Ver­brau­che­r am Limit

Hohe Gaspreise sorgen für Zulauf bei Energieberatungen. Justizminister Buschmann ist aber gegen ein Moratorium für Strom- und Gassperren

Die Gaskrise sorgt für neue Konflikte in der Ampelkoalition. Jetzt kritisierte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) für ihren Vorstoß zu einem Moratorium für Strom- und Gassperren.

„Ich bin im Zweifel, ob ein pauschales Moratorium für Strom- und Gassperren eine gute Idee ist“, sagte Buschmann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Davon profitierten „ja auch Menschen, die die Kosten eigentlich tragen können“. Regeln, wie „man diejenigen, die zahlen wollen, aber nicht können, von denen unterscheidet, die zahlen können, aber nicht wollen“, halte er für sehr kompliziert. Sie könnten zu viel Streit und Gerichtsverhandlungen führen, sagte er.

Lemke hatte angeregt, Ver­brau­che­r:in­nen davor zu bewahren, ohne Strom und Gas dazusitzen, wenn sie bei weitersteigenden Preisen in Zahlungsverzug gerieten.

Tatsächlich seien schon jetzt viele Menschen finanziell am Limit, sagte Philipp Wendt, Vorstand der Verbraucherzentrale Hessen. Sollte die Bundesregierung die Gasmangellage ausrufen und es dann weitere Preisaufschläge gebe, „dann werden wir überrannt mit Anfragen besorgter Verbraucherinnen und Verbraucher“. Vor allem diejenigen, „die bisher gerade so hinkommen mit ihrem Einkommen und nichts auf die hohe Kante legen können, werden von Energieschulden geradezu aufgefressen werden“. Wendt fordert ein Verbot von Strom- und Gassperren bei säumigen Kunden.

Peter Kafke, Teamleiter Energieberatung beim Verbraucherzentralen Bundesverband, erklärte, die Sicht der Ver­brau­che­r:in­nen auf das Thema Energie habe sich grundlegend geändert. „Früher mussten wir das Thema Energiesparen anpreisen – die Menschen waren skeptisch, und Komforteinschränkungen waren tabu.“ Nun holten sich viel mehr Bür­ge­r:in­nen Rat von Fachleuten, um den Verbrauch zu reduzieren und unabhängiger zu werden von Gas und Öl. Der Verband rechnet damit, dass seine Experten bundesweit in diesem Jahr 270.000 Energietechnik-Beratungen durchführen werden. 2020 waren es noch etwa 150.000 gewesen. (dpa)