Streit um Klimaausschuss: Linkenspitze stellt sich vor Ernst
Die Linken-Vorsitzenden verurteilen die Kampagne gegen Klaus Ernst. Der Gewerkschaftler soll den Klimaausschuss leiten.
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In der vergangenen Woche hatten sich Gerüchte verdichtet, wonach die Fraktionsspitze Ernst den Vorsitz des Bundestagsausschusses für Klima und Energie übertragen möchte. Nach Informationen der taz hat ihn der Fraktionsvorstand am Montag für den Posten nominiert.
Es ist der einzige Ausschussvorsitz, der der Linken qua Proporz im Bundestag zusteht. Das Heikle daran: Ernst, ehemaliger Arbeitnehmervertreter im Porsche-Aufsichtsrat, übte als Abgeordneter stets Kritik am Klimaaktionsplan der Partei, der etwa das Aus für den Verbrennungsmotor bis 2030 fordert. Er kämpft zudem für die rasche Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2 und warnte seiner Partei vor einer Anbiederung an die Klimabewegung. Viele jüngere Genoss:innen und Sympathisant:inen, die dort aktiv sind, halten Ernst deshalb für eine Fehlbesetzung.
Gemeinsam mit Klimaaktivist:innen starteten sie am Freitag eine Online-Petition nicht-euer-ernst.de und fordern die Fraktion auf, den Posten an jemand anderen zu vergeben. Bis Montagnachmittag hatten knapp 2.500 Menschen unterzeichnet. Eine der Erstunterzeichner:innen, die rheinland-pfälzische Linkenvorsitzende Melanie Wery-Sims, zog ihre Unterschrift inzwischen wieder zurück. Und zwar wegen der Art und Weise der Kampagne, von der sie eingangs nichts gewusst habe, so Wery-Sims zur taz.
Parteichef:innen wollen Linke neu aufstellen
Der Parteivorstand hatte am Wochenende ebenfalls über die Personalie Ernst beraten und betont, die Wahl solle auf jemanden fallen, der das Thema Klimaschutz als eines der zentralen Zukunftsthemen sehr gut verkörpern könne. Man habe die Erwartung, dass die Fraktion die innerparteiliche Diskussion berücksichtige.
Am Dienstag wählt die Fraktion den oder die Ausschussvorsitzende. Der Thüringer Staatskanzleichef Benjamin Immanuel Hoff machte sich am Wochenende für den Umweltexperten Ralph Lenkert stark, andere brachten den direkt gewählten Abgeordneten Sören Pellmann aus Leipzig ins Spiel.
Wissler und Hennig-Wellsow kündigten am Montag ebenfalls an, die Linkspartei als moderne Gerechtigkeitspartei neu ausrichten zu wollen. Ein entsprechendes Strategiepapier veröffentlichten sie auf der Webseite. Man wolle sich nach dem desaströsen Abschneiden bei der Bundestagswahl – die Linke erreichte nur 4,9 Prozent – Zeit nehmen, um die Ursachen „schonungslos“ zu analysieren, so Hennig-Wellsow. Erste Antworten wolle man zum Parteitag im Juni geben. Der ehemalige Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn kritisierte über Twitter, der Text werde der dramatischen Lage der Partei leider nicht gerecht. So gebe es zum Beispiel keine Aussage zum ungeklärten Konflikt zwischen Partei und Fraktion.
In einem weiteren Strategiepapier ging das Vorstandsmitglied Maximilian Becker auf diesen explizit ein. Für den Niedergang der Linken sei neben der Schwäche im Osten und dem Wiedererstarken der SPD auch die inhaltliche Lähmung seit 2015 verantwortlich, gestützt durch ein „wahnwitziges inhaltsleeres Machtbündnis“ der Bundestagsfraktion. „Bei allen relevanten gesellschaftlichen Fragestellungen tritt die Partei mit unterschiedlichen und teils diametral entgegenstehenden Stimmen auf“, schreibt Becker.
Ein Bild, das die Linke aktuell auch in der Causa Ernst bietet.
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