Bezahlung von Pflegekräften: „4.000 Euro, da kann ich mitgehen“

Zum Tag der Pflege fordern Verbände faire Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen in der Branche. Gesundheitsminister Spahn kann da nur zustimmen.

Protestierende halten Schilder hoch, die eine geballte Faust zeigen

Die Initiative „Walk of Care“ fordert bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung, 30.09.2021 Foto: Florian Boillot

BERLIN afp/epd | Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unterstützt die Lohnforderungen der Pflegekräfte. Spahn sagte am Mittwoch zum Auftakt des diesjährigen Deutschen Pflegetags in Berlin: „4.000 Euro, da kann ich mitgehen.“ Er könne sich auch vorstellen, dass der Pflegemindestlohn in Richtung 3.000 Euro erhöht werde, der derzeit bei 2.700 Euro für Fachkräfte liege. Spahn bezog sich auf eine Forderung des Deutschen Pflegerates nach Pflegelöhnen von 4.000 Euro im Monat.

Der CDU-Politiker machte aber zugleich deutlich, dass die Löhne und Gehälter von den Tarifpartnern ausgehandelt werden müssten. Das könne nicht die Politik tun. Spahn rief die Pflegekräfte auf, sich zusammenzutun, um ihre Forderungen durchzusetzen. Angesichts des Personalmangels in der Branche säßen sie am längeren Hebel, sagte Spahn: „Sie müssen Ihre Interessen durchsetzen.“

Die Große Koalition habe die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass jede neu eingestellte Pflegekraft in Krankenhäusern und Altenheimen refinanziert werde, erklärte der Minister. Es sei gelungen, die Abwärtsspirale zu stoppen, aber der Weg zu mehr Personal dauere noch mindestens zehn Jahre. Die gesetzlichen Verbesserungen seien im Alltag der Pflegekräfte noch nicht angekommen, räumte er ein.

Die Präsidentin des Pflegerates, Christine Vogler, hatte zuvor gefordert, Pflegekräfte müssten 4.000 Euro im Monat verdienen, erreichten diesen Lohn aber häufig auch nach langjähriger Berufstätigkeit nicht. Die Einstiegsgehälter lägen bei 2.400 Euro, erklärte Vogler. Sie forderte die künftige Bundesregierung auf, die Pflege zu einem ihrer zentralen Themen zu machen. Eine der Kernfragen sei, wie die steigenden Ausgaben finanziert werden sollten. „Mit dem heutigen Gesundheitssystem werden wir diese Herausforderungen nicht bewältigen können“, sagte Vogler.

Fehlen bald 500.000 Pflegekräfte?

Bis 2030 werde die Zahl der Pflegebedürftigen um eine weitere Million auf 5,1 Millionen Menschen steigen. Wenn nichts gegen den Personalmangel unternommen werde, fehlten dann 500.000 Pflegekräfte in der Altenpflege und in den Kliniken, heute seien es bereits 200.000.

„Wir waren teuer, weil wir zum Beispiel in die Pflege investiert haben“, räumte Spahn mit Blick auf die öffentlichen Diskussionen über die Kosten von Gesundheit und Pflege ein. Aber gerade die Coronapandemie zeige: „Ein starkes Gesundheitswesen, eine starke Pflege, gibt persönliche Sicherheit in der Krise.“

Spahn, der bei Zustandekommen einer Ampelkoalition aus dem Amt scheiden müsste, zog eine positive Bilanz der zu Ende gehenden Legislaturperiode. „Von dem, was wir anpacken sollten, haben wir ziemlich viel angepackt.“ Er verwies auf den Mindestlohn in der Pflege, der insbesondere für „Zigtausende, wenn nicht Hunderttausende“ im Norden und Osten Deutschlands eine deutliche Verbesserung bringe.

Auf dem Deutschen Pflegetag, der von Mittwoch bis Donnerstag dauert, diskutieren Vertreter von Politik und Verbänden über die Situation der Branche, die vor allem von Personalmangel geprägt ist.

Zum Auftakt des Pflegetages forderte die Deutsche Stiftung Patientenschutz derweil eine finanzielle Entlastung für Pflegebedürftige. „Während die Krankenversicherung die Pflege in der Klinik und der Patienten zu Hause vollfinanziert, übernimmt die Pflegeversicherung nicht mal alle Pflegekosten der Betroffenen“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND) vom Mittwoch.

„Über die Anpassung der Zuschüsse an die Ausgaben entscheidet allein die Bundesregierung“, kritisierte Brysch. Die Pflegeversicherung müsse auf ein breites Fundament gestellt werden, forderte er weiter. „Funktionieren kann das nur mit Steuer- und Krankenkassenzuschüssen sowie einer Anpassung der Mitgliedsbeiträge.“ Das aktuelle Zuschussprinzip der Pflegeversicherung sei fatal.

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