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Corona-Aufbaufonds der EUDarf die EU Schulden machen?

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über den 800 Milliarden Euro Corona-Aufbaufonds. Deutschland soll rund 28 Milliarden Euro er­hal­te­n.

Der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts eröffnet die Verhandlung zu EU-Corona-Fonds Foto: Uli Deck/doa

Karlsruhe taz | Darf die Europäische Union eigene Schulden aufnehmen? Und muss notfalls Deutschland die Schulden der EU allein zurückzahlen? Darüber verhandelte am Dienstag das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Anlass ist der sogenannte Wiederaufbaufonds der EU. Mit 750 Milliarden Euro sollen die coronabedingten Belastungen der europäischen Volkswirtschaften ausgeglichen werden. Das beschloss ein EU-Gipfel im Juli 2020. Inzwischen ist die Summe inflationsbedingt sogar auf 807 Milliarden Euro angestiegen. Etwa die Hälfte wird an die EU-Staaten als Zuschüsse ausbezahlt, der Rest als Darlehen. Deutschland soll rund 28 Milliarden Euro er­hal­te­n.

Die EU will mit dem Coronafonds aber nicht nur Lücken stopfen. Vielmehr soll die EU hinterher stärker dastehen als zuvor. Die EU nennt das Programm daher „Next Generation EU“. So soll das Geld zu großen Teilen in Digitalisierung und Klimaschutz investiert werden. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine kam noch die Energiesicherheit als neues Ziel hinzu. Das Geld soll bis 2023 an die Mitgliedstaaten ausbezahlt werden. Fast alle Aufbaupläne wurden bereits von der EU-Kommission genehmigt. Nur bei Polen und Ungarn bestehen noch Zweifel, ob die Staaten EU-Recht einhalten und ausreichend die Korruption bekämpfen.

Der Aufbaufonds ist bei EU-Skeptiker:innen umstritten, weil die EU damit erstmals in großem Umfang am Kapitalmarkt Schulden aufnehmen darf. Das Geld muss bis 2058 zurückbezahlt werden. Der Bundestag hat dem Projekt im März 2021 aber mit einer großen Mehrheit von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP zugestimmt. Nur die AfD stimmte dagegen, die Linke enthielt sich.

Kläger ist Ex-AfDler Lucke

Wichtigster Kläger in Karlsruhe ist Bernd Lucke, Wirtschaftsprofessor und einst Gründer der AfD. Heute ist er bei der Splitterpartei Liberal-Konservative Reformer (LKR) aktiv. Eine zweite Verfassungsbeschwerde stammt von dem Unternehmer Heinrich Weiß, Anfang der 1990er Jahre Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Die Kläger monieren, dass die EU ihre Kompetenzen überschritten habe. Es gebe auf EU-Ebene ein „Verschuldungsverbot“. Zudem habe der Bundestag, als er dem Fonds zustimmte, seine „haushaltspolitische Gesamtverantwortung“ verletzt. Denn wenn alle anderen Staaten zahlungsunfähig oder -unwillig sind, müsse Deutschland die 800 Milliarden Euro allein zurückzahlen.

Für den Bundestag bestritt Rechtsprofessor Ulrich Hufeld nicht, dass es ein Verschuldungsverbot gibt. Für den Coronafonds sei aber mit Zustimmung aller EU-Staaten eine Ausnahme beschlossen worden, der auch der Bundestag zugestimmt habe. Die Vorstellung, dass Deutschland am Ende die Schulden der ganzen EU zurückzahlen müsse, falls es zu einem großen Zusammenbruch komme, nannte Hufeld „hoffnungslos apolitisch“. Natürlich werde sich Deutschland dann auch auf den Schutz seiner Souveränität zurückziehen. Aufgrund einer früheren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei Deutschland sogar verpflichtet, sich in solchen Fällen zu verweigern, so der Vertreter des Bundestags.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht eine zweitägige und damit außergewöhnlich lange Verhandlung angesetzt. Dennoch gelten die Klagen als nicht allzu erfolgversprechend. So hatte Karlsruhe schon im April 2021 eine einstweilige Anordnung zugunsten der Kläger abgelehnt, weil es keine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Verfassungsbeschwerde gebe. Das Gericht könnte aber noch die Kontroll- und Informationsrechte des Bundestags bei der Abwicklung des Programms verbessern. Federführender Richter ist der EU-Skeptiker Peter M. Huber.

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4 Kommentare

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  • Vermutlich läuft es darauf hinaus, dass die Schulden bis 2058 sowieso weginflationiert sind. Welche Zinsen laufen denn auf die Beträge?

    Nun, kaum anzunehmen, dass die EU 2058 noch existiert. Ist ja nichts weiter als ein großer Pleite-Cluster, der irgendwann auseinander fliegt.

    Nun, wir werden wohl unsere 1,1 Billionen Target-Salden abschreiben können.

    Und haften wir nicht auch maßgeblich für die EZB-Bilanz mit?

    Harte Zeiten für die jüngeren Generationen.

  • Schuldenunion EU

    Im Grundgesetz Deutschlands zwar ausdrücklich verboten kommt es nun über die Hintertüre. Schon die Staatsanleihen sind eine Schuldenumlage, denn Italien wird sie niemals zurück zahlen können.

    Ich hoffe die Richter halten sich streng an den Text des Grundgesetzes und sagen NEIN.

  • Die EU ist bereits verschuldet und es geht weiter, sie werden es schwer haben, angesichts vieler Probleme, die sie gegen die Arbeitslosigkeit hatten, auf eigenen Füßen zu stehen. Vor allem Frankreich

  • Vollkommen ungeklärt erscheint doch die Frage der Gegenfinazierung bzw. Rückzahlung dieser "Next Generation EU"-Schuldenfalle. Wenn jedes Land den Anteil bezahlt, den es aus dem Programm (zzgl. Zinsen) erhalten hat (Deutschland rd. 3,5 Prozent) , dann ist das alles kein Problem. Anders jedoch, falls die Gegenfinanzierung im Rahmen einer quotenunabhängigen Umlage erfolgen sollte.

    Das rechtliche Problem ist also nicht, dass Deutschland möglicherweise EUR 800 Mrd. zahlen muss, sondern dass niemand weiß, wie viel Deutschland selbst im Rahmen einer planmäßigen Abwicklung zusteuern soll.