„Trostfrauen“-Mahnmal in Berlin: Streit an der Friedensstatue

Koreanische Geschichtsrevisionisten leugnen sexualisierte Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Berlins Korea Verband hält mit einer Aktionswoche dagegen.

Statue einer "Trostfrau" in Berlin-Moabit, unter einem mit blauem Netz bespannten Gestell, im Hintergrund ein Banner

Umkämpfte Statue: Ein Banner leugnet ihre Bedeutung, das blaue Netz soll sie schützen Foto: Uta Schleiermacher

BERLIN taz | Sie sind nur zu viert, aber sie haben zwei Meter breite Banner und ein kleines Filmteam dabei. Mit langen Reden auf Koreanisch und Plakaten, auf denen Lügnern „brennendes Sulfur“ angedroht wird, haben die südkoreanische Aktivistin und Youtuberin Joo Oksoon und ihr Unterstützerteam am Sonntag einen Protestaktion gegen die Friedensstatue in Moabit begonnen. „Trostfrauen“ seien keine „Opfer von Sexualverbrechen im Krieg“ steht auf den Bannern, die sie neben und hinter der Friedensstatue aufgespannt haben. Die Gruppe fordert, dass der „Trostfrauen-Betrug“ gestoppt wird. Un­ter­stüt­ze­r*in­nen der Statue würden „mit ihren Lügen“ das Ansehen der Republik Korea „trüben“. Das Filmteam filmt eifrig.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite haben sich am Sonntagvormittag knapp 100 Menschen zum Gegenprotest versammelt. Aufgerufen dazu hat der Korea Verband, der die Statue im September 2020 aufgestellt hatte. Sie soll an die sogenannten „Trostfrauen“ erinnern: an Frauen und Mädchen also, die japanische Soldaten im Zweiten Weltkrieg systematisch vergewaltigt und sexuell versklavt hatten.

Beständig tönen Pfiffe, Klatschen und Parolen aus ihrer Kundgebung. Die Teil­neh­me­r*in­nen versuchen damit, die Reden der kleinen Gruppe aus Südkorea zu übertönen. Es sind Banner der Omas gegen Rechts zu sehen und der japanischen Fraueninitiative Berlin, auch die IG Metall ist vertreten. „My Body, my Peace“, skandiert eine junge Frau ins Mikro. „Wir können euch nicht hören“, ruft sie dann auf Koreanisch und fordert alle Umstehenden auf, es ihr nachzusprechen und den vier Protestlern bei der Statue entgegenzurufen.

Der Gegenprotest am Sonntag bildet den Auftakt zu einer ganzen Aktionswoche, zu der der Korea Verband nun mobilisiert. Bis zum 30. Juni haben sie für jeden Tag eine Kundgebung in Ruf- und Sichtweite der Statue angemeldet. Mit Mahnwache und einem Musik- und Kunstprogramm wollen sie den Ge­schichts­re­vi­sio­nis­t*in­nen etwas entgegensetzen, sagt Nataly Jung-Hwa Han vom Korea Verband. Denn auch die haben an jedem Tag kommender Woche Kundgebungen angekündigt. „Zur Gruppe gehören auch zwei Geschichtsprofessoren“, sagt Jung-Hwa Han. „Sie bekommen über Twitter und Youtube viel Zuspruch von Rechten aus Japan.“

Wer ist verantwortlich – Bund oder Bezirk?

Jung-Hwa Han vermutet, dass die vier absichtlich die Woche des G7-Gipfels gewählt haben. „Japans Premierminister hat Bundeskanzler Olaf Scholz Ende April bei einem Gipfeltreffen aufgefordert, die Statue zu entfernen“, sagt sie. Scholz habe leicht irritiert gewirkt, dann aber gesagt, das sei Sache des Bezirks.

„Da schieben die politischen Ebenen mal wieder die Verantwortung von sich weg“, sagt Jung-Hwa Han. „Der Bezirk sagt: Das soll der Bund entscheiden. Die Bundesregierung verweist auf die Bezirksebene.“ Mit der Aktionswoche will der Korea Verband deshalb nun auch Druck auf das Bezirksamt Mitte ausüben. Das solle nun endlich regeln, dass die Statue dauerhaft stehen bleiben kann, fordert sie.

Bisher läuft die Genehmigung für die Statue im September aus, nachdem der Bezirk sie 2021 um ein weiteres Jahr verlängert hatte. Die BVV Mitte hatte in der letzten Woche bereits das Bezirksamt mit einem Beschluss aufgefordert, die Statue dort dauerhaft zu ermöglichen. Sie solle außerdem in ein „umfassenderes Konzept eines zentralen Mahnmals zur Aufklärung über und Verhinderung von sexualisierter Gewalt“ insbesondere in „kriegerischen Auseinandersetzungen“ eingearbeitet werden. „Ich bin froh, dass wir den Diskurs in Deutschland angeregt haben, sodass nun über sexualisierte Gewalt im Rahmen von Kriegen gesprochen wird“, sagt Jung-Hwa Han.

Die Youtuberin und ihre Begleiter rollen die Banner am Sonntag nach etwa einer halben Stunde wieder ein, kündigen aber an, am Nachmittag wiederzukommen. Auf der anderen Straßenseite sagt Jung-Hwa Han ins Mikro, dass sie ihren Protest bis zum Nachmittag fortsetzen wollen.

Die Statue selbst sitzt derzeit übrigens unter einem Gestell aus dünnen Eisenrohren und blauem Netz der Künstlerin Jinran Ha. Es mutet wie ein Haus an und soll ein „symbolischer Schutzraum“ sein, erfahren Pas­san­t*in­nen von dem Erklärtext, der von außen an dem Gestell lehnt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.