Schlappe für NRW: Hambi-Räumung bleibt rechtswidrig

Genugtuung für WaldbesetzerInnen: Ein Gerichtsurteil, das die Räumung des Hambacher Waldes für rechtswidrig erklärt, hat Bestand.

Füsse stehen auf einer Sprosse eines Bauhauses

Ein Aktivist baut ein Baumhaus in acht Meter Höhe im Hambacher Forst Foto: David Young/dpa

AACHEN taz | Die Stadt Kerpen nahe Köln wird gegen den erklärten Willen der NRW-Landesregierung ihre Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln zurückziehen. Anfang September hatte das VG Köln die Räumung des Hambacher Waldes im Herbst 2018 für rechtswidrig erklärt, weil die Begründung Brandschutz der Baumhäuser offensichtlich vorgeschoben war, um RWE das Gelände zur Abholzung freizulegen.

Die NRW-Regierung hatte die Stadt Kerpen damals angewiesen, die Räumung durchzuführen. Es wurde mit Kosten von (nicht dementierten) 50 Millionen Euro die wohl teuerste Steuergeldvernichtung in der Geschichte des Bundeslandes.

Anfang Oktober hatte die CDU-geführte Stadt Kerpen noch eilig im Hauptausschuss eine Berufung beschlossen, auch dank AfD-Stimmen, ohne den Rat anzuhören. Am Dienstagabend beschloss der Kerpener Stadtrat nun mit Mehrheit der Stimmen aus SPD, Linken, Grünen und Unabhängiger Wählergemeinschaft (UWG), alle Rechtsmittel zu stoppen. Der Beschluss ist auch ein weiterer Meilenstein des gerade zurückgetretenen Ministerpräsidenten Armin Laschet auf dem Weg in die politische Bedeutungslosigkeit.

Auf der Ratssitzung war es nach Darstellung von Beteiligten weniger hoch hergegangen, als man vermuten könnte. Der Grund: Grünen-Geschäftsführer Bernd Krings hatte die Mehrheitenfindung vorher intensiv organisiert, wie sein Fraktionsvorsitzender Peter Abels sagt: „Wir sind jetzt höchst glücklich, dass wir das politisch erreicht haben. Das letzte Mittel ist immer der gewählte Stadtrat.“ Das müsse auch die Landesregierung einsehen.

Schuldfragen auf Laschet abwälzen

Entscheidend war am Dienstag auch die Enthaltung der beiden FDP-Abgeordneten. Damit haben sie sich gegen ihre Landesregierung gestellt. „Bei der FDP weiß man nie“, sagt Abels, „aber die sind hier in Kerpen schon immer sehr autark.“ Jedenfalls sei CDU-Bürgermeister Dieter Spürck vom Rat „jetzt angewiesen, die Berufung bei Gericht zurückzuziehen“.

Ob aus Düsseldorf noch ein Weisungskonter folgt? „Das wäre eine politische Bankrotterklärung“, sagt Krings. Sein Parteikollege Abels glaubt, der neue Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) werde das Ratsvotum „geräuschlos hinnehmen“, Schuldfragen könne er ja auf seinen Vorgänger Laschet abwälzen.

Ebenfalls rechtskräftig ist ein Urteil des Landgerichts Aachen, wonach das Land NRW 3.350 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen des illegalen Gewaltangriffs eines Polizisten im Hambacher Wald 2016 an den Filmemacher Todde Kemmerich zahlen muss. Das Land ließ die Berufungsfrist verstreichen.

Kemmerichs Anwalt teilte derweil mit, die Gegenseite habe „um Geduld gebeten wegen der Zahlung des ausgeurteilten Betrages“. Kemmerich kommentiert spöttisch: „Schon ulkig, das wirkt, als müssten die bei der Polizei für ihren Kollegen erst sammeln gehen.“ Strafrechtlich hat das Zivilurteil für den Hundertschaftsführer Dietmar Z. keine Konsequenzen: Alle Staatsanwaltschaften in Aachen und Köln hatten Ermittlungen abgelehnt.

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