Vermeintliche Bank in Dresden: Reichsbürger räubern weiter

Die „GemeinwohlKasse“ ködert in Dresden unbehelligt Kunden – trotz Aufforderung der Finanzaufsicht, die Aktivitäten einzustellen.

Peter Fitzek, König von Neudeutschland , aufgenommen vor dem ehemaligen Krankenhaus in Wittenberg

Peter Fitzek, der selbst ernannte „König von Deutschland“, hat auch eine „Bank“ gegründet Foto: Robert Michael/imago

DRESDEN taz | Erst auf den zweiten Blick erkennt man die Veränderungen beim beliebten Bäcker Franke im noblen und elbnahen Dresdner Stadtteil Laubegast. Im rechten Schaufenster liegen esoterische Bücher, unverdächtig wirbt eine Inschrift „GK – GemeinwohlKasse“. Das kleine Büro dahinter ist vom Laden durch eine Zwischenwand abgetrennt.

Der Zettel „Zutrittsverbot für Medienvertreter“ vom Mai ist verschwunden. Aber links unten an der Schaufensterscheibe belehrt ein kleiner Zettel: „Kein öffentliches Ladengeschäft! Zutritt nur für Angehörige des Königreiches Deutschland.“ Die Zugehörigkeit zu diesem fiktiven Reich kann man an Ort und Stelle erwerben.

In dem Büro hält ein „Filialleiter“ die Stellung, der seinem Chef äußerlich verblüffend ähnlich sieht: mittlere Jahre, weißes loses Hemd, lange zusammengebundene Haare. So kennt man auch Peter Fitzek, den selbst ernannten „König von Deutschland“, der clever erkannt hat, wie man mit Reichsbürger-Methoden reich werden und Leichtgläubige übers Ohr hauen kann. Mit dem Slogan „Rente ohne Generationenvertrag“ beispielsweise wird für eine „Deutsche Rente“ geworben.

Bereits am 21. April hatte das Landesamt für Verfassungsschutz in seinem Bericht ausführlich vor einer Ausdehnung solcher dubiosen Geldgeschäfte auf Sachsen gewarnt. „Aktivitäten dieser sogenannten Bank werden der extremistischen Reichsbürgerszene zugerechnet“, heißt es darin eindeutig.

Die „Untertanen“ machen ohne „König“ weiter

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bafin, habe „Fitzek derartige Bankgeschäfte bereits mehrfach untersagt, sagt Bafin-Sprecher Oliver Struck auf Anfrage. Der Hauptsitz der „GemeinwohlKasse“ befindet sich in Ulm. Trotz Ermittlungen wird diese Filiale ebenso unbehelligt weiterbetrieben wie seit zwei Monaten jene in Dresden.

Der gelernte Koch Peter Fitzek hatte 2012 auf dem Gelände eines ehemaligen Krankenhauses in Wittenberg sein „Königreich“ ausgerufen. Als „König“ fuhr er seither mit einer selbst gebastelten Fahrerlaubnis und wurde dafür auch verurteilt.

Die Verfahren gegen ihn wegen Untreue gestalteten sich schwieriger, weil potenziellen Zeugen eine Aussage peinlich war. Sogar Ärzte und Akademiker hatten bei seiner „Bank“ und einer fiktiven Krankenkasse eingezahlt. Das Landgericht Dessau-Roßlau sah es 2017 als erwiesen an, dass Fitzek Anleger um etwa 1,6 Millionen Euro geprellt hat. Das Landgericht hat ihn im Dezember 2019 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.

Fitzeks Anwälte konnten die Rechtskraft der Urteile gegen ihn immer wieder hinauszögern. Laut einem Bericht des Südwestdeutschen Rundfunks soll er im Herbst 2020 noch in Ulm bei der Eröffnung der GK-Filiale gesehen worden sein. Auch mit Querdenkern, etwa Michael Ballweg, hat er sich laut Medienberichten getroffen. Aus zuverlässiger Quelle ist zu erfahren, dass Peter Fitzek mittlerweile tatsächlich im Gefängnis sitzt. Aber seine Untertanen machen weiter.

Behörden bleiben erstaunlich gelassen

Sonderlich eilig scheint man es indessen mit einer Verfolgung der fortgesetzten Straftaten seines Hofstaates nicht zu haben. Den Verfassungsschutz in Sachsen ärgert das. Man habe die Bafin eindringlich auf die Dresdner Filiale hingewiesen, heißt es.

„Wir haben die Abwicklung der Geschäfte angeordnet und einen Abwickler bestellt“, antwortet Bafin-Sprecher Oliver Struck. Zugleich weist er darauf hin, dass die Finanzaufsicht nicht selber Strafverfahren einleiten oder Anklage erheben kann.

Die Staatsanwaltschaft Dresden, der der Ball damit zugespielt wird, reagiert auf die Anfrage gar nicht erst. Nach Recherchen des SWR hat sich die Staatsanwaltschaft Ulm an ihre Kollegen in Halle gewandt. Die ist nicht nur für Wittenberg, sondern vor allem für Wirtschaftsstrafsachen zuständig. Bis zu fünf Jahre Gefängnis stehen auf solche betrügerischen Geschäfte.

In Halle kann Oberstaatsanwalt Ulf Lenzner auf taz-Anfrage allerdings kein Ersuchen aus Ulm finden. Er wolle aber auch nicht ganz ausschließen, dass es einen Kontakt gab. Vor allem weist er darauf hin, dass man in solche Untreueverfahren, wie in den Reichsbürgerfall Fitzek, „enorm viel Zeit und Kraft investieren muss“. Gut möglich also, dass Koch Fitzek das versalzene Süppchen seines Fantasiekönigreichs in anderen Städten weiter­kochen kann.

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