderung öffentlich vertreten. Auch das bayerische Innenministerium begrüße die Diskussion.

Sellner selbst, Gesicht der als rechtsextrem eingestuften Identitären, nannte eine Einreisesperre eine „hysterische Maßlosigkeit“. AfD-Rechtsextremist Björn Höcke sprang dem Österreicher bei und bezeichnete den Vorgang als „lächerlich“.

Sellner kündigte an, er wolle das Einreiseverbot auf die Probe stellen und am Montagabend (nach taz-Redaktionsschluss) nach Passau fahren, um dort einen Kaffee zu trinken. Dem Rechtsextremen aber schwante bereits vor Tagen Unheil: Es könnte eine „Verbotsoffensive“ gegen die rechte Szene bevorstehen, fürchtete er. Sellner war bereits 2018 in Großbritannien mit einem Einreiseverbot belegt worden.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am Wochenende bei einem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in der Gedenkstätte Ravensbrück erklärt, man werde verhindern, dass „in Deutschland jemals wieder Menschen systematisch entrechtet und vertrieben, verfolgt und ermordet werden“. Man müsse sich denen entgegenstellen, „die auf Ausgrenzung, Rassismus und Diskriminierung setzen“.