Nachrichten in der Coronakrise: Lauterbach warnt vor neuer Welle
Der Bundesgesundheitsminister mahnt zur Vorsicht. Die EU will afrikanischen Ländern Technologie zur Herstellung von Impfstoffen auf mRNA-Basis zur Verfügung stellen.
Sechs afrikanische Länder erhalten mRNA-Technologie
Sechs afrikanische Länder erhalten Technologie für die Herstellung von mRNA-Impfstoffen. Auf dem EU-Afrika-Gipfel wurden am Freitag Ägypten, Kenia, Nigeria, Senegal, Südafrika und Tunesien ausgewählt, die mit Hilfe der Weltgesundheitsorganisation so bald wie möglich mit der Produktion von Vakzinen gegen das Coronavirus beginnen sollen.
WHO-Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte auf dem Gipfeltreffen in Brüssel, dass zwar weltweit mehr als zehn Milliarden Dosen der Impfstoffe verabreicht worden seien, aber Milliarden Menschen immer noch nicht geimpft seien. Es sei eine Tragödie, dass so viele Menschen noch nicht von den lebensrettenden Wirkstoffen profitieren konnten. Tedros forderte eine rasche Erhöhung der Impfstoffproduktion in armen Ländern.
Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa sagte, die Ankündigung bedeute gegenseitigen Respekt und eine Anerkennung dessen, was die afrikanischen Länder beitragen könnten. Außerdem bringe das Vorhaben Investitionen auf den Kontinent. Ramaphosa bekräftigte seine Forderung nach einer Aufhebung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe, die seiner Meinung nach mehr Herstellern die Produktion ermöglichen würde. Die EU ist nach wie vor gegen diesen Schritt und bevorzugt stattdessen individuelle Vereinbarungen mit Unternehmen über Technologietransfer und Know-how.
Die Entscheidung darüber liegt bei der Welthandelsorganisation. Stimmt nur eines der 164 Mitglieder gegen eine Ausnahmeregelung zum Patentschutz, wird es keine Aufhebung des Patentschutzes geben. Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin sprach sich für eine Fortsetzung der Gespräche über den Patentschutz aus. „Andernfalls werden wir weitere Varianten sehen, und die nächste Variante könnte noch gefährlicher sein als die bisherigen“, sagte sie.
Damit arme Länder ihren eigenen Impfstoff herstellen können, nahm die Weltgesundheitsorganisation im vergangenen Jahr die Zusammenarbeit mit Unternehmen und Wissenschaftlern vor Ort auf, um den mRNA-basierten Impfstoff gegen das Coronavirus nachzubauen. Afrika produziert derzeit nur ein Prozent der Impfstoffe gegen das Coronavirus. Nach Angaben der WHO sind nur elf Prozent der Bevölkerung in Afrika vollständig geimpft, während der weltweite Durchschnitt bei etwa 50 Prozent liegt.
Neben der Weitergabe der Impfstofftechnologie exportierte die EU Millionen Impfstoffe nach Afrika. Der Kontinent erhielt den Angaben zufolge fast 145 Millionen Dosen, bis zum Sommer sollen es 450 Millionen Dosen werden. (ap)
Lauterbach rechnet mit langem Kampf gegen Corona
Trotz des Rückgangs der Infektionszahlen rechnet die Bundesregierung noch mit einem jahrelangen Kampf gegen das Coronavirus. „Wir werden noch sehr lange mit der Pandemie zu tun haben werden“, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach am Freitag in Berlin. Denkbar sei ein Zeitraum von zehn Jahren. Es werde immer wieder auch schwere Ausbrüche mit Todesfällen geben.
Auch das Robert Koch-Institut (RKI) warnte: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es noch weitere Covid-Wellen geben wird“, sagte RKI-Vize-Chef Lars Schaade. Man wisse nicht, wie sie sich auswirken würden, der beste Schutz sei aber auf jeden Fall die Impfung. Diese helfe auch das Risiko und die Zahl der Long-Covid-Fälle zu reduzieren, sagte der Immunologe Michael Meyer-Hermann.
Empfohlener externer Inhalt
Nach Höchstständen bei den Infektionen in der Omikron-Welle gehen diese seit einigen Tagen zurück. Das RKI meldete am Freitag gut 220.000 positive Tests binnen 24 Stunden. Das sind rund 20.100 Fälle weniger als am Freitag vor einer Woche. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank auf 1.372 von 1.385 am Vortag. 264 weitere Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Lauterbach wertete die Entwicklung als positiven Trend: „Ich glaube, wir haben den Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten.“
Die Maßnahmen gegen die Fallzahlen hätten zudem gewirkt. Die zentrale Aufgabe sei der Schutz der Älteren gewesen. Daher habe man relativ niedrige Sterbezahlen im Vergleich zu anderen Ländern. Er warnte aber: „Wir sind noch nicht wirklich in sicheren Gewässern.“ Die Zahlen könnten bei übertriebenen Lockerungen auch schnell ansteigen. Die Bundesländer müssten zurückhaltend bleiben. „Das ist alles auf Kante genäht.“ Was beschlossen sei, sei das meiste, was man sich an Lockerungen erlauben könne.
Bund und Länder hatten diese Woche beschlossen, ab 20. März die meisten Einschränkungen in der Pandemie auszuheben, wenn die Lage dies zulasse. Danach soll ein „Basisschutz“ gelten, der etwa eine Maskenpflicht, aber auch Testvorschriften sowie weitergehende Maßnahmen für Corona-Hotspots erlauben soll. Nach dem erwarteten starken Rückgang der Fallzahlen wird ab Herbst wieder mit einem Anstieg gerechnet. Lauterbach sprach sich daher erneut für eine Impfpflicht aus. Aus dem Bundestag heraus gibt es mehrere parteiübergreifende Gruppenanträge, die die Pflicht in unterschiedlicher Ausprägung vorsehen.
Diese greift noch im März bereits für Mitarbeiter in Pflegeheimen oder Krankenhäusern. Zur Umsetzung soll dafür auch der sogenannte Tot-Impfstoff Novavax eingesetzt werden, von dem laut Lauterbach in der nächsten Woche die ersten 1,4 Millionen Dosen erwartet werden. Novavax gilt als Möglichkeit, auch Impfskeptiker von einer Immunisierung zu überzeugen. (rtr)
SPD will zusätzliche Kinderkrankentage fortschreiben
Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, setzt sich für eine Fortschreibung der großzügigeren Regeln bei den Kinderkrankheitstagen ein. „Auch wenn die Infektionszahlen rückläufig sind, bleibt die Problematik für betroffene Eltern ja bestehen, wenn die Kinder in Isolation oder Quarantäne müssen. Ich strebe deswegen an, dass diese Sonderregel noch einmal verlängert wird“, sagte Mützenich den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagsausgaben).
Gleichzeitig sei er „dafür, dass man den Anspruch grundsätzlich auf mehr Tage erweitert, also unabhängig von der Pandemie“. Wegen der Pandemie war die Zahl der Kinderkrankentage im vergangenen Jahr von sonst 10 auf 30 pro Elternteil verdreifacht worden.
Wegen der Corona-Pandemie können Eltern die Leistung derzeit auch in Anspruch nehmen, wenn etwa ein Kind nach Infektionsfällen in der Kita oder in der Schulklasse in Quarantäne geschickt wird, aber selbst nicht erkrankt ist. Die Ersatzleistung stellt einen Lohnausgleich für die Zeit der Betreuung und Beaufsichtigung des Kindes dar. Mit Auslaufen des Infektionsschutzgesetzes am 19. März wird das Kinderkrankengeld anders als jetzt nur noch im Fall der Erkrankung eines Kindes gewährt.
Eltern- und Sozialverbände äußerten Kritik und verlangten angesichts der anhaltenden Pandemie eine Beibehaltung der aktuellen Regelung. Der Deutsche Familienverband forderte, das Kinderkrankengeld müsse weiterhin gezahlt werden, auch wenn Kinder wegen Schulschließungen zu Hause betreut werden müssten. „Das liegt schließlich nicht in der Macht der Eltern“, sagt Bundesgeschäftsführer Sebastian Heimann den Funke-Zeitungen.
Die Vorsitzende des Bundeselternrats, Christiane Gotte, betonte, sie sei „klar dagegen“, dass Kinderkrankengeld nur noch von Eltern kranker Kinder in Anspruch genommen werden könne. Auch die Eltern von Schülern, die gezwungen seien, sich aufgrund von Klassen- oder Schulschließungen in Quarantäne zu begeben, müssen einen Anspruch auf Kinderkrankengeld haben.
Auch der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, betonte, die Belastungen für Familien durch coronabedingt ausfallende Betreuungsangebote würden „nicht mit dem Auslaufen verschiedener Sonderreglungen am 19. März enden“. Die Pandemie sei nicht vorbei. (afp)
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