Feministischer Protest am Valentinstag: Liebe ohne sexualisierte Gewalt

Am Valentinstag fanden in Berlin gleich mehrere feministische Demos statt. Denn wer die Liebe feiert, darf von sexualisierter Gewalt nicht schweigen.

Valentinstag! steht auf dem Schaufenster eines Blumenladens

Noch schöner als Blumen einmal im Jahr wäre ein Ende von sexualisierter Gewalt Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

Pärchen, die demonstrativ Händchen haltend flanieren, Frauen mit Rosen von ihrem „Liebsten“, Postkarten mit „Be my Valentine“ an jedem Späti: Berlin stand am Montag mal wieder ganz im Zeichen der Liebe – oder zumindest dem, was die kapitalistisch-bürgerliche Gesellschaft dafür hält. Nicht nur für uns Singles ist die alljährliche kommerzialisierte Zurschaustellung heteronormativer romantischer Zweierbeziehungen am Valentinstag bisweilen unerträglich.

„Wir haben keinen Bock auf eine Welt, in der romantische Liebe glorifiziert und platonische Liebe und Freun­d*in­nen­schaf­ten ungewertschätzt bleiben“, heißt es im Aufruf der Reclaim-Valentines-Day-Demonstration, die am Montagabend am Potsdamer Platz stattfand. Stattdessen wurde getanzt, Alternativen zur romantischen Liebe gefeiert und der patriarchale Normalzustand kritisiert. Frei nach dem Motto: Liebe muss nicht kapitalistisch sein.

Dass Liebe auch keinen Rückzug ins Private bedeuten muss, sondern auch widerständig sein kann, wurde auch am Hermannplatz deutlich. Hier versammelten sich rund 2.000 Flinta – also Frauen, Lesben, Inter, Nicht-binäre, Trans, Queere und Agender-Personen –, um gegen sexualisierte Gewalt zu protestieren. Unter dem Motto „Rache am Patriarchat“ zogen sie am Abend durch Gegenden, in denen sich viele Frauen und Trans* im Dunkeln sonst häufig eher nicht so sicher fühlen: vom Hermannplatz zum Kotti, vorbei am Görlitzer Park, weiter zum Schlesischen Tor und dann über die Partymeile Revaler Straße bis zum Frankfurter Tor.

Die Ansage ist deutlich: „Take back the Night“ steht auf einem Banner, darunter ist ein pinkes Messer abgebildet. „Whose Streets? Our Streets!“, hallte es durch die Straßen, die an diesem Abend ganz allein uns Flintas zu gehören schienen. „Das ist hier heute nicht euer Ort, verpisst euch!“, bekamen die Männer, die am Kottbusser Tor rumstanden, dann auch zu hören.

Sexualisierte Gewalt sichtbar machen

Dabei ging es auf der Demo jedoch keineswegs männerfeindlich zu. „Die meisten Männer erhalten ihren ersten Blumenstrauß bei ihrer Beerdigung“, behauptet eine Freundin und klingt fast etwas mitleidig. Ob das wirklich stimmt, sei dahingestellt; was auf jeden Fall stimmt, ist, dass Männer statistisch gesehen wesentlich häufiger zu Tätern werden als Frauen: Immerhin sind 90 Prozent der Gewalt ausübenden Personen männlich.

Die Demo will die sexistische und sexualisierte Gewalt, die viele Flinta durch Männer erfahren, sichtbar machen. Betroffene berichteten von ihren Erfahrungen und empowerten sich gegenseitig, Raketen wurden unter lautem Jubel gezündet, lila Rauchtöpfe hüllten die Straßen in Nebel, Flinta tanzten ausgelassen zu „Survivor“ von Destinys Child. So weit, so wunderbar.

Seit 2020 gibt es die Rache-am-Patriarchat-Demo, die als Reaktion auf sexualisierte Übergriffe auf dem Monis-Rache-Festival entstanden ist. Dort hatte ein Mann heimlich Filmaufnahmen auf Dixie-Toiletten gemacht, Frauen gegen ihr Wissen oder ihren Willen gefilmt und die Videos auf einer Pornowebseite hochgeladen und verkauft. Wie so oft bei sexualisierten Übergriffen wurden auch diese Vorfälle im Nachhinein zum Teil bagatellisiert, entschuldigt und damit legitimiert.

Was das alles mit dem Valentinstag zu tun hat? Wer die Liebe feiert, darf Gewalt nicht verschweigen. Jede vierte Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer körperlicher oder sexualisierter Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Partner. Was wir Frauen* uns also noch mehr wünschen als Rosen oder Pralinen, ist eine Welt ohne Mackertum und patriarchale Gewalt. Dann bekommt ihr Männer auch einen Blumenstrauß von uns, bevor ihr das Zeitliche segnet. Deal?

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