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Sinkende WahlbeteiligungWarum wir nicht wählen

Die Zahl der Nicht­wäh­le­r:in­nen steigt – vor allem unter Ärmeren. Was sind die Gründe dafür? Sechs Erfahrungen.

Das Gefühl, nicht vertreten zu sein, ist unter Nicht­wäh­le­r:in­nen sehr verbreitet Foto: getty

„Wenn mich die Gesellschaft nicht will, dann will ich auch kein Teil von ihr sein“

Jens Kohlen, 55, arbeitet als freier Fotograf in Kassel und bezieht Hartz IV.

taz macht Klassenkampf

Deutschland gehört zu den reichsten Staaten der Welt – aber Wohlstand, Bildung, Gesundheit und Glück sind höchst ungleich verteilt. Wie wird die kommende Bundestagswahl die Weichen stellen für die Verteilungsprobleme? Wen wird es treffen, dass die öffentlichen Kassen nach der Pandemie leergefegt sind? Schaffen wir es, das Klima zu schützen und dabei keine Abstriche bei der sozialen Gerechtigkeit zu machen? Unter dem Motto „Klassenkampf“ widmet sich die taz eine Woche lang Fragen rund um soziale Gerechtigkeit.

Alle Texte hier.

„Mich stört es, dass ich als Nichtwähler sofort in die rechte Ecke gedrängt werde. Ich will keine rechten Parteien stärken. Ich sehe nur zur Zeit einfach nichts im politischen Angebot, was mich überzeugt. Denn wenn du auf Hartz IV bist, dann interessiert sich niemand für dich. Keine Partei bildet das ab, was ich gerade erlebe: keine Arbeit, einen drogenabhängigen Sohn, eine Wohnung, die ich nicht mehr bezahlen kann und Behörden, die dich von Amt zu Amt schicken.

Meine Eltern hatten mehrere Textilgeschäfte, so bin ich schnell in die Modewelt reingerutscht. Ich habe erst eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann im Betrieb der Eltern gemacht. Dann war ich selbstständig, hatte eigene Onlinestores und fing an, als Modefotograf zu arbeiten. Bei mir daheim war Politik immer ein Tabuthema. Ich weiß bis heute nicht, was meine Eltern wählen würden. Bei uns wurde nie über so was gesprochen, Einkommen und Wahlstimme waren wie ein Staatsgeheimnis.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Ich war 25 Jahre lang selbstständig. Dann bin ich insolvent gegangen. Mir ging es zu dieser Zeit nicht gut, deshalb war ich ein Jahr in stationärer psychiatrischer Behandlung. Wenn du von 50.000 Euro im Monat auf 750 Euro runterkommst, ist das eine ziemliche Fallhöhe.

Das Arbeitsamt hat mir einen Job vermittelt, ich habe für 9,50 die Stunde in einem Schuhladen gearbeitet. Das hat mir Spaß gemacht. Dann kam Corona. Mein Arbeitgeber ist erst auf Kurzarbeit gegangen. Dann hat er alle Leute entlassen.

Wenn du 54 bist und davor nur selbstständig warst, kannst du 500 Bewerbungen schreiben, dich will trotzdem keiner. Und dann immer das Hin und Her mit dem Amt. Irgendwann habe ich zugemacht. Ich denke mir: Wenn mich die Gesellschaft nicht mehr haben will, dann will ich auch kein Teil von ihr sein.

Früher fand ich die Linke ganz gut. Aber da hatte die auch noch Gesichter, einen Gysi oder eine Wagenknecht. Da fühlte ich mich verstanden. Aber dann ging innerparteilich so viel kaputt und die neuen Vorsitzenden sagen Sachen, mit denen ich einfach nicht mitgehen kann. Die SPD mit Scholz geht gar nicht, das sind CDU-Plakate in roter Farbe. Und die AfD zeigt nur mit dem Finger auf andere, hat aber null Ideen, wie man was besser machen kann.

Für mich als Künstler fehlt einfach vieles in der Politik. Wir brauchen einen höheren Mindestlohn und ein bedingungsloses Grundeinkommen. Wir sind so ein reiches Land, das kann man über tausend Wege finanzieren.“

„Was ich mit meiner Stimme bewirken könnte, ist mir nicht klar“

Eine Kellnerin, 22, in Franken. Sie möchte anonym bleiben.

„Ich gehe nicht wählen, ich bin auch noch nie wählen gegangen. Der Grund dafür ist langweilig, denn ich interessiere mich einfach nicht dafür.

Ich schaue keine Nachrichten, ich lese keine Zeitung und ich höre kein Radio. Jedes Mal, wenn ich es versuche, wird sowieso nur von Krieg, Mord und Totschlag berichtet. Es ist jeden Tag das Gleiche und es gibt nichts Gutes. Damit möchte ich mich gar nicht auseinandersetzen. Vieles verstehe ich auch nicht. Wenn von linker oder rechter Politik gesprochen wird, weiß ich nicht, was das bedeutet. Was ich mit meiner Stimme bewirken könnte, ist mir nicht klar.

Dass das so ist, liegt auch daran, dass Politik in meinem Umfeld nie ein Thema war. Ich habe die Hauptschule besucht und in all den Jahren wurde kein einziges Mal darüber gesprochen. Weder die Lehrer noch die Schüler haben Politik thematisiert. Später habe ich meinen Realschulabschluss nachgeholt und eine Ausbildung in der Gastronomie gemacht, doch auch dort ist das Thema nie aufgekommen.

Bei meiner Familie ist das anders. Meine Eltern gehen wählen und sie interessieren sich für Politik. Sie versuchen, sich mit Hilfe von Nachrichten im Fernsehen und in der Zeitung auf dem Laufenden zu halten. Sie wollten schon oft mit mir darüber sprechen, wie wichtig es ist, dass ich wählen gehe. Sie reden, doch richtig Einfluss nehmen sie nicht auf mich. Für mich ist das alles eben nicht wichtig, die Einstellung meiner Eltern kann ich nicht nachvollziehen. Das Thema wird schnell fallen gelassen, weil meine Eltern mich nicht zwingen wollen.

Das war auch bei der Schulwahl so. Ich bin nur zur Hauptschule gegangen, weil meine Freundinnen dorthin sind. Mit meinen Noten hätte ich einen höheren Bildungsweg einschlagen können und heute bereue ich, dass ich das nicht getan habe. Manchmal denke ich, es wäre besser gewesen, wenn meine Eltern mehr Einfluss genommen hätten. Vielleicht werde ich so auch eines Tages über das Thema Wahlen denken.

Vor Kurzem habe ich in einem neuen Restaurant angefangen, in dem auch Studierende arbeiten. Im Gegensatz zu uns Festangestellten sprechen sie regelmäßig über Politik, gerade jetzt vor den Wahlen. Nach den vielen Gesprächen habe ich verstanden, dass ich eigentlich ein Privileg habe: Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen auf dieser Welt, darf ich wählen gehen. Doch geändert hat das für mich nichts.“

„Egal, wen du wählst, es ändert sich nichts“

Michael, 45, ist momentan arbeitslos und lebt in Berlin. Seinen Nachnamen will er nicht öffentlich machen.

„Fast hätte ich dieses Jahr die AfD gewählt. Das ist die einzige Partei, die auch die Leute mitnimmt, die gegen die Coronamaßnahmen sind. Aber ich habe mir mal die Wahlplakate angeschaut. Solche dummen Sprüche und so ein bescheuertes Programm – so eine Partei kann man doch nicht unterstützen. Da wähle ich lieber gar nicht.

Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen. Nach der Schule habe ich studiert, zuerst Informatik, dann Deutsch und Geschichte. Aber leider habe ich es nicht geschafft, das Studium zu beenden.

Früher habe ich immer gewählt. Zuerst die CDU. Dann irgendwann die SPD, danach die Grünen oder die Linke. Ich habe aber im Laufe meines Lebens gesehen: Egal wen du wählst, es ändert sich nichts. Wenn die Parteien an die Macht kommen, dann machen sie alle dasselbe.

Mit meiner Familie spreche ich nie über Politik, aber mit meinem Freundeskreis dafür sehr viel. Ich bin nicht unpolitisch. Ich schaue mir auch vieles an, viele Quellen. Ich will nicht einseitig denken, ich versuche immer, alle Seiten zu verstehen und unter einen Hut zu bekommen.

Wenn die AfD intelligenter werden würde, dann könnte ich mir vorstellen, irgendwann mal wieder zur Wahl zu gehen. Oder es müsste eine andere Partei geben, die nicht alles von oben diktiert. So wie es jetzt in dieser Pandemie geschehen ist. Ich will direkte Politik für das Volk, für die Menschen.“

„Was die Politik thematisierte, hatte nichts mit mir zu tun. Aber dieses Jahr ist das anders“

Ein 61-Jähriger aus dem Münsterland. Er möchte anonym bleiben.

„Ich arbeite als Nachhilfelehrer für Englisch und Mathematik und beziehe zusätzlich zu meinem Gehalt noch Geld vom Jobcenter. Eigentlich war ich selbstständiger Berater im Bereich Personal und Qualitätsmanagement, doch vor zwei Jahren wurde ich krank. Nach einer depressiven Episode musste ich meinen Beruf aufgeben, meine finanziellen Rücklagen waren aufgebraucht. Durch die neue Situation haben sich meine Interessen gewandelt. Bei der letzten Wahl bin ich bewusst nicht wählen gegangen, weil ich mich nicht vertreten gefühlt habe.

Für mich geht es bei Wahlen um die Programminhalte und die Personen. Natürlich habe ich mir die vor vier Jahren angesehen, ich bin selbst Mitglied der SPD. Normalerweise reicht es mir, wenn ich mit 50 Prozent der Inhalte der Parteiprogramme übereinstimme. Doch da war keine Übereinstimmung. Das, was die Politik thematisierte, hatte nichts mit mir zu tun.

In meiner Selbstständigkeit habe ich es immer als enorm belastend empfunden, mich ständig selbst verkaufen und beweisen zu müssen, insbesondere wenn man in einer schwierigen Lage ist. Auf die für mich zentrale Frage, wie die Situation und die Absicherung von ­Soloselbstständigen verbessert werden kann, habe ich von den Parteien keine Antwort erhalten.

Stattdessen richten sich die Parteien nur an Menschen mit einem geradlinigen Lebensweg. Ich bin in den sechziger Jahren geboren, in meiner Generation gibt es wenige lückenlose ­Biografien. Das wollten wir auch nie, wir wollten lieber Neues wagen. Die Rentenanwartschaften und die finanziellen Absicherungen sind dann leider nicht so, wie man sich das wünscht.

Meine Erfahrung ist: Was die Parteien versprechen, setzen sie sowieso nicht um. Immer habe ich mir vor einer Wahl die Frage gestellt: Geht es mir heute besser als vor vier Jahren? Was haben die Parteien von ihren Wahlversprechen eingelöst? Das war alles Schall und Rauch. Es gab auch noch mehr Gründe, nicht wählen zu gehen. Ich gehöre dem linksliberalen Spektrum an, die Dominanz von Männern in der Politik konnte und kann ich nicht ertragen.

Freunde und Familie sagen oft, sie wählten das geringste Übel. Aber diese Option kam für mich nie infrage. Die Politik sollte sehen, dass ich nicht wählen gehe. Für mich war das eine politische Äußerung, auch wenn Politik so natürlich nicht gestaltet wird.

In diesem Jahr ist es anders, ich gehe wieder wählen. Das Thema der Klimakatastrophe bewegt mich und ich will den Wechsel. Die Grünen bieten mir Alternativen und eine Frau als Kandidatin. Dafür lohnt es sich dann hoffentlich doch wieder, die Stimme abzugeben.“

„Keine Partei hat die Radikalität, die ich mir wünsche“

Eine antifaschistische Aktivistin aus Berlin, 25. Sie will ihren Namen nicht verraten.

„Ich bin grundsätzlich gegen den Kapitalismus. Für mich ist es nicht möglich, innerhalb dieses Systems soziale Gerechtigkeit und Umweltgerechtigkeit zu erreichen. Das sind die Themen, die mich interessieren, die mir wichtig sind. Und die sind innerhalb des Rahmens der Bundestagswahl nicht zu verändern. Deshalb gehe ich nicht zur Wahl. Ich fühle mich von den Parteien, die zur Wahl stehen, nicht vertreten. Es gibt auch keine Partei, bei der ich eine Tendenz sehe, dass sie das in der Radikalität angehen würde, die ich mir wünsche. Ich bin nicht unpolitisch, auf keinen Fall. Aber ich bin eben sehr weit weg von irgendwelcher Parteipolitik.

Was mich dazu bringen könnte, zur Wahl zu gehen? Tatsächlich gar nichts, weil ich die Hoffnung in diese Wahl schon verloren habe. In meiner Realität wird sie nichts ändern und deshalb ist sie mir ein bisschen egal. Ich hab keine Appelle oder Wünsche, weil ich diese Politik einfach generell nicht gut finde.

In meinem Freun­d:in­nen­kreis spreche ich sehr viel über Politik, weil ich fast nur von linksaktivistischen Menschen umgeben bin. Auch mit meiner Mutter spreche ich viel darüber. Wir haben vieles gemein, auch unsere politische Meinung.

Ich glaube, dass Menschen mit weniger Geld in Deutschland vom politischen Diskurs ausgeschlossen sind. Innerhalb des Systems des Kapitalismus, in dem wir leben, haben die Leute mit mehr Geld automatisch mehr Macht. Sie haben mehr zu sagen und können irgendwie alles bestimmen.“

„Am ehesten würde ich die Grünen wählen – aber nur, wenn sie nicht mit der CDU regieren“

Michael, 67, aus Berlin hat als Goldschmied gearbeitet, jetzt ist er in Rente. Seinen Nachnamen behält er lieber für sich.

„Wenn ich wählen würde, dann am ehesten die Grünen. Aber nur, wenn die ausschließen, dass sie mit der CDU regieren. Ansonsten bin ich eigentlich ein SPD-Mensch. Bei mir zu Hause wurde viel über Politik gesprochen. Damals noch über Franz Josef Strauß, das ist ja zum Glück vorbei. Eigentlich finde ich Wahlen wichtig, Demokratie ist die beste Staatsform. Aber dieses Jahr fehlt mir eine Partei, die zu mir passt.

Ich habe eine christliche Einstellung. Aber die CDU wählen? Auf keinen Fall. Ich stimme mit Angela Merkel zum Teil überein. Aber die hört ja auf. Ansonsten ist diese Partei nicht wählbar für mich, weil sie keine christlichen Werte vertritt.

In der Schule hatte ich den sozialwissenschaftlichen Zweig gewählt, weil mich das immer sehr interessiert hat. Danach habe ich an der Akademie der Künste hier in Berlin studiert. Ich habe kein Abitur, aber ich habe die Begabtenprüfung bestanden, deshalb konnte ich dort anfangen. Eigentlich wollte ich immer künstlerisch arbeiten. Aber wie das so ist – irgendwann braucht man Geld. Und dann habe ich das Studium abgebrochen und den Job als Goldschmied angefangen.

Nachdem ich angefangen habe zu arbeiten, war ich politisch nicht mehr so interessiert. Aber ich hatte viele politische Freunde. Ein Freund von mir war sogar Referent bei Willy Brandt. Da habe ich natürlich SPD gewählt. Viele Menschen in meinem Umfeld waren radikal links, ein paar auch mit Nähe zur RAF. Ich habe an diesen Freunden gesehen, dass es nichts bringt, wenn man sich für eine bestimmte Politik einsetzt. So viel Engagement und am Ende verändert sich ja doch nichts.“

Mitarbeit: Alina Leimbach

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16 Kommentare

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  • „Der Wähler legitimiert mit seiner Wahl die Entscheidungen, die anschließend gegen ihn unternommen werden.“ (Herbert Wehner, SPD-Politiker, 1906 - 1990)

  • Wählen bringt doch was!



    Wer geht denn wählen? Die Alten (60+ 36%) und die denen die Politik passt.







    Für wen wird Politik gemacht?



    Genau, für die Alten und die Parteispender (direkte, indirekte aus Wirtschaft und Geldadel).

    Ist ja auch nichts bei. Die Parteien wollen schließlich regieren! Um die verdrossenen und abgehängten braucht man sich in Berlin eh keine Sorgen machen. Die gehen nicht wählen!

    Und vieles könnte anders sein. Gesetze sind nicht in Stein gemeißelt. Es Bedarf nur Mehrheiten. Direkte Demokratie wie in der Schweiz, möglich. Progressive Politik wie in Taiwan und Niederlande, möglich.

    Die Machtfrage entscheidet sich jeden Tag aufs neue.

  • Der Tenor dieses Artikels ist: Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten. Nun, ich weiss aus der Historie, dass das sicher nicht richtig ist, aber hier mittlerweile hat man in D. echt diesen Eindruck. Auch ich fühle mich seit Jahrzehnten mit meinen Anliegen und Wertansprüchen hier von keiner Partei vertreten. Also wählte ich seit etlichen Wahlen stets das kleinste Übel. Doch es wurde immer schlimmer. Selbst die Linke, die ja immer noch ein bisschen Sinn dafür zu haben schien, das langfristig irgendetwas passieren muss, damit nicht alles zusammenbricht, verliert sich in Genderkleinklein, PC-Diskussionen und leugnet mit ihren Aussenpolitikvorstellungen die Realität. Gleichzeitig möchte sie die einzigen vernünftigen Köpfe, die genau das ansprechen wie Frau Wagenknecht, aus der Partei ausschliessen. Damit disqualifizieren sie sich auch. Die Grünen möchten gerne was fürs Klima tun, vergessen jedoch aus ihrem gutbürgerlichen Einfamilienhaus heraus die sozialen Komponenten des ganzen, die SPD ist tatsächlich nur eine rot angemalte CDU mit einem Kanzlerkandidaten, der in Bezug auf Gemauschel merkwürdige Erinnerungslücken hat. Die CDU steckt den Kopf in den Sand und möchte ihrer Wählerschaft ihr schmarotztes Einkommen im Wolkenkuckucksheim vor den sozialen Realitäten durch Realitätsverleugnung beschützen, die FDP hat mit ihrem neoliberalen Mantra tatsächlich den Schuss nicht gehört, und über die AFD muss man nicht reden. Und die kleinen haben keine Chance, irgendetwas umzusetzen. Also bleibt...nichts. Traurig aber wahr....

  • Moin Frau Flieder,



    ja, ich bin kommunalpolitisch aktiv und vergeude da einen Teil meiner Freizeit ;-)

    Ich für meinen Teil habe insgesamt positive Erfahrungen gemacht, allerdings investiere ich auch nicht soviel Zeit wie manch anderer und es gibt durchaus Leute die seit Jahren mit ihrem Herzensprojekt gegen Wände rennen ohne etwas ändern zu können - nur um dann im Internet zu lesen dass sie "offensichtlich korrupt, dumm oder beides" seien weil sie ja nichts an den Mißständen ändern. Meistens von Leuten deren gesellschaftliches Engagement einzig und alleine darin besteht die Kommentarspalten mit derartigen Postings zu füllen.

  • Ich dachte der Spruch "Wählen ändert nichts" sei tot seit die Menschen nach dem Brexit und Trump festgestellt haben wieviel sich tatsächlich ändern kann wenn man an der Wahlurne so richtig ins Klo greift.



    Ansonsten stelle ich fest dass immer noch eine extreme Konsumentenhaltung herrscht: Man glaubt es gäbe eine politische Kaste die mit Versprechen um unsere Stimme wirbt und denen wir Unzufriedenheit zeigen können indem wir nicht oder dumm (aka Protest) wählen. Die Idee selbst Politik mitzugestalten kommt da gar nicht erst auf.



    Und wer tieftraurig erklärt dass er jetzt seit Ewigkeiten den hohen Aufwand der 4jährigen Stimmabgabe betreibt und jetzt frustriert das Handtuch wirft weil sich nichts in seinem Sinne ändert sollte das unbedingt mal einem Politiker erklären der bei gleichem Resultat einen Großteil seiner Freizeit in die Politik steckt.

    • RS
      Ria Sauter
      @Questor:

      Oh doch, wählen ändert sehr viel.



      Das Rentenniveau sinkt, es gibt Hartz IV, es gibt viele Privatisierungen.



      Man macht sein Kreuz und bekommt es auch.



      Waren Sie schon mal politisch aktiv?



      ich schon, habe mit Oswald Metzger und Reza Schlauch Plakate geklebt, Veranstaltungen organisiert.



      Googeln Sie sich mal, was aus denen geworden ist und stellen Sie sich die Frage, ob sich dafür die eigene Freizeitvergeudung lohnt.

  • 7G
    7363 (Profil gelöscht)

    der erste Typ ist ja wohl eher der beweis, dass wir was am erbschaftsrecht ändern sollten ...



    das ist für mich nicht der repräsentant des langzeit arbeitlosigkeits bzw rationalisierungs präkariat :D



    wer nach 25 selbstständigkeit und (angeblich) 50000 im monat (!) "staatsgeheimnis" nach irgendeiner pleite nicht mehr im stand ist wieder was zu verdienen ist ja wohl nicht die sozialeklassenfrage in diesen land ... von der hand in mund gelebt das geschäft der eltern zerschossen könnte man meinen, auch wenn ichs nicht genau weiss. jeder hat unterstützung verdient, aber ihn da jetzt und wie er sich selbst als Exkludierten darstellt, ist so schwer auszuhalten, dass ich beim lesen nur laut lachen muss. Ich hoffe das war ein joke ...

  • Die CDU ist zu so etwas wie der westdeutsche Einheitspartei geworden (allerdings dank ihrer reichen Sponsoren, der Bildzeitung und der Wähler - die SED kam noch ganz ohne letztere aus).



    Und die heutigen Grünen schämen sich nicht, vermutlich mangels Alternativen, mit so inhaltsleeren bis reaktionären politischen Gegnern wie Laschet und Merz zusammen zu arbeiten. Wen sollste da wählen? Die Klimaliste?

  • 2017 haben 23,8% der wahlberechtigten Bürger sich nicht an der Bundestagswahl beteiligt. Zum großen Teil waren das die armen Leute in Deutschland. Die Reichen werden immer reicher und die Armen sind schon so frustriert, dass die gar nicht mehr wählen gehen. Demokratie bedeutet aber nicht, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern sich durch 'Wahlen' an einem demokratischen Staat zu beteiligen; auch wenn vielleicht die "Traumpartei" - die man sich wünscht - nicht zur Wahl steht. Man muss auch gar nicht viel von Politik verstehen (die meisten Politiker verstehen sicherlich auch nicht viel von Politik, sonst würde es in diesem Land gerechter zugehen). Man muss nur einmal den Verstand einschalten und überlegen in was für einer Gesellschaft man leben und seine Kinder großziehen möchte, und welche Partei dafür am besten geeignet ist, das auch zu ermöglichen.

    Union und FDP sind Lobbyparteien der Wirtschaft, die sich nicht für die kleinen Leute und auch nicht für Klimaschutz interessieren. Die SPD hat sich mit der Agenda 2010 und Hartz IV als soziale Partei disqualifiziert und möchte anscheinend auch in Zukunft nicht von den Hartz-Reformen abrücken. Über die AfD muss man eigentlich nichts sagen, denn die eine Hälfte der AfD sind ehemalige FDP-Leute, die eine noch schlimmere neoliberale Politik möchten als die FDP und die andere Hälfte der AfD besteht ausLeuten wie Björn Höcke. Wenn man also zu den Armen gehört, oder zu den Leuten die eine Zukunft für ihre Kinder und Kindeskinder möchten, dann bleiben ja eigentlich nur die beiden Parteien übrig, die ich hier nicht genannt habe. Nicht wählen zu gehen bedeutet doch nur, den neoliberalen Parteien aufs Pferd zu helfen, damit die Reichen weiterhin ihr klimaschädliches Monopolyspiel spielen können und die Armen dafür auch noch jeden Tag für ein paar Euro schuften gehen müssen.

    ***Wo die Nichtwähler wohnen*** www.boeckler.de/de...r-wohnen-10901.htm

  • Dankeschön, guter Artikel. Macht einem auch wirklich noch einmal klar, das wir nur eine "Fassadendemokratie" haben. Du kannst zwar wählen gehen, doch regieren tut die "Geldmacht". Und zwar leider zunehmend. Egal welche Koalition kommt. Auch die Grünen und die Linken habe dies in der Analyse der bestehenden Verhältnisse bis jetzt leider nicht (auseichend) verstanden/durchdrungen.

    • RS
      Ria Sauter
      @Goldi:

      Kann Ihnen nur zustimmen.



      Ich war jahrelang politisch interessiert und ausserparlamentarisch aktiv.



      Nach rot/grün und den damit verbundenen vernichtenden Entscheidungen habe ich mich von allem zurückgezogen. Wählen gehe ich seitdem nicht mehr.

      • @Ria Sauter:

        Frau Flieder, das überrascht mich bei Ihnen sehr. Sie sind doch hier im Forum so engagiert.



        Warum denn nicht immerhin eine starke Opposition wählen? Das ist zumindest mein Grund, links zu wählen. Zugegeben, damit löst man letztendlich auch keinen Richtungswechsel aus, aber immerhin werden den Regierenden kritische Fragen gestellt.

        • RS
          Ria Sauter
          @Katrina:

          Die wirklich guten Leute sind bei den Linken weggemobbt. Ich denke an Sarah Wagenknecht.



          Die neue Führung überzeugt mich nicht.



          Ich bin wieder ausserparlamentarisch unterwegs.Darin sehe ich mehr Sinn, als das kleinere Übel zu wählen.



          Ich erinner mich sehr gut an die Aufbruchstimmung nach der Wahl von rot/grün.



          Was daraus geworden ist, hat mir einen mächtigen Schock versetzt von dem ich mich immer noch nicht erholt habe.

  • "Die Zahl der Nicht­wäh­le­r:in­nen steigt"

    Stimmt das überhaupt? 2013 lag sie bei der BTW bei 28,5 Pozent, 2017 dann bei 23,8 Prozent. Hat jemand neuere Zahlen?

  • Ich kann verstehen, dass Menschen desillusioniert sind, keine großen Hoffnungen in Wählen setzen usw.

    Was ich nicht verstehe ist, warum sie nicht wenigstens das aus ihrer Sicht geringste Übel wählen.

    Es macht eben doch einen Unterschied, ob sich die Politik überhaupt nicht um einen kümmert oder wenigstens ein bisschen. Ob die Politik einem nicht viel weiterhilft oder so richtig schadet. Usw.