: Noch mal fünf Jahre Haft für Aung San Suu Kyi
Gegen Myanmars gestürzte De-facto-Regierungschefin ergeht wegen angeblicher Korruption ein weiteres Urteil. Die Öffentlichkeit war vom Prozess ausgeschlossen
Von Sven Hansen
Ein von Myanmars Militärjunta kontrolliertes Gericht hat die frühere De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi am Mittwoch zu fünf Jahren Haft wegen Korruption verurteilt. Dies sagten mit dem Prozess vertraute Quellen, die anonym bleiben wollten, der Deutschen Presse-Agentur. Die Anwälte der Friedensnobelpreisträgerin dürfen nicht mit Journalisten sprechen. Die 76-jährige Politikerin, die am 1. Februar 2021 aus dem Amt geputscht wurde, ist mit mehr als einem Dutzend Gerichtsklagen konfrontiert. Deren Ziel ist es, sie zu diskreditieren und ihre Rückkehr an die Macht, für immer unmöglich zu machen. Für jeden Anklagepunkt drohen bis zu 15 Jahre Haft.
Aung San Suu Kyi hatte den Vorwurf zurückgewiesen, Gold und Bestechungsgeld von umgerechnet 560.000 Euro von Phyo Min Thein angenommen zu haben. Der Politiker aus ihrer eigenen Partei war zuvor Gouverneur der Metropole Yangon und ebenfalls beim Putsch entmachtet worden. Er sagte mutmaßlich unter Zwang aus, denn er musste damit nicht nur seine Parteichefin, sondern auch sich selbst belasten. Früher galt er als ihr möglicher Nachfolger.
2021 war Aung San Suu Kyi bereits wegen angeblicher Verstöße gegen Coronabestimmungen und der Nutzung nicht registrierter Funkgeräte durch ihre Leibwächter zu insgesamt sechs Jahren Haft verurteilt worden. Sie hatte schon unter der früheren Junta jahrelang unter Hausarrest gestanden. Jetzt ist unklar, ob sie tatsächlich die Strafe im Gefängnis antreten muss oder weiter im Hausarrest isoliert bleibt. Das wäre dann an einem unbekannten Ort mutmaßlich in der Hauptstadt Naypydaw. Die Junta will jede Kontaktmöglichkeit der beliebten Politikerin mit der Öffentlichkeit verhindern.
„Die Tage von Aung San Suu Kyi als freie Frau sind praktisch gezählt“, sagte der Asienexperte Phil Robertson von Human Rights Watch. Angesichts ihres fortgeschrittenen Alters könnten die Urteile „lebenslang“ für sie bedeuten. Mit der Verurteilung wegen falscher Korruptionsvorwürfe würden nun weitere Jahre hinter Gittern hinzukommen, so Robertson. „Die Zerstörung der Demokratie in Myanmar bedeutet auch, Aung San Suu Kyi loszuwerden – und die Junta überlässt nichts dem Zufall.“ Das Militär hatte seinen Putsch mit angeblichem Betrug bei der Wahl im November 2020 begründet, die Aung San Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie (NLD) klar gewonnen hatte. Beweise legten die Militärs aber nicht vor. Internationale Beobachter hatten keine größeren Unregelmäßigkeiten festgestellt.
Seither versinkt das frühere Birma in wirtschaftlichem Chaos und einem eskalierenden Bürgerkrieg. In Opposition zum Militär stehende Politiker, meist aus der NLD, haben eine Gegenregierung im Untergrund gebildet. Laut der lokalen Menschenrechtsorganisation AAPP sind seit dem Putsch 1.798 Personen von Juntakräften getötet, 10.353 verhaftet und 1.008 verurteilt worden. Verschiedene gegen die Junta kämpfendeRebellengruppen, darunter ethnische Guerillas sowie neugebildete sogenannte Volksverteidigungskräfte, behaupten ihrerseits, schon mehrere Hundert Soldaten, Polizisten und Junta-Funktionsträger getötet zu haben.
Versuche der südostasiatischen Asean-Staaten zur Konfliktbeilegung sind gescheitert. Die Junta hat den Asean-Sondergesandten bisher jegliche Treffen mit Aung Sann Suu Kyi verwehrt und einen Fünfpunkteplan nicht umgesetzt. Zu einem im Mai geplanten Treffen der Asean mit der US-Regierung ist die Junta nicht eingeladen.
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