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Lindemann im KitKatKein Safe Space für Till

Benjamin Probst
Kommentar von Benjamin Probst

Der Rammsteinsänger steht beim Besuch im KitKat vor offenen Türen. Der sex-positive Club hat sich damit zum Non-Safe-Space gemacht.

Die Rammstein-Fans bleiben der Band treu Foto: IMAGO / Stefan Zeitz

D ie Füße stillhalten konnte Rammstein noch nie. Auch jetzt, wo zahlreiche Frauen nicht mehr nur dem Frontsänger Till Lindemann, sondern auch dem Keyboarder Christian Flake Lorenz sexualisierte Gewalt vorwerfen, provoziert die Band weiter: Auf den Berliner Konzerten brüllt Lindemann statt wie üblich „alle haben Angst vorm Schwarzen Mann“, „alle haben Angst vor Lindemann“. Und weil die Aftershowparties im Olympiastadion von Innensenatorin Iris Spranger (CDU) verboten wurden, geht er halt in aller Öffentlichkeit in den sex-positiven Technoclub KitKat.

Damit ist endgültig klar: Lindemann und Flake sind die Missbrauchsvorwürfe egal. Das ist angesichts des Verhaltens der Band seit Bekanntwerden der Vorwürfe wenig überraschend. Doch es bleibt noch ein weiteres ungutes Gefühl: Wie sicher können sich KitKat-Besucher*innen vor übergriffigen Männern fühlen?

Eigentlich ist die Location mit ihrer strengen Türpolitik, bei der auch die Handykameras der Gäste abgeklebt werden, darauf aus, Freiräume zu schaffen. Die Freiheit, die das KitKat als vermeintlicher Safe Space immer garantieren wollte, ist jetzt aber dahin. Wer fühlt sich schon frei in einem Club, in dem ein mutmaßlicher Sexualstraftäter unbehelligt neben einem abgeht? Dabei ist egal, ob die Türsteher den Rammstein-Sänger nun absichtlich oder wegen Überforderung reingelassen haben, ein gut geschultes Team sieht anders aus. Offenbar ist der Schuppen in Sachen Awareness schlecht aufgestellt – für einen Freiraum für Sex ist das verheerend.

Neben dem Schaden, den der Club sich damit selbst zugefügt hat, ist er auch zur Stütze des Systems „Lindemann“ geworden. Wieder einmal stehen dem Rammstein-Macho alle Türen offen – auch der Eingang zum KitKat. Die Konsequenzen ihres Handelns wurden der Band wieder einmal nicht aufgezeigt.

Was bleibt, ist die Frage: Können im KitKat auch andere mutmaßliche Sexualtäter einfach ein und aus gehen? Lust auf einen Besuch macht das nicht.

Richtigstellung

Die taz hat an dieser Stelle berichtet, dass Till Lindemann mit seinen Kollegen in den KitKat Club gegangen sei. Das stimmt nicht. Till Lindemann war von Sonntag auf Montag, 16. auf 17. Juli 2023, ohne seine Kollegen im KitKat. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen. Die Redaktion

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Benjamin Probst
Freier Autor; hat in München Radio, Podcast und Zeitung gemacht, jetzt in Berlin gelandet.
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4 Kommentare

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  • Käptn Blaubär , Moderator*in

    Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Ich weiß nicht genau was ich abstoßender finde: Hr. Lindemann oder Hexenjagden gegen ihn. Etwas mehr Distanz und weniger Voreingenommenheit wären wohl angebracht.

  • "Wer fühlt sich schon frei in einem Club, in dem ein mutmaßlicher Sexualstraftäter unbehelligt neben einem abgeht?"

    "Können im KitKat auch andere mutmaßliche Sexualtäter einfach ein und aus gehen?"

    Bisher gaben Sexualtäter dem Türsteher ihr Sexualtätertum jedenfalls nicht bekannt. Genau deshalb gibt es auch keine "Safe Spaces".

    Ich empfehle in diesem Zusammenhang außerdem, sich mal mit den Machwerken des Clubowners Simon Taur auseinanderzusetzen. Mehr ultrahässliche Frauenverachtung geht kaum, mit "Sex Positivity" hat das rein gar nichts zu tun. Das sind Geschäftemacher, keine Menschenfreunde, die dürften sich mit Rammstein gut verstehen.

    Lindemann hier als "mutmaßlichen Sexualstraftäter" zu deklarieren geht außerdem zu weit, üblicherweise werden so Täter seitens der Polizei bezeichnet, bei denen die Sachlage klar ist und für die z.B. ein Haftbefehl vorliegt. Beides ist hier nicht der Fall.

  • Na ich hoffe doch, dass Personen, die einer Straftat bezichtigt werden, nicht automatisch zu Aussätzigen erklärt werden und weiter am gesellschaftlichen Leben teilnehmen dürfen.

    Es wurde noch nicht mal Anklage erhoben.