Polens Premier Donald Tusk: Der Unterschätzte ist wieder da
Beim EU-Gipfel will Donald Tusk klarstellen, dass die EU der Ukraine mehr helfen müsse. Das ist nicht sein einziges Ziel in der EU-Politik.
Es ist für Tusk die dritte Regierung, der er vorsteht. Die ersten beiden führte er von 2007 bis 2014. Danach ging er nach Brüssel, wo er als EU-Ratspräsident fünf Jahre lang die EU-Gipfel organisierte und sich dabei weltweit vernetzte.
Damals wurde Tusk regelmäßig unterschätzt: „Schafft er das?“, zweifelten auch wohlmeinende Politikexperten immer wieder. Präsident Duda ging so weit, nach der Parlamentswahl vom 15. Oktober erst eine ihm genehme Regierung aus den Reihen der nationalpopulistischen Recht und Gerechtigkeit (PiS) ins Amt zu hieven. Doch er scheiterte. Nach zwei Wochen PiS-Regierung unter Mateusz Morawiecki musste nun Duda doch die proeuropäische Tusk-Koalition aus liberalkonservativer Bürgerkoalition, christlich-agrarischem Dritten Weg und Neuer Linker vereidigen.
Nach der Zeremonie am Mittwoch streckte Duda seine Hand widerwillig anerkennend aus: „Ich möchte Ihnen dazu gratulieren, dass Sie gewonnen haben.“ Er sei grundsätzlich offen für eine Zusammenarbeit mit Tusk, so Duda, auch wenn die beiden Politiker zwei verschiedenen politischen Lagern angehörten und er die letzten acht Jahre PiS-Regierung positiv bewerte. „Ich werde aber nicht alle Ihre Gesetze mit meinem Veto verhindern.“ Tusk bedankte sich höflich und verwies auf die allseits bekannte Eigenschaft der Polen, auch dann noch zu kämpfen, wenn es eigentlich längst aussichtslos sei.
Tusks EU-Politik
Mit diesem Tusk wird es auch die EU wieder zu tun bekommen. Als neuer Premier nimmt er am Donnerstag und Freitag am EU-Gipfel teil und bringt eine klare Botschaft mit: „Die Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine muss massiv hochgefahren werden.“ Das hatte Tusk am Dienstag im Sejm angekündigt, als er sein Regierungsprogramm der nächsten vier Jahre vorstellte. Er werde bei allen Verbündeten sowie in allen Demokratien der Welt dafür werben, die Ukraine wesentlich stärker zu unterstützen.
Tusk wird sich auch für die Erweiterung der EU starkmachen, allerdings beim dafür notwendigen inneren Reformprozess der EU gegen die Aufhebung der Veto-Rechte der einzelnen Mitgliedsstaaten stimmen. Er weiß sich da einig mit den anderen, zumeist osteuropäischen Regierungschefs, deren Länder 2004 der EU beigetreten sind. Sie fürchten, bei ureigenen Interessen „im Osten“ von den Altmitgliedern „im Westen“ ausgebootet zu werden. Andererseits will Tusk aber auch eine starke EU, die in der Weltpolitik der Großmächte mithalten kann.
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