Neue Parkgebühren für AnwohnerInnen: Noch längst nicht teuer genug

Die Pläne von RGR zu erhöhten Parkgebühren gehen vielen BeobachterInnen nicht weit genug: Auch so seien Autofahrende noch stark privilegiert.

Schild von DemonstrantIn zeigt SUV und "BIG"

Smaller wäre besser – finden viele Foto: imago

Die Ankündigung im Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Rot, den Ausbau des ÖPNV-Angebots unter anderem durch eine Erhöhung der Parkgebühren zu refinanzieren, wird von vielen BeobachterInnen als zu zögerlich kritisiert. Ein Anfang sei zwar gemacht, so der Tenor, aber die geplante Bepreisung gehe längst nicht weit genug.

Bislang mussten AnwohnerInnen für eine zweijährige Parkvignette eine Gebühr von 20,40 Euro zahlen. Laut der am Montag vorgestellten Vereinbarung soll sie „bis spätestens 2023“ auf 10 Euro im Monat erhöht werden, das entspricht dem Zwölffachen. Ermäßigungen nach sozialen oder ökologischen Kriterien seien möglich, heißt es weiter. Für andere Parkplatzsuchende sollen die Preise schon 2022 angehoben werden, um wie viel, ist noch offen.

„Viel zu gering!“, findet Mobilitätsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB). „500 bis 800 Euro im Jahr, mindestens“, könne er sich vorstellen, allerdings sei auch das „gemessen am Preis, den ein Parkplatz kostet, immer noch geschenkt“. Ein Auto, das 90 Prozent der Zeit nicht bewegt werde, könne nicht das Privileg genießen, auf öffentlichem Raum abgestellt zu werden. „Die Koalition hat die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt“, so Knie.

In dieselbe Kerbe schlägt der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch: „120 Euro im Jahr sind weiterhin ein symbolischer Preis. Wenn man bedenkt, was die Erstellung und der Unterhalt von Straßenraum kosten, subventioniert der Senat mit einem solchen Preis weiterhin Autos.“ Statt beidseitig zugestellten Straßen brauche die Stadt Raum zum Leben, Spielen oder Spazierengehen.

Einen Preis für das Anwohnerparken von 1 Euro am Tag – sozusagen ein 365-Euro-Ticket für Autos – hielt Resch nur für das „Mindeste“. Er zieht den Vergleich mit kommerziellen Anbietern: „Bei der Jahresmiete für einen Stellplatz in einem Parkhaus kommen Sie schnell in den vierstelligen Bereich.“

„Stadtpanzer auf Lkw-Parkplätze“

Der DUH-Geschäftsführer verweist auf Städte wie Wien oder Barcelona, die längst viel weiter darin seien, private Kfz aus der Stadt zu verdrängen und im Gegenzug den ÖPNV zu verbessern: „Dort ist die Wirtschaft auch nicht zusammengebrochen.“ Besonders wichtig sei ein anderer Umgang mit SUVs: „Bei solchen Fahrzeugen können wir ohne Probleme schon jetzt stärker mit den Preisen anziehen und sie um ein Mehrfaches teurer machen. Das trifft nicht die sozial Schwachen.“ Auch eine „Größenbegrenzung“ sei denkbar: „Solche Stadtpanzer können gerne auf Lkw-Parkplätzen abgestellt werden.“

Der Verein Changing Cities bezweifelt, dass die Anwohner-Parkgebühren eine Lenkungswirkung entfalten werden: „Mit 0,014 Cent pro Stunde ist es immer noch 10-fach günstiger als ein für zwei Stunden gültiges BVG-Ticket á 3 Euro“, heißt es in einer Mitteilung. Vor allem fehle es weiter an der lange angekündigten flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung im S-Bahn-Ring: „Von der Erfüllung des 2016 durch Rot-Rot-Grün gegebenen Versprechens sind wir noch weit entfernt.“ Unklar sei außerdem, wie sich die Höhe der Gebühren innerhalb der Legislatur entwickeln werde.

Ob sie sich überhaupt erhöhen, diese Frage kann Oda Hassepaß, für die Grünen neu ins Abgeordnetenhaus gewählt und seit Jahren für die Mobilitätswende engagiert, zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Sie werde sich aber in jedem Fall dafür einsetzen, sagte sie auf taz-Anfrage. Auch Hassepaß hält die 10 Euro im Monat für „niedrig“: „Ein Grund, sein Auto abzuschaffen, wird das für die meisten noch nicht sein.“ Allerdings lasse sich so leichter Akzeptanz für die Maßnahme schaffen – und außerdem gehe es ja darum, Einnahmen für die Verbesserung des öffentlichen Verkehrsangebots zu generieren.

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