Bewegungstermine in Berlin: Sommer, Sonne, Arbeitskampf

Was tun bei der Hitze? Eine Lieferando-Poolparty crashen, ein queeres Klimafestival besuchen oder leckere Lauchsuppe schlürfen.

Lieferando Arbeiter:innen in orangen Jacken mit der Aufschrift: Riders Unite, Together We Fight

Lieferdienst-Fahrer:innen kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen Foto: dpa

Trotz der meist schlechten Arbeitsbedingungen boomen Lieferdienste – zumindest sind die Fahrradkuriere mit ihren schwarzen, lila oder orangefarbenen Rucksäcken in Berlins Straßenbild allgegenwärtig. Egal ob Gorillas, Getir oder Lieferando, die Beschwerden der Angestellten sind stets die gleichen: Unregelmäßige oder ausbleibende Lohnzahlungen, mangelhafte Ausstattung, Union-Busting.

Die meist migrantischen Angestellten kennen ihre Rechte oft nicht oder scheuen sich vor Auseinandersetzungen mit ihren Vorgesetzten, weil ihr Aufenthaltsstatus an das Arbeitsverhältnis geknüpft ist. Das macht es für die Bringdienste, die vor allem auf schnelles Wachstum ausgerichtet sind, leicht, sie schonungslos auszubeuten.

Trotz der widrigen Umstände und dem Widerstand der Unternehmen, die – wie die gesamte Start-up-Branche – Betriebsrats- und Gewerkschaftsfeindlich eingestellt sind, organisieren sich immer mehr Lieferdienst-Arbeiter*innen gegen die Missstände. Bei Gorillas hat die Berliner Belegschaft es mittlerweile geschafft, einen Betriebsrat zu wählen – gegen den Willen des Managements. Das hatte lange versucht, die Organisierung seiner Angestellten zu verhindern – bis ihnen das Berliner Arbeitsgericht im November vergangenen Jahres einen Riegel vorschob.

Auch die Lieferando Ar­bei­te­r*in­nen sind gerade dabei, einen Betriebsrat zu gründen. Doch statt sich mit den Beschwerden seiner Rider, wie sich die Ku­rier­fah­re­r*in­nen nennen, auseinanderzusetzen, lassen es ihre Vorgesetzten lieber ordentlich krachen.

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Fah­re­r*in­nen schwitzen, Management feiert

Bereits im Frühjahr musste sich Lieferando Kritik anhören, weil der Konzern für 16 Millionen Dollar einen Ski-Trip in die Schweiz unternommen hatte. Die Fah­re­r*in­nen waren dazu nicht eingeladen. Nun steht die nächste Sause an: An diesem Freitag will Lieferando in Berlin eine exklusive Poolparty im Haubentaucher feiern.

Die Rider*innen, die sich bei der Hitze mit schweren Rucksäcken durch die Straßen Berlins kämpfen müssen und sicher nichts gegen eine kleine Abkühlung hätten, sind davon erneut explizit ausgeladen. Das wollen sich die kämpferischen Arbeiter*innen, die sich mittlerweile in Workers-Collectives zusammengeschlossen haben, allerdings nicht gefallen lassen: „Die feiern schamlos eine All-Inclusive-Party, während wir nicht mal unsere Miete bezahlen können. Wir kommen trotzdem!“, heißt es in einem Aufruf der Lieferando-Arbeiter*innen.

Während die Büro-Angestellten erfrischende Drinks im Pool schlürfen, wollen die Fah­re­r*in­nen direkt vor dem Haubentaucher gegen ihre schlechten Arbeitsbedingungen protestieren (Freitag 1. Juli 17 Uhr, Revaler Str. 99).

Nachhaltig in Pankow

Statt sich bei der Hitze am Pool zu erfrischen, kann man auch darüber nachdenken, was die steigenden Temperaturen eigentlich für unser Klima bedeuten. Zum Beispiel auf dem Klimatak, einem nachhaltigen, antifaschistischen, antirassistischen und queerfeministischen Festival für Klimagerechtigkeit, das an diesem Samstag in Pankow stattfindet. Denn während sich einige darüber freuen, dass in Berlin ähnliche Temperaturen wie in Barcelona oder Madrid herrschen, leiden die Bauern unter der anhaltenden Trockenheit, wüten Waldbrände nicht nur in Brandenburg. Und im globalen Süden, der ohnehin schon der Verlierer des kapitalistischen Systems ist, sieht es noch viel schlimmer aus.

„Unser Anspruch ist es, einen Ort zu schaffen an dem sich vernetzt, getüftelt und getanzt werden kann“, heißt es im Programm. Interessierte können sich auf dem Klimatak weiterbilden und mit Lösungen für die multiplen Krisen, denen wir begegnen, beschäftigen. Dazu gibt es noch Kunstprojekte, Musikacts und leckeres Essen – und Dosenwerfen mit der Antifa Nordost. (Samstag 2. Juli, ab 12 Uhr, Mühlenstraße 24).

Lauchsuppe gegen Polizeigewalt

Weniger lustig geht es am kommenden Mittwoch zu, wenn die ersten An­ti­fa­schis­t*in­nen wegen ihres Protestes gegen den AfD Landesparteitag in Biesdorf vor rund einem Jahr vor Gericht stehen. „Stargast“ an diesem Tag ist der wegen seiner ablehnenden Haltung zur teilbesetzten Rigaer Straße 94 in der linken Szene eher unbeliebte SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber. Der hatte an jenem Tag bei der berüchtigten 11. Einsatzhundertschaft hospitiert und fühlte sich von Demonstrierenden, die ihn aus der Kundgebung heraus als „Lauch“ bezeichnet haben sollen, derart beleidigt, dass er auf einer Anzeige bestand.

In der Folge soll es zu massiver Polizeigewalt gegen die 30 bis 50 Protestierenden des Bündnisses „Kein Raum der AfD“ gekommen sein. Die Betroffenen haben vor zwei Monaten deshalb beim Verwaltungsgericht Klage wegen unverhältnismäßiger Polizeigewalt eingereicht. Erst einmal stehen jedoch die An­ti­fa­schis­t*in­nen selbst vor Gericht: „Während die Teilnehmenden teilweise bewusstlos geprügelt wurden, sollen sie jetzt zu Tä­te­r:in­nen gemacht werden“, kritisiert das Bündnis und ruft zur solidarischen Prozessbegleitung auf. Nach der Verhandlung gibt es dann vegane Lauchsuppe für alle. (Mittwoch 6. Juli, 8.30 Uhr, Wilsnacker Straße 4).

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Leiterin taz Berlin und Redakteurin für soziale Bewegungen, Migration und soziale Gerechtigkeit. Schreibt in ihrer Kolumne "Pöbelmanie" über Klassenkampf aus der Perspektive eines Kindes der Arbeiter*innenklasse. Hat politische Theorie studiert, ist aber mehr an der Praxis interessiert.

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