AfD-Kader diskutieren Vertreibungen

Bei einem Geheimtreffen diskutierten AfD-Politiker mit Rechtsextremen einen Plan für rassistische Massenvertreibungen, wie das Recherchezentrum Correctiv berichtet

Ebenso wie das Treffen sollten auch die rechtsradikalen Ausrichtungen der AfD geheim bleiben Foto: Fo­to:­Carsten Koall/dpa

Von Jean-Philipp Baeck

Bei einem geheimen Treffen sollen einflussreiche AfD-Politiker*innen mit Rechtsextremen einen rassistischen Plan für massenhafte Vertreibungen von Deutschen mit Migrationshintergrund diskutiert haben. Das geht aus einem Bericht des Recherchezentrums Correctiv hervor. Auch der persönliche Referent der AfD-Bundesvorsitzenden Alice Weidel war demnach mit dabei.

Das Treffen habe Ende November in einem Hotel in Potsdam stattgefunden. Laut dem Bericht stellte Martin Sellner, ein langjähriger Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB), dort einen „Masterplan“ zur „Remigration“ vor, bei dem es um die massenhafte Ausbürgerung und Vertreibung von Deutschen mit Migrationshintergrund ging. Das beträfe Millionen von Menschen.

Die anwesenden Po­li­ti­ke­r*in­nen sollen sich während des Treffens mit dem Konzept einverstanden gezeigt haben. Sie hätten diskutiert, wie genau sie diese Strategie gemeinsam in die Tat umsetzen wollten, sollte die AfD in Regierungsverantwortung gelangen.

Umgesetzt werden solle der Plan demnach auch mit Hilfe eines „Musterstaates“ in Nordafrika, in den bis zu zwei Millionen Menschen bewegt werden könnten. Auch Menschen, die sich in Deutschland für Geflüchtete einsetzen, könnten dorthin gebracht werden, soll Sellner gesagt haben.

Das Rechercheteam von Correctiv hat das Treffen nach eigenen Angaben unter anderem vor Ort undercover mit Kameras dokumentiert.

Die Enthüllungen könnten die Diskussionen um ein Parteiverbot der AfD weiter beleben. Die drei AfD-Landesverbände Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen gelten den Verfassungsschutzämtern bereits als „gesichert“ rechtsextrem. Zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“ gilt vonseiten der AfD eigentlich offiziell ein „Unvereinbarkeitsbeschluss“, seit Jahren findet aber dennoch eine rege Zusammenarbeit statt.

Eingeladen in das Potsdamer Hotel hat laut der Recherche unter anderen der ehemalige Mitbesitzer der Bäckerei-Selbstbedienungs-Kette „Backwerk“, Hans Christian Limmer. Er ist heute einer der Eigner der Restaurant-Franchisemarke „Hans im Glück“. Limmer bestritt die Vorwürfe gegenüber den Journalisten und erklärte, er sei an der Planung nicht beteiligt gewesen. Auch würde er „immer widersprechen“, wenn jemand „deutsche Staatsangehörige als Staatsbürger zweiter Klasse behandeln wollte“.

Roland Hartwig, der Referent der AfD-Bundeschefin Alice Weidel, war auch auf dem Treffen

Bei dem Treffen sollen neben AfD-Politiker*innen und Rechtsextremisten wie Sellner oder dem verurteilten Gewalttäter Mario Müller laut dem Bericht auch Ver­tre­te­r*in­nen vermeintlich bürgerlicher Vereine teilgenommen haben. So sei unter anderem Silke Schröder aus dem Vorstand des Vereins Deutscher Sprache dabei gewesen, ebenso wie Ulrich Vosgerau, ehemaliges Kuratoriumsmitglied der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung sowie CDU-Politiker*innen der rechten „Werteunion“.

Auch Roland Hartwig, der persönliche Referent der AfD-Bundeschefin Alice Weidel, sei in dem Hotel in Potsdam dabei gewesen. Er hat laut Correctiv Einfluss auf höchste Entscheidungsebenen der AfD. Hartwig habe sich in der Runde als Fan des Rechtsextremen Sellner bezeichnet und auf dessen rassistische Vertreibungs- und Ausbürgerungspläne Bezug genommen. Hartwig sagte der Correctiv-Recherche zufolge bei dem Treffen zu, die inhaltlichen Pläne des Treffens in die Partei zu tragen.

Die AfD erklärte nach der Veröffentlichung, Hartwig habe bei dem Treffen „lediglich auf Einladung ein Social-Media-Projekt vorgestellt“ und dort weder politische Strategien erarbeitet noch die Ideen Sellners zur Migrationspolitik „in die Partei getragen“.