Beschäftigungsquote von Frauen: Als wären Mütter zu bequem

Vielleichtkanzler Olaf Scholz will, dass Frauen mehr arbeiten. Unter dem Deckmantel der Gleichberechtigung wird die Lohnarbeit verdoppelt.

Ein Kind im Schnee

Eigentlich sind es drei Jobs Foto: Cavan/imago images

Eine der größten Lügen, die wir uns als Eltern erzählen, ist, dass es an unserem Organisationstalent liegt, glücklich oder auch nur okay zu sein. Doch angesichts der strukturellen Probleme kann man seinen Familienkalender geißeln, Essen vorkochen und Ansprüche über Bord werfen, so viel man will, es wird nicht reichen. Vor allem nicht, solange Po­li­ti­ke­r:in­nen diese Probleme ignorieren. So hat der SPD-Vielleichtkanzler Olaf Scholz letztens erklärt, dass er die Beschäftigungsquote von Frauen erhöhen will, um so die Rente für Junge zu garantieren.

Kann man machen. Man kann auch, wenn es regnet, einer Person den Regenschirm wegnehmen und ihn einer anderen geben und sich dann freuen, was für tolle Lösungen man nicht hat. Viele Frauen mit Kindern werden sich fragen: Spürt der sich noch? Die Beschäftigungsquote der Frauen zu erhöhen, wird nicht gehen, ohne die Beschäftigungsquote der Männer zu senken – irgendwer muss die ganze Arbeit zu Hause ja auch noch machen.

Statt gerechter zu verteilen wird aber überall versucht, aus Frauen noch mehr Lohnarbeit zu pressen: Man müsse für Frauen „Teilzeit weniger attraktiv“ machen. Raus aus der Teilzeitfalle! Nicht die Väter, sondern die fehlende Kinderbetreuung sei schuld, und Teilzeit sei nun mal eine Armutsfalle. Und während das nicht komplett falsch ist, ist es aber so nachhaltig, wie sich in einem Schneesturm in die Hose zu pinkeln, weil das kurz wärmt. Eine Armutsfalle sind Teilzeitjobs vor allem, wenn sie schlecht bezahlt sind.

Doch es ist kein Naturgesetz, Frauen schlecht zu bezahlen, genauso wie die 40-Stunden-Woche kein Naturgesetz ist. Es geht dabei mehr um Macht als um Produktivität. Sonst hätte der Arbeitstag längst fünf Stunden und die Arbeitswoche vier Tage. Und zwar nicht nur für Eltern. Die Kinderbetreuung auszubauen, ist dringend nötig, um die Last von Eltern, vor allem von Alleinerziehenden, zuverlässig zu mindern. Dennoch kann es keine Konsequenz sein, Kinder von 8 bis 18 Uhr betreuen zu lassen, weil man sonst die Miete nicht bezahlen kann und kaum Rente bekommt.

Misogyner Unterton

Bemerkenswert ist der misogyne Unterton. Als wären Mütter zu bequem. Als hätten sie es sich kuschelig gemacht in ihrer kleinen Armutsfalle voller Freizeit und Prosecco, ohne in ihrem kleinen Hirn zu verstehen, was das bedeutet. Doch mit der Realität hat das nichts zu tun. Die Verantwortung, die Männer, Arbeitgeber und Politik an der Altersarmut von Frauen haben, wird komplett ausgeblendet.

Früher hat in einer Paarbeziehung mit Kindern üblicherweise eine Person 40 Stunden lohngearbeitet und eine Person war für Haushalt und Kinder zuständig – was insgesamt drei Jobs sind, wenn wir ehrlich sind. Seither hat sich die Lohnarbeit unter dem Titel „Gleichberechtigung“ allmählich verdoppelt. Dass diese Rechnung nicht aufgehen kann, ohne massive Opfer zu bringen – die Beziehung zu seinen Kindern, seine Partnerschaft, die eigene Gesundheit, Beruf oder Rente –, sollte klar sein.

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Schreibt über Gesellschaft, Politik, Medien und manchmal über Österreich. Kolumne "Kinderspiel". War 2013 Volontärin der taz panter-Stiftung, dann taz-Redakteurin. Von 2019 bis 2022 Ressortleiterin des Gesellschafts- und Medienressorts taz zwei. Lebt und arbeitet in Wien.

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