Neuer Handelsattaché für die Türkei: „In Hessen nicht willkommen“

Die Türkei möchte den Erdoğan-Vertrauten Yusuf Yerkel zum neuen Handelsattaché in Frankfurt machen. 2014 trat der auf einen Demonstranten ein.

Ein Mann tritt einen anderen Mann, der am Boden liegt und von zwei Männern in Uniform festgehalten wird

Yusuf Yerkel attackiert einen am Boden liegenden Demonstranten, Aufnahme vom 15. Mai 2014 Foto: Depo Photos/epa/dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Auf der Kennedyallee, gegenüber dem türkischen Generalkonsulat in Frankfurt, haben sich an diesem trüben Freitag mehr als hundert Menschen versammelt. Sie protestieren gegen die Pläne der türkischen Regierung, den Erdoğan-Vertrauten Yusuf Yerkel zum Handelsattaché in der Vertretung der Türkei in Frankfurt zu befördern. Yerkel wurde durch Fotos von einer brutalen Attacke auf einen am Boden liegenden Demonstranten weltweit bekannt.

Im Mai 2014 hatten Bergleute in der türkischen Stadt Soma protestiert, nachdem bei einem nahegelegenen Grubenunglück 301 Bergleute ihr Leben verloren hatte. Auf den Bannern, die die Protestierenden hinter den RednerInnen hochhalten, sind die Fotos dieser brutalen Attacke zu sehen. „Wir wollen diesen Menschenfeind weder in unserer Stadt Frankfurt noch in Hessen!“, heißt es in dem Aufruf von 20 demokratischen Organisationen und zahlreichen Einzelpersonen. Zeliha Dikmen vom Verein türkisches Volkshaus ruft unter großem Beifall: „Ein Mensch mit inhumaner Vergangenheit darf keinen Diplomatenstatus erhalten!“ Der Frankfurter DGB-Chef Philipp Jacks appelliert an die Bundesregierung, nicht mit Erdoğans Regime zu kooperieren; der führe Krieg gegen eine Minderheit, „auch mit deutschen Waffen.“

In einer Gedenkminute halten zwei Vertreter des Aktionsbündnisses einen schwarzen Kranz vor die Gitter des abgesperrten Konsulats auf der anderen Straßenseite, zum Gedenken an die Opfer des Grubenunglücks. Unter den Protestierenden sind drei Landtagsabgeordnete. Für Turgut Yüksel, SPD, ist Yerkel nicht willkommen, weil er „skrupellos auf einen Angehörigen des Grubenunglückes in Soma eingetreten hat.“ Sein Grüner Landtagskollege Taylan Burcu nennt die Fassungslosigkeit und Empörung der Öffentlichkeit verständlich. „Wer in der Türkei auf friedliche Demonstranten eintritt, kann nicht das türkische Volk in Hessen (mit)repräsentieren“, so Burcu. Die Linken-Abgeordnete Sadat Sönmez ist überzeugt: „Dieser Mann kann nicht die türkische Gemeinde in Hessen vertreten. Wir hoffen, dass deutsche Stellen deutlich machen, dass Yerkel in Hessen nicht willkommen ist.“

Auch die Türkische Gemeinde Deutschland tgd nannte es „absurd und unbegreiflich, wie ein Mann, der offensichtlich gewalttätig und ein Feind von Grundrechten und Demokratie ist, zu solch einem wichtigen Posten kommt“. Der Dachverband von fast 300 Vereinen nennt die Nominierung „respektlos gegenüber demokratischen Werten und den 301 Opfern von Soma“. Yerkel nennt die tgd einen militanten Extremisten und Antidemokraten.

Mit der Kundgebung fordern VertreterInnen der TürkInnen in Deutschland, zahlreiche PolitikerInnen und demokratische Organisationen gleichzeitig die deutschen Behörden auf, die Berufung Yerkels zu verhindern. Bislang hört man von dort nichts. Auf Bitte der taz um eine Stellungnahme zu der Personalie an den Grünen Landeswirtschaftsminister Tarek Al-Wazir verwies sein Sprecher auf die CDU-geführte Staatskanzlei, die sei zuständig. Die teilte der taz mit, die Türkei sei bislang nicht offiziell an die Bundesrepublik Deutschland herangetreten. „Zuständig für dieses Prozedere ist das Auswärtige Amt. Die Landesregierung hat darauf keinen Einfluss“, so ein Regierungssprecher.

Bis Redaktionsschluss bekam die taz keine offizielle Antwort vom Grün-geführte Außenamt. Ebenso unbeantwortet blieb die Anfrage der taz an das türkische Generalkonsulat, ob die Türkei an den Personalplänen festhält.

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