Vater des Hanau-Täters bedroht Opfer

Er fordert die Anschlagsbetroffene Serpil Temiz Unvar auf, das Land zu verlassen und ihm Geld zu zahlen

Von Konrad Litschko

Er gibt keine Ruhe. Seit Monaten bedrängt der Vater des Hanau-Attentäters, Hans-Gerd R., die von dem Anschlag betroffene Serpil Temiz Unvar. Immer wieder tauchte er vor ihrer Wohnung auf. Nun fordert der 76-Jährige sie in Briefen auf, Deutschland zu verlassen – und ihm eine Millionensumme zu überweisen. Der Sohn von Serpil Temiz Unvar, Ferhat, war bei dem rassistischen Anschlag von Hanau am 19. Februar 2020 erschossen worden, zusammen mit acht weiteren Menschen. Der Täter Tobias R. erschoss zuletzt auch seine Mutter und sich selbst. Sein Vater, bei dem er zuvor gelebt hatte, sorgt seither für Provokationen. Er schrieb Briefe an Behörden, in denen er die Tatwaffe zurückforderte, die Hinterbliebenen nannte er „wilde Fremde“, stellte sich mit seinem Schäferhund vor die nur wenige Meter entfernte Wohnung von Temiz Unvar.

Seit Mai schrieb Hans-Gerd R. nach taz-Informationen die 47-Jährige in Briefen direkt an, im Namen einer selbsternannten „Gedenkstätte R.“. Dort beklagt sich der Rentner über die Berichterstattung über ihn – und wirft der Mutter ein „Krakeelen“ und Verleumdungen vor, die ihm und dem Land „schweren Schaden zugefügt“ hätten. Und Hans-Gerd R. schreibt: „In aller Deutlichkeit, wenn Ihnen als Migrant das Land des Deutschen Volks zuwider ist, dann verlassen Sie es bitte, aber auch zügig, und gehen Sie bitte denkbar dorthin zurück, wo Sie hergekommen sind.“ Temiz Unvar und „ihre Gruppierungen“ seien „eine große Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit und für das Deutsche Volk“. Wegen vermeintlicher Verletzungen seiner Persönlichkeitsrechte fordert er nun 2,7 Millionen Euro. Er werde „nicht ruhen“, bis Temiz Unvar die „erhobenen Forderungen beglichen“ habe.

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hanau bestätigte der taz, dass wegen der Briefe inzwischen gegen Hans-Gerd R. wegen Volksverhetzung ermittelt werde. Die Stadt Hanau hatte Strafanzeige gestellt, nachdem Temiz Unvar über die Briefe informiert hatte. Zudem liefen drei weitere Ermittlungsverfahren gegen R. wegen falscher Verdächtigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

Temiz Unvar sagte der taz, sie lasse sich nicht einschüchtern. Hans-Gerd R. war bereits wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt worden, hatte ein Annäherungsverbot an die Wohnung von Temiz Unvar erhalten. Aber auch die neuerlichen Ermittlungen scheinen ihn nicht zu abzuschrecken. Erst vor wenigen Tagen schickte er wieder einen Brief. Dort beklagt er, er sei „kein Tätervater“, da sein Sohn beim Attentat „nicht der Täter war“. Temiz Unvar wirft er erneut eine Verleumdung vor, mit einer Schadensersatzforderung: 150.000 Euro.