Der Tag nach der Wahl: Wer jetzt mit Kühemelken dran ist
Klingbeil ruft panisch bei Schröder an, Habeck leidet unter Entzug, Söder kennt Laschets Namen nicht mehr. Ein Blick auf den Montag nach der Wahl.
D ie Minderjährige, die zu meiner Infektionsgemeinschaft gehört, findet, dass ich ziemlich gut die Zukunft vorhersagen kann. Ich stelle hierzu fest: Es stimmt. Ich weiß immer genau, dass das Handtuch auf dem Boden liegt, wenn sie das Bad verlässt, dass sie sich an meinem Schrank bedient hat, wenn ich plötzlich kein Paar Strümpfe mehr finde oder die Katzen schuld sind, wenn die Küche verwüstet ist.
Deshalb weiß ich auch schon jetzt, was nach dem Wahlsonntag am Montagmorgen in den Parteigremien los sein wird. Bei der SPD wird zur Feier des Tages Currywurst zum Frühstück gegessen, der Kraftriegel des Facharbeiters. Wahlkampfleiter Lars Klingbeil ruft Schröder an und fragt leicht panisch: „Gerd, was sagt man denn am Tag nach einer Wahl, die man gewonnen hat?“ Er habe so etwas noch nicht gemacht. Olaf Scholz weiß es auch nicht mehr, er leidet ja bekanntlich unter Gedächtnislücken. Schröder rät zu diesem Satz: „Frau Merkel, Sie glauben doch wohl nicht, dass sie Bundeskanzlerin werden! Wir wollen die Kirche doch mal im Dorf lassen!“
Bei den Grünen hat Annalena Baerbock Mettbrötchen mitgebracht und lässt „Kein grüner Land“ singen. Robert Habeck hat sich derweil verspätet. Er war noch bei den Anonymen Adrenalinjunkies, Fachbereich Bühnenauftritt (AA-FAB). Nach 81 Wahlkampfterminen zittert er, als hätte er Entzugserscheinungen. Wahlkampfleiter Michael Kellner ergreift das Wort: „Trotz der sexistischen Angriffe und der Kampagne der Springerpresse auf unsere Annalena haben wir die Wahl gewonnen! Wir haben uns fast, also ein bisschen und sozusagen beinahe verdoppelt.“ Habeck: „Wir haben Zwei zu Null zurückgelegen und haben dann aus der Tiefe des Raums mehrere Eigentore geschossen.“ Kellner: „Häh?“. Habeck: „Du bist gefeuert.“
Baerbock wirft ein: „Ich komme ja aus dem Sport, und mit Blick auf das Wahlergebnis ist das eindeutig ein Sieg.“ Habeck sagt, sie sei jetzt dran mit Hühnern, Schweinen, Kühe melken – und er mit allem anderen. Er verweist auf seine vom Wahlkampf gezeichneten braunen Nicht-Kanzlerkandidatenschuhe, die jetzt genau die richtige Farbe für die Position des Vizekanzlers hätten. Und er würde sie blitzeblank putzen, bevor er sich nach den vom ihm geführten Koalitionsverhandlungen ganz in Ruhe aussuchen werde, welches Ressort ihm zusagt. Baerbock wirft mit Mettbrötchen.
FDP-Chef Christian Lindner setzt indes einen Krisenstab ein, um einen Strafprozess gegen Habeck wegen schweren Diebstahls auf den Weg zu bringen. Der Grüne habe ihm den Begriff Freiheit gestohlen und benutze ihn auf unanständige Weise im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Das Wort Freiheit habe schon immer der FDP gehört, und zwar zu jeder Zeit und in jeder Interpretationsform. Lindner werde nur dann eine Koalition eingehen, wenn er die Freiheit zurückerhalte: „Es ist besser nicht zu regieren, als beklaut zu regieren.“
Weißwurst auf blauweißen Tellern
Bei der gemeinsamen Sitzung von CDU und CSU gibt es zum Frühstück Weißwurst auf blauweißen Tellern. Das hat Markus Söder angeordnet. Er geht grüßend durch den Raum und bleibt bei Armin Laschet stehen. „Wie heißt du noch mal? Ich kenn dich doch von irgendwoher.“ Statt von Wahlen redet Söder nur noch von „Generalprobe“. Er sagt: „Lasst uns jetzt über die Zukunft sprechen. Wann soll ich als Unions-Kanzlerkandidat 2025 ausgerufen werden? Morgen, übermorgen oder doch erst nächste Woche?“
Die Minderjährige trauert unterdessen um Merkel und möchte unbedingt zur Fridays-for-Future-Demo statt zur Schule. Es geht schließlich um ihre Zukunft und die Frage, ob sie womöglich nach Alaska ziehen muss, weil sie doch Hitze nicht mag. Aber wie jetzt? Zu Fuß? Wieso das denn? „Können wir nicht mit dem Auto zur Demo fahren?“
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