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Zinserhöhung der US-Notenbank FedDie EZB sollte nachziehen

Kommentar von Björn Hartmann

Nach dem Fed-Entscheid steht auch in der Euro-Zone eine Zinserhöhung an. Gut so: Denn die Inflationsrate ist derzeit einfach viel zu hoch.

Die Frankfurter EZB-Zentrale im frühen Morgenlicht Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

I n den USA hat sich die Zinswende mit einer sehr deutlichen Ansage verstärkt. Die Notenbank Fed erhöht nicht nur den wichtigen Leitzins kräftig, sie kauft auch keine Anleihen mehr. Zudem sind weitere hohe Zinsschritte bereits im Juni und Juli geplant. Das Ziel: Geld soll teurer werden und in der Folge die Inflation sinken. Die Entscheidung in den USA hat auch Folgen für die Eurozone und die Europäische Zentralbank EZB. Sie kann ihre seit 2016 verfolgte Null-Zins-Politik nicht mehr aufrechterhalten – sie hat die stark steigenden Verbraucherpreise in Europa ohnehin zu lange vernachlässigt.

Der Mechanismus funktioniert vereinfacht so: Steigt der Leitzins, wird es für Geschäftsbanken teurer, sich Geld bei der Notenbank zu beschaffen. Entsprechend heben sie die Zinsen für Kredite für Unternehmen und Kunden an. Weil diese mehr bezahlen müssen, werden sie ihre Ausgaben überdenken. Sinkt die Nachfrage bei gleichem Angebot, wird auch der Preisanstieg gebremst. So weit die Theorie, die in der Vergangenheit meist gut funktioniert hat.

Die Sorge ist aber immer, ob die Zinserhöhung zu hoch ausfällt und die Wirtschaft ausbremst, weil Kredite zu teuer werden. Dieses Risiko schätzt die Fed geringer ein als die Gefahr für den Wohlstand der Amerikaner. Denn vor allem die, die wenig haben, leiden unter der Inflation.

Effekt auch auf Europa

Höhere Zinsen bringen auch höhere Erträge. Investoren werden deshalb verstärkt in die USA schauen – Geld fließt zunehmend aus dem Euro- in den Dol­lar­raum. Der Dollar in Euro wird teurer, was die ohnehin hohe Inflation in der Eurozone weiter anheizt. Denn vor allem Öl und Gas werden weltweit in Dollar gehandelt.

Auch wegen dieser Effekte sollte die EZB jetzt den Amerikanern folgen und die Zinsen anheben. Monatelang hat die Notenbank gezögert und beschwichtigt, die Inflationsraten seien nur vorübergehend so hoch. Es sieht inzwischen nicht mehr so aus. Seit Juli 2021 liegt die Inflation stetig steigend über den angestrebten 2 Prozent, zuletzt bei 7,4 Prozent. Im Juli wird die EZB jetzt wohl zinsmäßig nachlegen. Endlich.

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8 Kommentare

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  • Zinserhöhungen sollen die Geldmenge reduzieren. Haupttreiber im Euro-Raum sind jedoch die Energiepreise. Erhöhte Leitzinsen der EZB lösen das Problem der Inflation nicht, sondern werden den Süden Europas hart treffen.

    Anm. der Red.: Kommentar gekürzt. Bitte Kritik formulieren ohne beleidigend zu werden. Danke.

  • Ganz so einfach ist es nicht. Klar muss der Leitzins steigen, aber durch hohe Energiekosten (auch andere Rohstoffe) steigen die Preise. Außerdem wird ja ein Hilfsprogramm nach dem anderen rausgehauen. Da wird viel Geld verteilt, oft sinnlos. Das muß beendet werden. Wahrscheinlich wird erst eine Rezession die Inflation bremsen, so traurig das auch ist. Der Knackpunkt ist die Schuldenquote. Deswegen will die EZB den Zins ja nicht erhöhen. Habe mal nachgeschaut: 2008 hat der Bund bei nicht 4% Leitzins 40 Milliarden Zinsen bei deutlich geringerer Verschuldung gezahlt. D. h. da kommen wir schnell auch drüber. Werden dann alle noch höhere Zinsen fordern, wenn wir mal 70 - 80 Milliarden Zinsen zahlen?

  • Nicht die EZB oder die FED entscheiden, es ist die schwäbische Hausfrau und die Verbraucher. In sauren Zeiten hält man das Geld zusammen. Sach/Geldvermögen werden erst mal nicht in Verkehr gebracht, das Haus nicht verkauft, der Kauf eines Autos oder ein Urlaub gestrichen, darauf folgt dann ein Rückgang des Wachstums.

  • Das Problem ist doch, dass die EZB im Dilemma ist: Halten wir die Preise stabil oder die EUR-Zone zusammen (aka eigentlich unerlaubte Staatsfinanzierung)



    Zinserhöhungen würden zB Italien in die Bredouille bringen.



    Ich frage mich, wo all die (vornehmlich linken) Ökononen jetzt sind, die über Jahre Firma Steve höheren Staatsschulden plädiert haben, mit dem Hinweis, das Inflation gar nicht mehr aufkommen könne (New Monetary Theory, NMT). Von denen hört man sogar nichts mehr. ..

    • @Emmo:

      Die Staatsschulden sind hier nicht der Haupttreiber der Inflation, sondern die Rohstoffpreise. Durch Corona waren die Staatsschulden natürlich wesentlich zu hoch, aber mit dem Ende der Hilfsprogramme hätte sich die Inflation stetig "normalisiert".

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    @NUTZER: „da die inflation maßgeblich durch die gestiegenen energiepreise verursacht wird, zusammen mit lieferengpässen ist die frage, ob eine zinserhöhung an der thematik etwas ändern kann...“



    Eine importierte Inflation kann nicht mit einer Zinserhöhung gestoppt werden. Christine Lagarde weiß das. Sie hat es kürzlich gesagt. Aber es gilt, das „scheue Reh“ (aka „Kapital“) nicht zur Flucht in die USA zu veranlassen.



    btw.. Wer ist Björn Hartmann?

    • @95820 (Profil gelöscht):

      das scheue Reh, ist ja nur das finanzkapital-reh, das wird zweifelsohne fortan in den USA grasen. das zahme reh, heimische wirtschaft wird nicht wegen zinsen abwandern können. hat aber dennoch die problematik einer importierten inflation zu begegnen und einer stagnierenden kaufkraft, bei verteuerten investitionen... ob das wirklich so fatal ist, wer weiß, es steckt aber doch ein ziemlicher unsicherheitsfaktor in der thematik.

  • da die inflation maßgeblich durch die gestiegenen energiepreise verursacht wird, zusammen mit lieferengpässen ist die frage, ob eine zinserhöhung an der thematik etwas ändern kann...



    worst case, die energiepreise bleiben hoch und deshalb die warenpreise ebenso, was vermutl. eine geringere konsumrate zur folge haben wird, dann wird die zinserhöhung kredite verteuern was das für investitionen bedeutet, damit die wirtschaftslage.... ist genau die frage



    ebenso gefährlich ist die problematik, was mit firmen passiert, die mit viel fremdkapital, auf grund der niedrigzinsen stark expansiert sind und ihre bilanzen (legal) gepeppt haben... um die ist es im prinzip nicht schade, brechen die zusammen, vor allem auf einmal, wird das ein problem.



    die wende am immobilienmarkt wird schon prognostiziert, mit Adler ist auch gerade ein akteur krachen gegangen, grund genau die gestiegenen zinsen und ungedecktes wachstum... denen muß man nicht hinterherweinen, gesamtwirtschaftliche auswirkungen wird es trotzdem haben.

    zur immoblase: (bereits ein paar tage nach diesem artikel ist adler abgestürzt)

    www.nzz.ch/wirtsch...ewtab-global-de-DE