30 Jahre Pogrom in Rostock-Lichtenhagen: Ein trauriges Symbol
An den Jahrestag der Ausschreitungen erinnert nicht nur eine bundesweite Demo, sondern auch Diskussionveranstaltungen und Lesungen.
Die massiven Ausmaße der rassistischen Gewalt im August 1992 im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen sind vielen Menschen geläufig, die Bilder – trotz der langen Zeit – noch sehr präsent. Über mehrere Tage wurden Geflüchtete und ehemalige vietnamesische Vertragsarbeiter:innen von einer großen Gruppe aus Nazis und Anwohner:innen extrem attackiert. Ihr Haus, das Sonnenblumenhaus, wurde letztlich angezündet. Die Polizei schritt kaum ein und zog sich schließlich ganz zurück.
Das Pogrom von Rostock steht für den Beginn zahlreicher rassistischer Anschläge in Deutschland. Das in Brand stehende Sonnenblumenhaus ist bis heute ein trauriges Symbol rechter Gewalt.
Von Rostock nach Hanau? Kontinuitäten rassistischer Gewalt und (post-)migrantische, antifaschistische Organisierung ist der Titel der Podiumsdiskussion der Interventionistischen Linken Berlin im SO36, die sich die Frage stellt nach den Folgen des Pogroms für antifaschistische Politik und antirassistische Organisationen.
Auf dem Podium werden Peer Stolle, ein Zeitzeuge aus Rostock und der Kultur- und Politikwissenschaftler Kien Nghi Ha sein. Ebenso, wie Berena Yogarajah, IL Köln, und die Initiative Tatort Porz. Die Veranstaltung ist umsonst und findet anlässlich der bundesweiten Großdemonstration zum Gedenken an das rassistische Pogrom in Rostock-Lichtenhagen vor 30 Jahren statt. Bustickets zur Demo am 27. August 2022 können auch vor Ort erworben werden (Mittwoch, 24. August, Oranienstr. 190, 18:30 Uhr).
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Bundesweite Gedenk-Demo
Unter dem Motto Damals wie heute: Erinnern heißt verändern! geht es dann deutschlandweit gemeinsam zur bundesweiten Demonstration in Rostock. Wer nicht mit dem Bus fahren möchte, nimmt z.B. alternativ das 9 Euro Ticket der Deutschen Bahn. Zugabfahrt ist 8:00 Uhr (pünktlich) vom Gleis 6 ab Berlin Südkreuz.
Die Hansestadt Rostock scheut sich bist heute die Geschehnisse von Lichtenhagen klar als Pogrom zu benennen. Die Demonstrant:innen der diesjährigen Gedenk-Demo fordern daher: „Rassistische Gewalt benennen und bekämpfen!“ Denn Lichtenhagen war, ist und bleibt leider kein Einzelfall (Samstag, 27. August, Rostock-Lichtenhagen, 14:00 Uhr).
Im Haus der Demokratie wird es eine Lesung geben von dem Hörspiel „Sonnenblumenhaus“ des Autors und Regisseurs Dan Thy Nguyen. Darin kommen, basierend auf Originalinterviews, Menschen zu Wort, die damals im Sonnenblumenhaus eingeschlossen waren. Nach der Lesung gibt es ein Gespräch zwischen dem Regisseur des Hörspiels und Angelika Nguyen, der Regisseurin des Dokumentarfilms „Bruderland ist abgebrannt“ von 1991. Die Veranstaltung ist kostenlos (Montag, 29. August, Greifswalder Str. 4, 19:00 Uhr).
Leser*innenkommentare
Jim Hawkins
An dieser Stelle möchte ich mich einmal bei Tante taz für die ausführliche und qualifizierte Berichterstattung zu diesem Thema bedanken.
Das hat sonst keiner so gebracht.
17900 (Profil gelöscht)
Gast
Ein trauriges Symbol?
Keineswegs. Ein Schande ist das!!!!
Räumt endlich mit den Rechtsradikalen auf. Deren Aktionen haben ja nicht aufgehört seit diesem Ereignis - im Gegenteil.
Gerald Stolten
Unfassbar, dass die Polizei zurückgezogen wurde, um einen Vorwand für die Verschärfung des Asylrechts zu schaffen !
Warum wurden die verantwortlichen Politiker eigentlich niemals bestraft ?
Bei der Demonstration nach dem Pogrom war es plötzlich kein Problem, Berge von Hubschraubern, Wasserwerfern und Polizei/BGS heranzuschaffen.
-Aber das waren dann ja auch grossenteils gefährliche Linke und nicht nur besorgte Bürger, die nur Menschen verbrennen wollten...
Der Bundespräsident hatte damals auch nichts besseres zu tun, als vor der Teilnahme zu warnen, anstatt selbst ein Zeichen zu setzen.
-Einfach nur widerlich !!!
Pepi
Natürlich war es ein Programm, was sonst. Die Staatsmacht ( Polizei ) schaute tatenlos zu, während die lokale Bevölkerung zur Tat schritt.