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Friedensnobelpreisträger auf AbwegenDer Fall eines Heilsbringers

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Als Regierungssprecher war Didier Mumengi ein Hetzer während des Genozids in Ruanda. Nun leitet er den Wahlkampf von Präsidentschaftskandidat Mukwege.

Friedensnobelpreisträgers Denis Mukwege im Januar 2023 in Stockholm Foto: Nils Petter Nilsson/TT/imago

W orte können töten. Diese Erkenntnis und die Einsicht in daraus folgende praktische Schritte gegen Hass und Hetze sind nicht erst im aktuellen Nahostkonflikt zentral. 1994 wurde im Afrika der Großen Seen der Völkermord an Ruandas Tutsi, dem eine Million Menschen zum Opfer fielen, von entmenschlichender Rhetorik und staatlich organisierter Hetze begleitet. Wenige Jahre später wurde diese Rhetorik auch in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo salonfähig, als sich erst die Hutu-Völkermordtäter dorthin verzogen und deren Tutsi-Jäger aus Ruanda ihnen hinterherkamen. Führende kongolesische Politiker machten mit bei der Verteufelung von Ruanda und den Tutsi und bei Aufrufen zur Menschenjagd, und manche tun es bis heute. Das ist eine Wurzel, wenn nicht sogar die wichtigste, der bis heute andauernden Kriege, die den Menschen im Osten Kongos unermessliches Leid zufügen.

In weniger als zwei Monaten soll die Demokratische Republik Kongo einen neuen Präsidenten wählen. Zugleich lodern die Flammen der ostkongolesischen Kriege so hell wie selten. In diesem Zusammenhang ist es geradezu bestürzend, dass einer der bekanntesten Hetzer aus den 1990er Jahren, der einstige Regierungssprecher Didier Mumengi, nun Wahlkampfleiter des zur Präsidentschaftswahl antretenden Friedensnobelpreisträgers Denis Mukwege ist.

Der weltweit geachtete Heiler vergewaltigter Frauen, der unermüdlich den Kampf gegen Straflosigkeit fordert, steht in den Augen vieler Friedensgruppen und zivilgesellschaftlicher Organisationen inner- und außerhalb der Demokratischen Republik Kongo für eine würdige Alternative zu Kongos herrschendem Klüngel aus korrupten Politikern und brutalen Warlords. Aber nun verlässt sich „der Arzt, der die Frauen heilt“, für seine politische Karriere auf eine Figur, die in Kongos Geschichte für das genaue Gegenteil steht. Das ist entweder gedankenlos oder skrupellos. In jedem Falle disqualifiziert es Mukwege als Heilsbringer für eines der am meisten unter Gewalt leidenden Länder der Welt.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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