: 12 Prozent außen vor
Kleinparteien wurden von 12 Prozent der Wähler*innen gewählt, aber keine schafft die 5-Prozent-Hürde. Immerhin: Die Tierschutzpartei ist in vier BVVen
Von Sara Guglielmino und Susanne Memarnia
Nie zuvor haben so viele Menschen bei einer Abgeordnetenhauswahl Parteien gewählt, die wegen der Fünfprozenthürde nicht ins Parlament kommen. 12,4 Prozent der Wähler*innen haben sich mit ihrer Zweitstimme für eine der zahlreichen „sonstigen“ Parteien entschieden. Von diesen schnitt die Tierschutzpartei mit 2,2 Prozent (40.057 Stimmen) am besten ab, gefolgt von der Satire-Partei Die Partei (1,8 Prozent), der Coronaleugner-Partei Die Basis (1,3), der liberalen Volt (1,1) und dem Team Todenhöfer (1,0). Die Klimaliste landete mit 0,4 Prozent (7.854 Zweitstimmen) weit abgeschlagen im hinteren Feld der Kleinparteien – sie war vor der Wahl wegen der Klimakrise sogar medial recht präsent.
Am Sonntagabend war die Stimmung auf der Wahlparty der Klimaliste noch ausgelassen. Bei Sekt und kaltem Buffet unterhielten sich rund 150 Anhänger*innen im Außenbereich des Clubs Humboldthain im Wedding – immer mit Blick auf die Bühne und die Wahlprognosen. Über den Erfolg der Grünen freute man sich: Bei der ersten Prognose um 18 Uhr kam regelrechter Jubel auf. Auf die eigenen Ergebnisse warteten die Mitglieder der Klimaliste gespannt bis in den späten Abend. Am Montag jedoch mochte keiner der führenden Mitglieder das magere eigene Abschneiden gegenüber der taz kommentieren.
Einen gewissen Erfolg können zwei der „Kleinen“ immerhin auf Bezirksebene verbuchen: Die Tierschutzpartei schaffte erstmals den Einzug in vier Bezirksparlamente. In Spandau, Treptow-Köpenick und Lichtenberg ist sie in den Bezirksverordnetenversammlungen (BVVen) nun mit je 2 Sitzen vertreten, in Marzahn-Hellersdorf sogar mit 3 Sitzen. Für die Wahl zu den Bezirksparlamenten gilt statt einer Fünfprozent- nur eine Dreiprozentklausel. Als einzige andere Kleinpartei schaffte Die Partei diese Hürde in Friedrichshain-Kreuzberg, wo sie weiterhin mit 2 Sitzen in der BVV vertreten ist.
Der Sprecher der Tierschutzpartei, Marcel Krohn, ist trotzdem nicht ganz zufrieden. „Wir hatten uns ein bisschen mehr erhofft“, sagte er am Montag der taz. Man sei „sehr präsent“ im Wahlkampf gewesen; Berlin war zudem bundesweit der Schwerpunkt der Kampagne. Zwar sei der Einzug ins Abgeordnetenhaus nicht „im Bereich des Realistischen“ gewesen, aber: „Mehr Bezirke wären schön gewesen.“
Hoffnungen hatte sich Krohn vor allem deshalb gemacht, weil im Wahlkampf die Klimapolitik – neben dem Tierschutz Kernanliegen der Partei – ein „großes Thema“ war: „Unsere Kernwählerschaft wählt uns zwar wegen des Tierschutzes. Aber viele junge Leute haben uns gesagt, sie würden uns wegen der Klimakrise wählen; die Grünen seien nicht konsequent und entschlossen genug.“ Zugleich habe es aber eine starke Kampagne aus dem grünen Umfeld gegeben, dass es gerade bei dieser Wahl wichtig sei, keine Stimme an kleine Parteien zu geben. Das Wahlergebnis mit 12 Prozent Stimmenanteil für „Sonstige“ belegt für Krohn, dass eine Diskussion über eine Absenkung der 5-Prozent-Hürde nötig wäre. „Bei einer 3-Prozent-Hürde hätten wir deutlich mehr Chancen und würden mehr Stimmen bekommen“, ist er sich sicher.
Auch der Politikwissenschaftler Benjamin Höhne vom Institut für Parlamentarismusforschung hatte der taz vor der Wahl gesagt, die Nichtrepräsentanz eines beachtlichen Teils der Wähler*innen in den Parlamenten sei bedenklich: „Sicher sollte es nach normativem Demokratiemaßstab so sein, dass möglichst viele WählerInnenstimmen durch Mandate im Parlament abgebildet werden.“
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