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Vorwahl in GeorgiaSchallende Ohrfeige für Trump

Kommentar von Mirko Schmid

Das Ergebnis in Georgia muss Donald Trump beunruhigen. In den Reihen der republikanischen Basis macht sich der Unmut über den Chef zunehmend Luft.

Brian Kemp zeigt sich in der Wahlnacht siegessicher vor seinen Anhängern Foto: reuters

D onald Trump gilt trotz seiner krachenden Wahlniederlage im November 2020 als Patriarch der Republikaner. Sein Narrativ von einem vermeintlich zu seinen Ungunsten verschobenen Wahlergebnis verfängt in der eigenen Basis. In einer Vielzahl von Umfragen stimmte mehr als die Hälfte der republikanisch tickenden Befragten der Behauptung zu, Joe Bidens Präsidentschaft sei Folge eines großen Wahlbetrugs.

Trump hat es mit der konsequenten Wiederholung dieses faktisch widerlegten Märchens geschafft, einem Großteil der eigenen potentiellen Wählerschaft nicht als Wahlverlierer zu gelten. Sondern als ein Mann, dem Unrecht getan wurde, das es beizeiten zu korrigieren gilt. Nur so ist es dem einstigen TV-Darsteller möglich, für die im Jahr 2024 anstehenden Präsidentschaftswahlen einen realistischen Anspruch auf eine erneute Kandidatur zu erheben.

Der Immobilienmogul arbeitet vom ersten Tag seines Auszugs aus dem Weißen Haus mal mehr und mal weniger subtil daran, die Schmach der Abwahl nach nur einer Amtszeit mit einer verspäteten Wiederwahl auszuradieren. Um diesen Plan umzusetzen, benötigt Trump den Rückhalt seiner Partei. Vor allem den Rückhalt der ihm größtenteils zu Füßen liegenden Parteibasis, steht ihm das alte Establishment der „Grand Old Party“ doch von jeher mindestens skeptisch gegenüber.

Der Ausgang der Vorwahl um die konservative Kandidatur zum Gouverneur in Georgia hat seinem Nimbus des „Starken Mannes“ der Republikaner nun erste erhebliche Risse zugefügt. Offensiv hatte Trump für David Perdue geworben, einen früheren Firmenmanager, der in einer Stichwahl im Januar 2021 seinen Senatssitz an den juvenilen Investigativjournalisten und Demokraten Jon Orsoff verloren hatte. Und seine Partei mit ihm ihre Mehrheit in der bis dahin durch sie kontrollierten Kammer des Kongresses.

Im Visier Donald Trumps

Ihm gegenüber stand mit Amtsinhaber Brian Kemp ein Gouverneur, der wie kaum ein zweiter Republikaner die Missgunst Trumps auf sich zog, als er sich weigerte, im Anschluss an den Urnengang im November 2020 den Wahlsieg Bidens in seinem Bundesstaat für unrechtmäßig zu erklären. Kemp wurde in der Folge zur Zielscheibe andauernder Tiraden des Wahlverlierers, Trump bezeichnete seinen Parteikollegen unter anderem öffentlich als „Trottel“, „Clown“ und „Feind des Volkes“.

Das führte auch dazu, dass Kemps damals 19-jährige Tochter mit Todesdrohungen wütender Trump-Fans konfrontiert wurde. Rund 74 Prozent des republikanischen Wahlvolks in Georgia haben nun für Brian Kemp gestimmt und Trumps Rachefeldzug in Georgia somit eine klare Absage erteilt. Dessen Kandidat David Perdue fuhr gerade einmal knapp 22 Prozent ein und blieb noch hinter vernichtenden Umfragewerten zurück.

Dieses Ergebnis ist nicht nur als schallende Ohrfeige für Trump und dessen Allmachtsphantasien zu verstehen. Sondern auch als Sieg des vom Ex-Präsidenten und dessen Einfluss auf die Parteibasis lange eingeschüchterten Establishments der Republikaner. Die Vereinigung republikanischer Gouverneure hatte 5 Millionen US-Dollar in Pro-Kemp-Anzeigen investiert.

Mehrere prominente Amtskollegen aus anderen Bundesstaaten waren nach Georgia gereist, um in den letzten Tagen des Rennens an der Seite von Kemp zu werben. Als prominentester Vertreter der alten Garde machte ausgerechnet Trumps ehemaliger Vize, Mike Pence, Stimmung für den amtierenden Gouverneur. Pence gilt als aussichtsreicher Kandidat auf eine Präsidentschaftskandidatur 2024, bisher schien er allerdings vom Wohlwollen seines einstigen Chefs abzuhängen.

Rückendeckung von Parteifreunden

Diese vermeintliche Gewissheit beginnt nun ins Wanken zu geraten. Unerwartet deutlich hat die republikanische Basis gezeigt, dass sie Trump nicht blind zu folgen bereit ist. Zumindest in Georgia. Für die Trump-Kampagne ist die Niederlage im für Präsidentschaftswahlen maßgeblichen Swing State ein Grund zur Sorge.

Noch vor einiger Zeit konnte der ehemalige Präsident es sich öffentlichkeitswirksam erlauben, ambitionierte Kandidatinnen und Kandidaten für Posten in Senat, Repräsentantenhaus und Gouverneurssessel zum Casting in seinen Schattenregierungssitz, das Golfressort Mar-a-Lago in Florida, antanzen und ihm die Treue schwören zu lassen.

Im Anschluss an diesen Ringkuss reisten einige von ihnen mit dem Versprechen einer Unterstützung des Gurus ihrer eigenen Wählerschaft aus Florida ab. Andere zogen mit hängenden Köpfen von dannen, nachdem sie von Trump eine kalkulierte Abfuhr erhalten hatten.

Und noch vor einiger Zeit trauten sich scharenweise republikanische Mandatsträger nicht, im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump im Anschluss an den Sturm auf das Kapitol in Washington D.C. ihrer Überzeugung zu folgen und stimmten lieber für einen Freispruch. Schließlich galt es, Trumps Fanbase nicht zu verärgern, um eigene Ambitionen nicht zu beschädigen.

Sollte Trumps jüngste Klatsche in Georgia nicht bloß ein Strohfeuer gewesen sein, könnte diese bleierne Abhängigkeit der Republikaner von der Gunst ihres Anführers bröckeln. Mike Pence etwa ließ sich für seine Unterstützung für Brian Kemp während dessen Abschlusskundgebung vor einer jubelnden Anhängerschar feiern. Noch im Januar 2021 musste er mit anhören, wie Trumps Fans lautstark seine Exekution forderten, nachdem er im Amt des Vizepräsidenten abgelehnt hatte, die Bestätigung der Wahl Joe Bidens lahmzulegen.

Zu früh jubeln sollten jene Republikaner, die nicht auf Donald Trump setzen, jedoch besser nicht. Auch wenn es erste Bewegungen einer Emanzipierung gibt, bleibt der New Yorker vorerst die wichtigste Führungsgestalt seiner Partei. Noch stehen seine Reihen größtenteils kritiklos und verklärt hinter ihrem Idol. Trump bleibt Favorit auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024. Nach Georgia ist eine parteiinterne Niederlage des Patriarchen indes eine tatsächliche Möglichkeit.

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CvD/Nachrichtenchef
Chef vom Dienst und Autor. Arbeitet seit 2022 für die taz. Mag Meinung und kommentiert politische Themen mit Hang zum Ausland (vor allem USA). Schrieb vor der taz für die Frankfurter Rundschau. Hat davor Onlinejournalismus an der Hochschule Darmstadt studiert.
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5 Kommentare

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  • Man beachte, dass Trumps erste Pressepropagandistin, die unsägliche Sarah Huckabee Sanders, bekannt für ihre, nur von Trump selbst übertroffenen Lügen, dagegen die Nominierung gewonnen hat, was einem mal wieder die Haare zu Berge stehen lässt - eigentlich ein Dauerzustand im Zusammenhang mit diesem No-Go-Personal. Das Kapitel Trump ist leider erst vom Tisch, sobald diese Familie komplett von der Bildfläche verschwunden ist.

  • Kleiner Hinweis: "Nicht nur ..., sondern auch" gehören in einen Satz. Immer mehr Journalisten (nicht nur bei der taz) scheinen die Syntax nicht länger richtig zu beherrschen.

    • @S.R.:

      ... nehm alles zurück - eben hamse eine Sprachkritik veröffentlicht, und sogar ihre Überschrift entspr. korrigiert. Da fühlt ma sich als amator lingua maternae, i.e. Deutsch-tümelnder Korinthenkacker, ja richtich geehrt ;-]



      taz.de/Oberbuerger...bb_message_4329245

      • @lesnmachtdumm:

        rausgerutscht: ein -ä zuwenig. linguae maternae latürnich

    • @S.R.:

      Oh Wunder - wenn andre was per Lesa-Kommentaa zu tazzens Sprache anmerken wollen, landet's stets im Papierkorb: Verb gedenken mit Dativ (igitt), überhaupt viele Dative, wo sie nich hingehörn, in Appositionen zettbee, und Auseinanderschreibung von Verben, wo sie nun wirklich den Sinn zerstückelt.