Neuköllner Nazi-Prozess: Baldiges Urteil erwartet

Zumindest gegen einen Angeklagten im Neukölln-Prozess könnte noch im Dezember das Urteil fallen. Die Beweislage für die Brandstiftungen ist dünn.

Blick in den Gerichtssaal mit den angeklagten Neonazis, die ihre Gesichter verstecken

Nazis üben Versteckspiel Foto: dpa

BERLIN taz | Gegen Tilo P., einen der beiden Angeklagten im Prozess um die rechtsextreme Neuköllner Terrorserie, zeichnet sich ein baldiges Urteil ab. Bei der Verhandlung am Montag regte dessen Verteidiger die „Abtrennung“ des Verfahrens gegen seinen Mandanten an, auch die Richterin ließ ihren entsprechenden Willen dazu erkennen. Schon am 7. Dezember, dem nächsten Prozesstag, könnten dann die Schlussplädoyers und ein Urteil folgen.

Vorgeworfen wird P. zusammen mit Sebastian T., die Autos des Linken-Politikers Ferat Kocak und des Buchhändler Heinz Ostermann angezündet zu haben. Gegen T. würde der Prozess fortgesetzt werden, um weiteren Vorwürfen, wie den Betrug bei Coronahilfen nachzugehen.

Erst mal aber wurde der Prozess nach mehreren Anträgen der Nebenklägerin vertagt. Sie will etwa einen Polizisten vorladen, der P. im Dezember 2020 festgenommen hatte. Laut diesem habe P. dabei die Brandstiftungen abgestritten und der Polizei unterstellt, seine DNA eingesammelt und am Tatort verteilt zu haben – da er „immer so viel rumrotze“. Dabei war an keinem der beiden Tatorte DNA gefunden worden. Dies spreche, so die Anwältin, dafür, dass P. an den Taten beteiligt war und vermutete, seine DNA dort verteilt zu haben.

Während die Beweislage für die Täterschaft der beiden Neonazis weiterhin dünn ist, hat der bisherige Prozessverlauf bewiesen, dass die beiden Angeklagten sich mehrfach über die späteren Opfer austauschten und diese auch ausspähten.

Auf frischer Tat ertappt

Gegen Sebastian T. kam am Montag weiteres belastendes Material hinzu. Gezeigt wurde ein Video, das ihn – zwei geladene Ermittler versicherten, ihn zu erkennen – dabei zeigt, wie er an einer Wohnadresse eines Antifaschisten versucht die Haustür aufzubrechen. Nachdem ihm das nicht gelang, sprayte ein Komplize Morddrohungen an die Fassade. In derselben Nacht im März 2019 waren an vier Adressen ähnliche Sprühereien aufgetaucht.

Das BKA hatte vor dem Haus von einem der Männer, der als „Antifa-.Hurensohn“ verunglimpft worden war, eine Überwachungskamera installiert.

Die Aufnahme des rechten Anschlags blieben allerdings monatelelang liegen und wurden später auch von den zuständigen Rechtsextremismus-Ermittlern nicht beachtet. Erst als die Generalstaatsanwaltschaft das Verfahren zum Neukölln-Komplex übernahm, stießen Ermittler bei einer erneuten Sichtung des Materials im Dezember 2020 auf das belastende Video.

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