Ein Monat nach dem Putsch in Sudan: Generäle rudern zurück
Sudans Militärmachthaber Burhan setzt den weggeputschten Premierminister Hamdok wieder ein. Aber der Anti-Putsch-Bewegung reicht das nicht.
In dem Abkommen, das dreizehn Punkte umfasst, verpflichten sich beide Seiten mehr oder weniger, den Zustand vor dem Militärputsch wiederherzustellen. Damals hatte al-Burhan einseitig das Machtteilungsabkommen für beendet erklärt, das nach dem Sturz des Diktators Omar Hassan al-Baschir 2019 vom Militär und der zivilen Opposition gemeinsam ausgehandelt worden war und in dessen Rahmen der zivile Premierminister Hamdok eine zivil-militärische Regierung führte, die einem „Souveränitätsrat“ unter Führung von General al-Burhan unterstellt war.
Hamdok wird nach dem neuen Abkommen nun erneut als Premier eingesetzt und soll eine Regierung aus Technokraten bilden. Die während des Putsches und in den letzten Wochen verhafteten politischen Gefangenen, darunter viele Kabinettsmitglieder der ehemaligen Hamdok-Regierung, sollen wieder freigelassen werden.
Eher vage formuliert, fordert das Dokument die Rückkehr zum ursprünglich ausgehandelten Machtteilungsabkommen von 2019, das den Übergang Sudans zu einer Demokratie festschrieb. Außerdem sollen die Umstände des Todes von über 40 Demonstranten untersucht werden, die während der landesweiten Anti-Putsch-Proteste der letzten Wochen, meist durch Schüsse der Sicherheitskräfte auf Demonstranten, ums Leben gekommen sind.
Der genaue Rahmen dieser Untersuchung wurde nicht festgelegt, und es werden auch keine konkreten Daten genannt.
Weiteres Blutvergießen verhindern
Weder al-Burhan noch Hamdok wirkten sonderlich entspannt bei ihrer Zeremonie. Hamdok sprach bei der Unterzeichnung davon, weiteres Blutvergießen im Sudan zu verhindern. Ziel des Abkommens sei es, den Übergangsprozess zu einem demokratischen Sudan wiederherzustellen und die Errungenschaften des Landes seit dem Sturz des Diktators al-Baschir vor zwei Jahren zu erhalten.
Al-Burhan sprach Hamdok sein Vertrauen aus und sprach davon, dass mit der Unterzeichnung der Weg des Übergangs zu einer Demokratie wieder frei sei.
Al-Burhan hat mit diesem Dokument zwar seinen Putsch rückgängig gemacht und dem Druck der Straße Rechnung getragen. Doch die dort in den vergangenen Wochen beständig formulierte Forderung, dass sich Sudans Militär nun sofort vollkommen aus der Politik zurückziehen und für den Putsch zu Rechenschaft gezogen werden soll, enthält das Abkommen nicht.
Laut dem Übergangsabkommen von 2019, das jetzt wieder in Kraft ist, bleibt dem Militär eine zentrale Rolle im sogenannten Souveränitätsrat, der die Rolle des Staatsoberhaupts innehatte und von General al-Burhan geführt worden war. Aus Sicht der zivilen Protestbewegung war diese Vormachtstellung des Militärs eine Blockade auf dem Weg zur Demokratisierung Sudans gewesen.
Demonstranten lehnen Deal ab
Ihre Proteste gingen während und nach der Unterzeichnung des neuen Dokumentes am Sonntag weiter. Tausende von Demonstranten versammelten sich vor dem Präsidentenpalast. Die Forces for Freedom and Change, ein Dachverband der Anti-Putsch-Proteste, betonten erneut, dass sie sich jeglichem Deal mit dem Militär verweigern. Sie vertreten die Position, dass es keinerlei politische Zusammenarbeit mit den Militärs mehr geben darf und dass die Putschisten vor Gericht gehören.
„Alle Abkommen mit der brutalen Junta betrachten wir als nichtig und wir werden alle friedlichen und kreativen Möglichkeiten nutzen, um diese zu stürzen“, heißt es in einer Erklärung der Gruppe, noch bevor das neue Abkommen unterzeichnet wurde.
Samahir el-Mubarak, Sprecherin der sudanesischen Berufsverbände, die schon bei den Massenprotesten 2019 eine zentrale Rolle spielten und sich jetzt wieder den Anti-Putsch-Protesten angeschlossen hatten, lehnt es ab, zur Machtteilung mit den Generälen zurückzukehren: „Die Partnerschaft zwischen Militärs und Zivilisten ist mit diesem Putsch kollabiert und es gibt keinen Weg, diese wiederherzustellen und zu reformieren“, erklärte sie dem Fernsehsender al-Dschasira.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
VW in der Krise
Schlicht nicht wettbewerbsfähig
Prognose zu KI und Stromverbrauch
Der Energiefresser
Kränkelnde Wirtschaft
Gegen die Stagnation gibt es schlechte und gute Therapien
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen
Anschläge auf „Programm-Schänke“
Unter Druck
Jeff Bezos und die Pressefreiheit
Für eine Zwangsabgabe an Qualitätszeitungen!